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Gefährlich und schön – Anna Bader liebt das Klippenspringen

Gefährlich und schön – Anna Bader liebt das Klippenspringen

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Schwimm-WM - Klippenspringen Foto: dpa
Bei der Schwimm-WM in Kasan geht die deutsche Klippenspringerin Anna Bader leer aus, doch sie nimmt es gefasst. Patrick Hausding sagt dem waghalsigen Sport ab.

Kasan. 

Es weht ein frischer Wind – da oben, auf zwanzig Meter Höhe. Eine Böe bläst Anna Bader eine Haarsträhne ins Gesicht, die 31-Jährige schiebt sie in aller Ruhe an Ort und Stelle zurück. Danach winkt sie ausgiebig ins Publikum da unten, setzt ein möglichst strahlendes Lächeln auf. Dann stürzt sie sich in die Tiefe, wo ein Sprinkler durchgehend die graugrüne Brühe des Kasanka-Flusses unterhalb des gewaltigen Sprungturms berieselt. Und wo drei Taucher, die nach der Ankunft der wagemutigen Springerinnen unter Wasser sofort nach dem Rechten sehen, mit Beinschlägen wie beim Kinderplantschen zusätzlich für ein paar Wellen sorgen.

Denn ist das Wasser nicht in Bewegung, ist der Moment des Eintauchens schwieriger einzuschätzen – was für Klippenspringerinnen wie Anna Bader schmerzhafte Folgen haben kann. Dabei springt die gebürtige Schwäbin,Tochter der früheren Turn-Olympiateilnehmerin Angelika Kern-Bader, in Kasan gar nicht von Klippen, sondern von einem monströsen Stahlgerüst. Die Männer, die ihr WM-Finale am Mittwoch bestreiten, zelebrieren ihre Salti,Drehungen und Schrauben sogar aus 27 Meter Höhe. „Das ist schon eine gefährliche Sportart“, sagt Lutz Buschkow, Leistungssportdirektor im DSV.

Bader bei WM-Debüt 2013 mit Bronze

Gefährlich – aber auch wunderschön. Findet Anna Bader, die angehende Lehrerin, der während ihres Referendariats an einem Gymnasium irgendwann die Zeit fehlte, um sich angemessen ihrem Sport zu widmen. Für die Vorbereitung auf die WM ließ sie sich deshalb beurlauben, erst im September muss sie ihre Schüler wieder in Englisch und Geographie unterrichten. Dann kann sie persönliche Berichte von russischen Flusslandschaften und dem Kreml von Kasan einflechten – von jener malerischen Kulisse, an der sie am Dienstag an der erhofften Medaille vorbeiwirbelte.

Beim WM-Debüt der Klippenspringer 2013 im Hafen von Barcelona war Bader im überschaubaren Sechser-Feld noch zu Bronze gesprungen. Zwei Jahre später hatten nun schon zehn Frauen gemeldet, neun traten im Finale schließlich an.

Bei dem spektakulären Wettkampf vor gut gefüllten Rängen ging es für die einzige DSV-Starterin dann aber nicht nur bei ihren Sprüngen stetig bergab: Dritte nach dem ersten Durchgang, Rang sechs nach dem zweiten. Beim finalen dritten Versuch sauste Bader dann leicht schräg ins Wasser, sorgte damit für erschrockenes Raunen im Publikum, im Schlussklassement war sie beim Sieg der Amerikanerin Rachelle Simpson Siebte.

Klippenspringen kann für Sportler lukrativ sein

„Für mich ist es schön, dabei gewesen zu sein. Eine Medaille wäre natürlich schön gewesen, aber die anderen sind super gesprungen“, lächelte Anna Bader nach einer Konkurrenz, die zu Hause in Deutschland auch Patrick Hausding interessiert verfolgt haben dürfte. „Ich beobachte das ab und zu, was ich online halt so sehen kann – und muss sagen: Es wird zunehmend professioneller, die Sprünge werden immer schwieriger“, weiß der Wasserspringer vom Berliner TSC.

Auch dass das Klippenspringen, offiziell als Highdiving bezeichnet, für die Spitzenkräfte ausgesprochen lukrativ sein kann, ist ihm nicht verborgen geblieben. Andererseits moniert der Synchron-Weltmeister vom Turm von 2013 das im Vergleich zu seiner Branche niedrigere leistungssportliche Niveau bei den Höhen-Freunden. Vor allem aber ist Hausding der weiter gewachsene Nervenkitzel bei den Kollegen nicht geheuer.

Hausding is Klippenspringen zu waghalsig

„Wir hatten im Klippenspringen in diesen Jahr schon, glaub‘ ich, zwei Fälle, wo sich fast welche sehr ernsthaft verletzt hätten. Und ich bin der Meinung, dass irgendwann der Tag kommt, wo es einen richtig hart erwischt. Irgendwann ist es“, schlussfolgert der 26-Jährige für sich, „zu waghalsig. Das kann so schnell gehen, dass es dann einfach vorbei ist. Oder dass man querschnittsgelähmt ist oder sich so sehr verletzt, dass man sich davon nie wieder erholt.“

Dass er sich selbst einmal unter die Klippenspringer mischen könnte, hält er daher für unwahrscheinlicn. „Man müsste halt beobachten, wie es sich in den nächsten Jahren entwickelt“, sagt Hausding. „Aber momentan ist es so, dass es da schon um ganz schön viele Drehungen und Saltoschrauben geht – so dass ich mir das eher knicken werde.“