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Die schnellsten Zwillinge der Welt wollen nach Rio

Die schnellsten Zwillinge der Welt wollen nach Rio

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Foto: Getty Images Sport/Getty Images
Die Marathonläuferinnen Anna und Lisa Hahner sind die Cover-Girls ihrer Szene. In der Vermarktung sind sie spitze. Jetzt wollen sie zu Olympia.

Essen. 

Wenn sich Anna und Lisa Hahner mit Reportern über ihre Leidenschaft Laufen unterhalten, nehmen sie sich Zeit. Die Geschichten sprudeln aus ihnen heraus. Es ist ihnen anzumerken, dass sie gern über sich und ihren Sport erzählen. Allerdings halten sich die Wort- und Lachanteile fast die Waage.

Anna und Lisa Hahner lachen gern und oft. Sogar beim Laufen.

Und so werden die Hahners auch am Sonntag beim Hannover-Marathon ein Lächeln auf den Lippen haben, selbst wenn es ab Kilometer 35 auch für Spitzenläufer nicht mehr das pure Vergnügen ist, über den Asphalt zu rennen. Die Lungenflügel fangen an zu brennen und die Muskeln schreien vor Schmerz. „Wenn ich lächle, bin ich entspannt, nicht nur mein Gesicht, sondern mein ganzer Körper“, begründet Anna die Vorteile ihres Lächelns. Lisa und Anna sind die schnellsten Zwillinge der Welt. Jedenfalls auf der 42,195 Kilometer langen Strecke. Im August wollen die 26-Jährigen eineiigen Zwillinge dies gemeinsam bei den Olympischen Spielen in Rio beweisen.

Anna Hahner braucht Leistungsnachweis

Lisa ist bereits für Rio qualifiziert, ihre um wenige Minuten ältere Schwester Anna hat ebenfalls bereits die Marathon-Norm von 2:30:30 Stunden unterboten, muss am Sonntag in Hannover jedoch einen Leistungsnachweis erbringen. 1:15 Stunden im Halbmarathon sind gefordert. Aber Anna will sich nicht mit halben Sachen zufrieden geben. Sie will zur Hälfte der Distanz die geforderte Zwischenzeit erbringen und dann bis ins Ziel des Marathons weiter rennen. Es ist erst der zweite gemeinsame Start der beiden Schwestern. Rennen sie mit- oder gegeneinander? Bevor Lisa antwortet, vergehen erst einmal viele Sekunden des Lachens. „Beides“, sagt sie, „aber in erster Linie laufen wir gegen die Distanz.“ Und Anna fügt dann hinzu, dass sie auch noch eine Zusatzaufgabe erfüllen dürfe. Eigentlich könnte sie ja nach der Hälfte der Distanz aufhören, wenn sie den Leistungsnachweis erbracht hat. „Nein, es gibt keinen Plan B. Wenn

ich so etwas im Hinterkopf habe, klappt nichts.“

Anna und Lisa Hahner sind die Zugpferde des Hannover-Marathons. Obwohl keine der beiden in der Weltjahresbestenliste 2015 unter den Top 100 geführt werden, liegt das Geld für sie auf der Straße. Die Covergirls der deutschen Laufszene vermarkten sich bestens. Ihr Manager Thomas Dold, der schnellste Rückwärtsläufer der Welt, weiß, wie man sich ins Gespräch bringt. Über 35 000 Freunde haben sie bei Facebook. Bei ihren Vorträgen sind die Karten ausverkauft, so kamen zuletzt in Dresden 450 Lauf-Fans, um die Hahner-Twins live zu erleben. Auch der Spiegel widmete ihnen jetzt eine große Geschichte. „Die Aktivitäten in der Vermarktung machen aber nur zehn Prozent unseres Lebens aus. 90 Prozent sind einsame Lauf-Kilometer“, sagt Anna, die fast einen Lachanfall bekommt, ehe sie hinzufügt: „Quatsch, zweisame Kilometer.“

Kritik von Bundestrainer Heinig

Die geschickte Vermarktungsstrategie der Hahner-Zwillinge stößt in der deutschen Laufszene auch auf Neider und Kritiker. Bundestrainer Wolfgang Heinig, der früher die Hahners selbst trainierte, sagte im Spiegel: „Teamspirit würde beiden guttun. Sie sind in der deutschen Mannschaft Außenseiter, das haben sie sich selbst erarbeitet.“

Die Hahners können die Kritik nicht nachvollziehen. „Wir sind darüber erstaunt“, sagt Lisa. „Wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis nicht nur zu den deutschen, sondern auch zu den internationalen Läuferinnen. Wir freuen uns, wenn wir sie in Trainingslagern oder wie jetzt beim Marathon in Hannover treffen.“ Und dann unterstreicht sie ihre gute Laune mit einem lauten Lachen. Auf der Tonleiter müsste man es da notieren, wo Anna und Lisa Hahner erst noch hinkommen müssen: Ganz oben.