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Schwimmerin Anna Bader – eine bemerkenswerte Frau

Schwimmerin Anna Bader – eine bemerkenswerte Frau

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Schwimm-WM - Wasserspringen Foto: dpa
Anna Bader ist am Dienstag die große Favoritin bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Barcelona, wenn wagemutigen Frauen auf eine 20 Meter hohe Rampe klettern und sich anschließend in die Tiefe stürzen. Die siebenmalige Europameisterin aus Mainz lebt derzeit ihren Traum.

Barcelona. 

Anna Bader hat dieses Wort schon unzählige Male gehört, wenn sie über ihr Leben im Freien Fall erzählt. „Sie müssen schon ein bisschen verrückt sein“, fragen dann die staunenden Zuhörer. Verrückt? „Ja“, antwortet sie dann, „ein bisschen verrückt muss man schon sein.“

Und endlich kann sie die Welt davon überzeugen, dass sie nicht nur verrückt, sondern auch eine einzigartige Mischung aus Sportlerin, Akrobatin und Künstlerin ist. Anna Bader, die 29-jährige Deutsche, ist am Dienstag die Attraktion, die große Favoritin bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Barcelona, wenn es im Hafen erstmals um Medaillen im Klippenspringen geht.

Da es in Barcelona weit und breit keine Klippe gibt, klettern die wagemutigen Frauen auf eine 20 Meter hohe Rampe und stürzen sich in die Tiefe. 30000 Zuschauer werden erwartet. Ein Spektakel ist garantiert.

Geschwindigkeit von 80 bis 90 Stundenkilometern

Zwei Sekunden freier Fall mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 90 Stundenkilometern, die beim Eintauchen in die Wasseroberfläche auf Null abgebremst wird. Der Aufprall ist neunmal höher als vom Zehn-Meter-Turm. Zur Sicherheit halten sich Taucher bereit. Es kommt schon mal vor, dass sich die Springer beim Eintauchen verletzen oder das Bewusstsein verlieren.

Mit den Armen voran einzutauchen, das ist zu gefährlich, diese Belastung ist für den Hals zu riskant. Deshalb hängen die Klippenspringer an ihre Salti immer noch eine Halbschraube, den sogenannten Barami, um mit den Füßen voran das Wasser zu durchbrechen.

Kann man wirklich die Angst so einfach abschütteln, wenn man von weit oben in die Tiefe blickt und weiß, dass man knallhart auf das Wasser trifft? Anna schmunzelt, als sie diese Frage hört. „Bammel habe ich immer“, sagt sie. Die Angst ist eine Selbstversicherung. Anna ist eine Abenteurerin in jeder Beziehung, aber keine Selbstmörderin. Sie weiß, was sie sich zutrauen kann. Und bevor sie sich von einer Klippe stürzt, versichert sie sich bei einem Tauchgang, dass das Wasser auch tief genug ist.

Multi-Talent Anna Bader

Die Angst ist ihr Schutz, aber sie spricht viel lieber über Mut. Nicht nur über den Mut, aus schwindelerregender Höhe ins Wasser zu tauchen, sondern auch über den Mut im Leben. Ohne Mut gebe es keine Helden, sagt sie. Im wirklichen Leben müsse man Courage beweisen, für seine Ideale auch gegen Widerstände kämpfen.

Anna Bader ist eine bemerkenswerte Frau. Sie ist nur 1,60 Meter groß. Sie wirkt zierlich, aber wenn sie dann ihren Körper zu Hilfe nimmt, um den Betrachtern in etwa ihre atemberaubenden Bewegungen in der Luft zu erklären, dann sieht man, wie definiert ihre Muskeln sind.

Die Mainzerin ist ein Multi-Talent. Von ihrer Mutter Angelika Kern, Achte bei den Olympischen Spielen 1972, hat sie das turnerische Talent geerbt. Im Turmspringen brachte sie es bis in die B-Nationalmannschaft. Aber der traditionelle Sport ist ihr mit zu vielen Grenzen, mit zu vielen Regeln behaftet. Zwar wird auch beim Klippenspringen nach Noten gewertet, doch ihr geht es eh vornehmlich um den Spaß, um den Kick. Es ist wie eine Sucht: Je höher die Klippe, desto größer ist der Adrenalin-Ausstoß.

Bader lebt ihren Traum

Anna Bader ist attraktiv und weiß sich zu vermarkten. Im August-Heft zeigte sie im Playboy, wie sie unter ihrem Badeanzug aussieht. Sicherlich wird sie auch für ihre Verhältnisse viel Geld für das Fotoshooting erhalten haben, aber das Materielle steht bei ihr nicht im Vordergrund. Die siebenmalige Europameisterin lebt ihren Traum.

Die Turnhalle, der Sprungturm wurden ihr zu klein. Ein wenig wie Nemo, der lieber im Ozean als im Aquarium schwimmt. Sie ist hinaus in die Welt gezogen, in Macau war sie drei Jahre lang eine Attraktion in einem Wasser-Zirkus. Für die WM hat sie gekündigt. Welches Abenteuer jetzt ansteht? „Keine Ahnung“, sagt sie, „ich denke nur bis Dienstag.“ Für heute plant sie nämlich den goldenen Absturz.