Jan Fitschen hat seine Karriere beendet. Das gab der 10.000m-Europameister vom TV Wattenscheid am Mittwoch bekannt. Sein Körper spielte oft nicht mit.
Wattenscheid.
Ein ganz Großer der Leichtathletik, ein Sympathieträger der so oft im Dopingsumpf versinkenden Branche, ein Typ des TV Wattenscheid 01 macht Schluss. Jan Fitschen hat gestern das Ende seiner Karriere erklärt. „Ich bin erleichtert“, sagt er auf seiner Abschieds-Pressekonferenz bei seinem Verein TV Wattenscheid 01 im Schatten des Lohrheidestadions, in dem er 2002 einen seiner insgesamt 28 Deutschen Meisterschaften feierte. „Es war allerhöchste Zeit.“
LaufenJan Fitschen lacht. Und erzählt. Von früher. Von heute. Von morgen. Ohne Punkt und Komma; mit so viel Leidenschaft, wie er seinen Sport drei Jahrzehnte ausgereizt hat bis es nicht mehr ging. 38 ist Fitschen jetzt, und das Ende ist typisch für ihn, für seine Karriere. Er hat es hinausgeschoben, obwohl er seit fast drei Jahren verletzt ist an der Ferse. Zwei Operationen – vor zwei Jahren und vor vier Monaten – brachten nicht die Wende. „Ich habe alles probiert“, sagt Fitschen. Er ging von Arzt zu Arzt, zu Pysiotherapeuten, trainierte alternativ auf dem Rad, im Schwimmbad, er hoffte – und wurde enttäuscht. Weil der Fuß schmerzte nach ein paar Kilometern Laufen, bis heute. Der Prozess, sich das Ende einzugestehen und auf neue Aufgaben einzustellen, er fiel ihm schwer.
„Als Kind habe ich ein Poesiealbum geschrieben“
Fitschen atmet auf. Und bereut nichts. „Was ich läuferisch erreicht habe, ist das Non-Plus-Ultra. Als Kind habe ich mal in ein Poesiealbum geschrieben, dass ich vielleicht Deutscher Meister werden will.“ Es war mehr Traum als Ziel – es wurden 28 DM-Titel; drinnen und draußen; mit den Staffeln des TV 01(„im Team war es am schönsten“); über 3000, 5000, 10000 Meter. Im Halbmarathon. 2013. Der Schlusspunkt.
Der Höhepunkt lag da sieben Jahre zurück. 2006 in Göteborg. Fitschen stürmte auf der Zielgeraden zum Gold bei der Europameisterschaft 2006. Eine kleine Sensation. Er ist der einzige internationale Champion des TV Wattenscheid in diesem Jahrtausend.
Der TV 01, das war seine gesamte Karriere lang seine sportliche Heimat, seit dem Herbst 1997. Und Tono Kirschbaum war 18 Jahre lang sein Trainer. Den Teamkollegen, „all den tollen Typen“, vor allem dem Trainer gilt sein besonderer Dank.
Sein Körper spielt oft nicht mit
Dabei „haben die mich fertig gemacht“, erzählt der gebürtige Osnabrücker von seinen ersten Läufen durchs Weitmarer Holz. Damals, als 20-Jähriger. Das spornte ihn an. „Konkrete Ziele“, sagt er, motivierten ihn. Sein „starker Wille“ zeichnete ihn aus, sagt Kirschbaum. „Wenn andere das Handtuch geschmissen hätten, ist er immer wieder zurückgekommen. Imponierend.“ Sein Körper spielte ja oft nicht mit. Wie in München, bei der EM 2002. Fitschen war in Topform, hatte Medaillenchancen. Und musste morgens absagen. Magen-Darm-Infekt! „Das war das fieseste Ding.“ 2004 (Oberschenkel) und 2008 (Plantarsehne) fiel er monatelang aus. Doch 2006 wurde er Europameister – und 2012 rannte er, nach dem Umstieg auf die Straße 2010, Bestzeit beim Berlin-Marathon. 2:13:10 Stunden. Schnellster Europäer. „Da war ich happy“.
Laufen will er weiter. Aber nicht als Spitzensportler. Und nicht mehr für den TV Wattenscheid 01.