Der Moerser ist einer exotischen Sportart verfallen: Racketlon. Dafür braucht er vier Schläger, reist um die Welt und gründete einen Bundesligisten.
Moers.
Jeder hat seine Last zu tragen. Frank Kleiber trägt die doppelte. In seiner Sporttasche stecken zwei Paar Schuhe und acht Schläger. Acht. Zwei Tennis-, zwei Squash-, zwei Badminton- und zwei Tischtennisschläger. Allein ein Badminton-Schläger kostet 200 Euro. Doch der 53-Jährige braucht die Ausrüstung, geht ihm ein Schläger kaputt, kann er nicht einfach den nächsten nehmen. Kleiber ist Bundesliga-Spieler und Gründer des Moerser Racketlon Vereins. Racket-was? Genau diese Frage stellte Kleiber vor sechs Jahren in Taiwan.
Der Moerser reist als Ingenieur für Metallurgie seit 1993 regelmäßig nach Asien. Als ihn sein dortiger Squashpartner 2009 zum Badminton mitnahm und Kleiber sich „auch da nicht schlecht anstellte“, schlug er ihm vor: „Geh doch mal zum Racketlon.“ Nach verdutzter Nachfrage erfuhr er: Racketlon vereint die vier Rückschlagsportarten: Tischtennis, Badminton, Squash und Tennis. Gespielt wird vom kleinsten zum größten Schläger, in jeder Disziplin ein Satz bis 21. Zwischen den Matches gibt es nur drei Minuten Pause. „Nach dem Wechsel muss man akzeptieren, dass die ersten Dinger schnell mal weg sind“, sagt Kleiber. Die Feinmotorik wird extrem geprüft.
Versuche als Zehnkämpfer
Kleiber, der schon als Triathlet und Zehnkämpfer seinen Hang zu kombinierten Sportarten entdeckte, war begeistert. Wieder in Deutschland schloss er sich dem Rhein-Ruhr Racketlon Verein in Düsseldorf an. „Nach dem ersten Training hatte ich erstmal einen Tennisarm“, sagt er und muss lachen. Seitdem trainiert er jede Sportart bis zu dreimal in der Woche. Er ist Mitglied in mehreren Vereinen, nutzt deren Trainingsangebote und gründete 2012 den Moerser Klub. „Tischtennis und Squash spiele ich seit über 30 Jahren, im Badminton war ich ganz gut. Aber im Tennis habe ich mir anfangs ziemliche Abreibungen geholt. Durch viele Trainerstunden hat sich das zwar gebessert, aber ich muss dran bleiben.“
So auch im Sportcenter in Kaarst. Im April findet nur ein paar Ecken weiter das Hinrunden-Turnier der Bundesliga statt. Kleiber will noch an seiner Tennis-Technik feilen. Für den Moerser Racketlon Verein geht es um den Klassenerhalt. „Wir sind 2014 aufgestiegen, es wird schwer für uns“, sagt er.
Preisgelder gibt es nicht
„Deutschland ist ein Racketlon-Boom-Land“, sagt Kleiber, „als ich anfing, gab es eine Liga, heute sind es vier. Es ist immer noch schwer, Frauen für den Sport zu begeistern.“ Kleibers Frau Annette hatte keine Chance, sich zu wehren, natürlich spielt sie auch. Für Frank Kleiber ist der Wettkampf das, was zählt. Der 53-jährige besteht zu 100 Prozent aus Ehrgeiz. Er lechzt nach Erfolg.
Dafür spielt er im Jahr rund 14 europäische Turniere der FIR-Tour – vergleichbar mit der ATP-Tour im Tennis. Finanziell passt der Vergleich jedoch nicht. „Racketlon ist ein Idealistensport“, sagt Kleiber. Rund 100 Zuschauer kommen zu großen Turnieren. „Und die Reisekosten liegen zwischen 400 und 700 Euro.“ Förderung? Preisgelder? Fehlanzeige. Doch Kleiber ist Idealist. Seinen größten Titel feierte er im November im polnischen Breslau. Als Kapitän des B-Nationalteams wurde er Weltmeister.
Training in China und Indien
Doch ausruhen will sich Frank Kleiber nicht. Selbst auf seine Geschäftsreisen nimmt er die große Tasche mit. „Wenn ich in China bin, weiß ich, wo ich Tennis spielen kann, wo ich in Indien die nächste Squashhalle finde und mit dem ich in Taiwan zum Badminton kann“, sagt Kleiber, ganz der weltmännische Weltmeister.