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Für Jörg Roßkopf bietet Olympia Geschichten fürs Leben

Für Jörg Roßkopf bietet Olympia Geschichten fürs Leben

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Foto: getty
Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf spricht im Interview über die Sommerspiele in Rio, Chancen für Timo Boll und Co. und ein gemeinsames Bier mit Boris Becker.

Düsseldorf. 

Aufstellung zum Mannschaftsfoto. Müde lächeln Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll, Bastian Steger und Patrick Franziska in die Kameras. Die lange Olympia-Vorbereitung hat Spuren hinterlassen. Da legt Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf schwungvoll die Arme um seine Schützlinge, grinst vergnügt. Die Energie steckt an. Das Strahlen kehrt zurück. Der 47-jährige Doppel-Weltmeister von 1989 hat seine Jungs im Griff und noch Zeit für ein Gespräch.


Herr Roßkopf, können Sie nachts noch ruhig schlafen?

Jörg Roßkopf: Ach, ich schlafe immer gut…

Obwohl der Abflug nach Rio immer näher rückt?

Roßkopf: Für mich ist wichtig: Die Mentalität meiner Spieler ist unverändert. Alle sind fit, wir haben uns intensiv vorbereitet.

In Rio betreuen Sie zum zweiten Mal die deutschen Männer bei Olympischen Spielen. 2012 in London gab es Bronze im Team und für Dimitrij Ovtcharov im Einzel. Sie selbst gewannen 1992 Silber im Doppel, 1996 Bronze im Einzel. Gilt bei Olympia wirklich nur: Dabei sein ist alles?

Roßkopf: Medaillen haben die Jungs alle schon geholt, aber das Flair im olympischen Dorf ist einfach etwas Besonderes. Patrick Franziska, unser Ersatzmann, ist anders als die anderen drei zum ersten Mal bei Olympia. Für ihn ist es ein Traum, überhaupt dabei zu sein. Er wird mit großen Augen umherlaufen. Mindestens so viel wert wie die Medaillen sind die Erfahrungen, die man bei Olympia macht. Das sind Geschichten fürs Leben.

Was sind Ihre Geschichten?

Roßkopf: Als ich zum Beispiel 1992 in Barcelona nach den Wettkämpfen zusammen mit Boris draußen saß und wir einfach zusammen ein Bier getrunken haben.

Boris?

Roßkopf: Ja, Becker. Oder 2004 in Athen. Da haben wir erst das Finale im 100-Meter-Rennen geschaut und sind dann rüber zum Tennis. Da spielte gerade Nicolas Kiefer mit Rainer Schüttler um Gold. Wir saßen direkt am Platz, haben wie wild mitgecoacht. Nach dem Match kam Kiwi rüber und meinte: „Du hast ja Alarm gemacht, als wärst du der Trainer.“ Das sind Sachen, die erlebt man nur bei Olympia.

Was sagen Sie dann zu der Absagen-Flut der Golfer?

Roßkopf: Da merkt man einfach, wie unwichtig der olympische Gedanke für diese Sportler ist. Vor allem, wenn manch einer wegen der Gefahr durch den Zika-Virus absagt, aber vorher an Orten im Urlaub war, wo die Gefahr genauso groß ist. Der Deutsche Martin Kaymer ist da übrigens ein Gegenbeispiel.

Warum?

Roßkopf: Er hat total Lust auf Olympia. Ich war neulich mit ihm golfen, da hat er mich die ganze Zeit wegen Tischtennis ausgefragt. Er wollte alles wissen, freut sich so, andere Sportarten kennenzulernen.

Das sagt Roßkopf zu Russlands Doping-Ausschluss 

Zika, Doping, Russland-Ausschluss – mit Rio gehen viele Probleme einher. Inwiefern berührt Sie das?

Roßkopf: Wir wissen um die Zika-Gefahr, aber wir sind gut vorbereitet, wurden geschult, wie wir uns zu verhalten haben. Die Organisatoren werden wie immer alles tun, dass die Spiele reibungslos laufen können. Im russischen Tischtennis gab es bislang zwar nur einen Dopingfall. Falls aber in Russland vom Staat unterstützt flächendeckend gedopt wurde, muss das über alle Sportarten hinweg hart bestraft werden.

Für Timo Boll sind es die fünften Olympischen Spiele. Welche Rolle spielt er im Team?

Roßkopf: Timo ist immer mehr der Mentor. Er nimmt sich Patricks sehr an, hilft viel. Wir drei treffen uns auch oft in unserer Heimat in Höchst zum Training. Timo hat so viel Erfahrung weiterzugeben. Er ist der ruhende Pol, ähnlich wie Bastian Steger. Beide sind mit 35 Jahren die Ältesten. Dimitrij Ovtcharov bringt als Perfektionist und Taktiker mehr Unruhe ins Team. Aber auch das ist wichtig. So motiviert er die anderen. Die Jungs verstehen sich wirklich gut, das ist eine Stärke.

Kann sich Timo Boll endlich den Traum von der olympischen Einzelmedaille erfüllen?

Roßkopf: Er könnte wegen seiner schlechten Setzung früh auf einen Chinesen treffen. Aber er ist in sehr guter Form. Er hatte zwar Negativerlebnisse im Einzel bei Olympia, aber die hat er überwunden. Und viele Spieler haben noch immer Angst und Respekt vor ihm.

Sehen wir ihn 2020 in Tokio wieder?

Roßkopf: Wir planen nichts anderes. Aber es muss das Ziel von jüngeren Spielern sein, dass sie und nicht mehr er in der Mannschaft sind.