Peking. Es flossen Tränen. Doch Angela Maurer hatte nach ihrer Babypause mit Platz vier über 10 Km alle Olympia-Erwartungen erfüllt. Nachdem die Tränen getrocknet waren, durfte die 33-Jährige stolz auf sich sein.
Christian Hansmann aus Erfurt schwitzte wie selten in seinem Leben. Bestimmt über 45 feuchte Grad waren es gestern in der Sonne am künstlichen See von Shunyi. In der „Badewanne ohne Wände“ (Hansmann) herrschten für die Langstreckenschwimmer extreme 28 Grad. „Viel zu warm. Da kochst du unter deiner Kappe“, meinte Teamweltmeister von 2005, nachdem er Angela Maurer etwas getröstet hat. Die Würzburgerin hatte gerade Bronze um 0,9 Sekunden verpasst. Favoritin Ilschenko und die Britinnen Payne und Patten landeten vor ihr.
„Der vierte Platz ist der blödeste, den man machen kann“, sagte die 33-jährige Mutter eines dreijährigen Sohnes. „In dem kurzen Moment, als sie hinter den Füßen der einen Engländerin zu denen der Russin wechselte, hat sie ein paar Meter und ihre Chance im Schlusspurt verloren“, erklärte Hansmann, der in Peking als Pressesprecher der Freiwasserschwimmer fungiert.
„Also am warmen Wasser hat es nicht gelegen“, sagte Trainer Stefan Lurz. Auch nicht an den Rangeleien, die sich diesmal aber in Grenzen hielten (Mauerer: „Ein paar habe ich trotzdem versenkt“).
Die Vorbereitung war perfekt gewesen. In Würzburg hatten sie sogar im Schwimmbad das Wasser erwärmt. Den verdutzten Badegästen habe man erklärt, dass sei ein Experiment um Energie zu sparen, sagte Lurz über ungewöhnliche Methoden. Fachleute wie der deutsche Teamarzt und der Physiotherapeut streiten noch immer, ob man beim Schwimmen wirklich schwitzen kann. „Ich jedenfalls habe ganz gut geschwitzt und der Anzug hat gekniffen“, sagte Mauerer mit hochrotem Kopf und getrockneten Tränen.
Das Wasser von Shunyi durfte die Würzburgerin vorher nicht testen, weil Kanuten von Durchfall erwischt wurden, nachdem sie das angebliche Trinkwasser in dem grünen Weiher in die Kehle bekommen hatten. „In einem der schnellsten Rennen aller Zeiten hat Angela versucht mitzuhalten. Höchsten Respekt wie ihr das gelungen ist. Die Frau kann mit 33 stolz auf sich sein“, sagte Lurz, der für den heutigen Donnerstagmorgen (3 Uhr MESZ) auf eine Medaille seines Bruders Thomas hoffte.
Stolz war auch Natalie du Toit. Die mehrfache Paralympicssiegerin aus Kapstadt, die bei einem Motorradunfall 2001 ihr linkes Bein verlor, wurde zwar am Ende nur 16., doch sie hatte sich ihren „persönlichen olympischen Traum“ erfüllt. Mit ihren breiten Schultern betrat sie das Pressezelt und lächelte, trotz des „ein „bisschen enttäuschenden Rennens“. Schließlich hatte die WM-Vierte du Toit sogar insgeheim auf eine Medaille gehofft.
Als sie wortreich ihr Schicksal, ihren Willen und ihre Gegenwart beschrieb, da füllten sich die Augen ein paar mal mit Tränen. „All das Negative von früher erscheint nun hier in einem guten Licht“, sagte die 24-jährige Studentin, die neben der armamputierten polnischen Tischtennisspielerin Natalia Partyka die einzige Behindertensportlerin bei den Spielen ist.
Für Christian Hansmann ist Natalie du Toit „eine beeindruckende Frau“. „Wie sie das Ungleichgewicht des fehlenden Beines mit ihrem Oberkörper ausgleicht, ist ganz stark. Natalie ist absolut akzeptiert unter den Frauen im Langstreckenschwimmen“, sagt der 31-jährige Thüringer.
Die Südafrikanerin wird bis zu den Paralympics im September in Peking bleiben. „Da gibt für mich ja noch einiges zu gewinnen“, sagte die Königin der Herzen und strahlte wieder so, als hätte sie gerade eine Medaille gewonnen.