Kreisgebiet.
Ihre Sportarten sind nicht olympisch und erreichen in der Regel auch nicht das große Publikum. Trotzdem sind die Olympischen Spiele 2012 in London auch für die Vertreter der heimischen „Exoten“ ein großes Thema.
Die Schach-Olympiade ist der bedeutendste Mannschaftswettbewerb dieses Brettspiels. Aber der Name führt in die Irre: Auch in London fehlt Schach als olympische Sportart. Dabei wurde die Schach-Olympiade 1927 zum ersten Mal in der britischen Hauptstadt ausgetragen. An der alle zwei Jahre durchgeführten Schach-Olympiade haben auch Aktive der Svgg Plettenberg teilgenommen, für ihr Land.
Schach nicht publikumswirksam
Jan-Dirk Marl hat keine große Hoffnung, dass seine Sportart jemals unter den olympischen Ringen ausgetragen wird. „Schach ist einfach keine publikumswirksame Veranstaltung“, macht sich der Ehrenvorsitzende der Schachvereinigung Plettenberg nichts vor.
Ohnehin kämpfen Marl und Co. darum, überhaupt als aktive Sportler wahrgenommen zu werden. „Wir betrachten uns als Sportler. Schach ist zwar keine körperliche Tätigkeit, aber Training und Schulung des Gehirns“, sagt der 78-jährige Plettenberger aus Überzeugung.
Beim Anruf der WR-Sportredaktion saß Jan-Dirk Marl vor dem Fernsehgerät und „guckte Reiten“. Zu den Lieblingssportarten des langjährigen Svgg-Vorsitzender, der „noch ein bisschen Schach spielt, aber nur als Ersatzmann“, gehört die Leichtathletik.
Thomas Nockemann zählt in seiner Spezialdisziplin Cadre 71/2 zu den erfolgreichsten Billardspielern Deutschlands. Weit über 40 nationale Meistertitel hat der Lüdenscheider, der mit der Mannschaft des DBC Bochum in der Bundesliga spielt, schon gesammelt.
Billard gehört zwar auch in London nicht zum olympischen Programm, ist aber zumindest „vorolympisch“ (Thomas Nockemann). Bei den letzten World Games (siehe Infobox) im Jahr 2009 zählte der Wettkampf mit dem Queue und den Kugeln dazu.
Der Lüdenscheider weiß, dass er in seiner „Randsportart“ noch eine Nische besetzt. Denn während Poolbillard oder Snooker etwa in Großbritannien sehr populär sind, hat es die Spielart Carambolage (dazu gehört Cadre 71/2) hierzulande schwer. „Wir kämpfen seit Jahren“, bemühen sich Thomas Nockemann und Co. um mehr öffentliches Interesse. Daran hat auch ein Billard-TV-Sender im Internet nichts geändert. An eine olympische Chance für seine Sportart glaubt der mehrfache Deutsche Meister nicht.
Weil er sich intensiv auf die neue Saison vorbereitet, hat Nockemann wenig Zeit für die Olympischen Spiele in London. „Ich würde Fußball gucken“, lacht der Anhänger von Borussia Dortmund.
Der Name Norbert Krause steht für Inlineskater-Hockey: erst bei den Highlandern Lüdenscheid, jetzt ebenso erfolgreich bei den Sauerland Steel Bulls. An eine olympische Chance für seine Sportart glaubt der Meinerzhagener nicht. Krause hat aber gehört, dass sich die „artverwandte“ Sportart Inline-Hockey (mit Puck und weitgehend körperlos) über die World Games um Zugang zu den Olympischen Spielen bemüht.
Medienmacht und Sponsoren
Das haben auch schon andere Randsportarten geschafft, wie Snowboard (seit 1998 olympisch). Allerdings weiß Norbert Krause, dass bei der Einführung neuer olympischer Disziplinen Medienmacht und internationale Sponsoren eine große Rolle spielen. Inline-Skaterhockey sei zu unbekannt. „Wir haben zu wenig Öffentlichkeit“, macht sich Krause nichts vor.
Dabei ist Inline-Skaterhockey (vereinfacht: Hockey auf Inlinern mit einem Ball aus Hartkunststoff) für Anfänger gar nicht so teuer. Eine erste Ausstattung mit Schutzausrüstung, Inlinern und Schläger kostet laut Norbert Krause „200 bis 250 Euro“. Für „gute Spieler der 1. Bundesliga“ (Krause) wird es schon aufwändiger: Hier kostet die Grundausrüstung etwa 1500 Euro.
Von den Olympischen Spielen hat Norbert Krause bislang „ein bisschen Feldhockey“ und Rudern mitbekommen. Mehr erlaubt ihm seine Zeit noch nicht.
Seit Anfang des Jahres ist Kirsten Schwade Mitglied beim ASC Weinheim. Dieser große Verein in der Nähe von Heidelberg hat unter anderem Abteilungen für Gewichtheben und Kraftdreikampf (Powerlifting). Der größere Bruder Gewichtheben ist olympisch. Powerlifting, was die Lüdenscheiderin Kirsten Schwade mit großem Erfolg betreibt, nicht. Dabei gibt es auch beim ASC Weinheim Athleten, die in beiden Sportarten zu Hause sind.
Wie beim Gewichtheben ist es beim Kraftdreikampf (mit den drei Disziplinen Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben) das Ziel, größtmögliche Lasten zu stemmen. Das ist „Bankdrückerin“ Kirsten Schwade zuletzt bei der Europameisterschaft in Schwetzingen wieder gelungen. In ihrer Altersklasse holte sich die Lüdenscheiderin den EM-Titel mit neuem Weltrekord vom 95,5 Kilogramm.
Großer Bruder Gewichtheben
Das Gewichtheben ist für die 57-Jährige allerdings kein Thema. Das würden ihre Titanstangen in der Wirbelsäule nicht mitmachen. Beim Drücken der Gewichte im Liegen hat Kirsten Schwade keine Probleme. „Da ist der Körper so unter Spannung.“
Bei den Paralympics ist Bankdrücken als Sportart vertreten. Eine Frau hat Kirsten Schwade in den Teilnehmerlisten aber vergeblich gesucht. Die Lüdenscheiderin freut sich bei den Olympischen Spielen schon auf die Leichtathletik-Wettkämpfe. Bis dahin will sie so viel wie möglich live vom Gewichtheben in London sehen.