Die Schülerin Sonnele Öztürk hat sich mit 16 Jahren als jüngste deutsche Schwimmerin für die Europameisterschaften in Berlin qualifiziert. Sie ist eine der größten Hoffnungen des deutschen Schwimmsports. Ihr Vater Teoman hat schon Gold gewonnen – als Basketballer.
Essen.
Sonnele Öztürk ist eine junge Frau der Superlative. Mit 16 Jahren ist sie die jüngste, mit 1,90 Metern auch die längste deutsche Schwimmerin bei den Europameisterschaften, die vom 13. bis 24. August in Berlin ausgetragen werden. Und außerdem ist die Schülerin eine der größten Hoffnungen des deutschen Schwimmsports für die kommenden Jahre.
„Sonnele liegt sehr schön im Wasser. Das sieht alles sehr rutschig aus“, sagt Henning Lambertz, „ihre Körpergröße ist ein Plus. Wenn sie die nötige Kraft auf ihre 1,20 Meter langen Arme bekommt, dann hat sie einen großen Vorteil.“ Der Bundestrainer weiß, mit welch großer Begabung Sonnele Öztürk gesegnet ist. Und deshalb hat Lambertz der Berlinerin auch dazu geraten, der Heim-EM in Berlin gegenüber der Jugend-EM den Vorzug zu geben.
Olympia vor Augen
Der Start in den Niederlanden wäre vor einer Woche die sichere Karte gewesen. Schon vor einem Jahr gewann sie bei der Jugend-EM den Titel über 200 Meter Rücken. Aber Sonnele hat sich nicht vom Reiz einer weiteren Goldmedaille in der Nachwuchsklasse verführen lassen. Sie will mehr – und deshalb setzt sie auf die „richtige“ EM, obwohl sie in Berlin nur lernen und noch nichts gewinnen kann.
Am Wochenende hat Sonnele in Essen die Qualifikation für die EM endgültig klar gemacht. Doch sie blickt eh nach vorn. Ganz weit. Bis nach Rio de Janeiro, denn dort will sie 2016 bei Olympia mit dann 18 Jahren den nächsten Schritt auf der Karriereleiter tun. Sie ist schlank, sie misst 1,90 Meter, ihre Beine und Arme sind entsprechend lang: Sonnele Öztürk hätte es auch im Hochsprung oder im Volleyball weit bringen können. Wollte sie aber nicht. Auch nicht im Basketball. Obwohl oder gerade weil ihr 2,08 Meter große Vater Teoman Öztürk ein exzellenter Basketballer gewesen ist. 1993 gewann er mit Deutschland Gold bei der EM.
Unterstützung der Eltern
„Mein Vater hat mich zu nichts gedrängt“, erzählt Sonnele, „ich habe einfach mehr Spaß am Schwimmen. Meine Eltern haben mich dabei immer unterstützt.“ Auch wenn Teoman Öztürk mehr von Rebounds und Dunkings versteht als von Rollwenden, ist er für seine Tochter ein wichtiger Ratgeber. „Als Sportler hat er eine ähnliche Denkweise“, sagt Sonnele, „wenn es mal nicht so läuft oder ein Problem mit einem Trainer habe, kann er sich genau in mich hineinversetzen. Solche Momente hat er als Basketballer ebenfalls erlebt.“
Was Teoman Öztürk seiner Tochter auch mitgegeben hat, ist der Leistungswille und die Fähigkeit, sich auf den Wettkampf punktgenau fokussieren zu können. Sonnele Öztürk hat dem Sport (fast) alles untergeordnet. Schwimmer müssen sich schinden. Das Pensum des großen deutschen Talents ist gewaltig. „Ich stehe kurz vor sechs auf, gehe in die Mensa, schwimme von sieben bis neun Uhr. Anschließend geht es zur Schule und von 16.30 bis 19 Uhr wieder zum Training“, sagt Sonnele. Tag für Tag. Monat für Monat.
Ein unbeschreibliches Gefühl
Vermisst sie nichts? Oder weiß sie gar nicht, was sie vermissen könnte? Sonnele lacht. „Doch, doch“, antwortet sie, „manchmal hätte ich gern mehr Zeit für meine Freunde.“ Nach kurzem Überlegen fügt sie hinzu: „Wenn man sich das ganze Jahr den Arsch aufgerissen hat, alles für seinen Sport getan hat und beim Anschlag im Becken merkt, man hat sein Ziel erreicht, das ist ein unbeschreibliches Gefühl.“ Bei der EM in Berlin will Sonnele Öztürk dieses unbeschreibliche Etwas wieder spüren – und genießen.