Der „Kampf des Jahrhunderts“, der „Rumble in the Jungle“ und der „Thrilla in Manila“ sind nur drei von vielen ganz großen Kämpfen von Box-Legende Muhammad Ali. DerWesten gibt einen Überblick über Alis wichtigsten Kämpfe seiner Karriere.
Essen.
25. Februar 1964 in Miami Beach: Cassius Clay – Sonny Liston (1. WM-Kampf, Sieg, T.K.o. 7. Runde)
Vor seinem ersten WM-Fight, den er noch unter seinem ‚Sklavennamen‘ Cassius Clay bestritt, haute Ali nach 19 Siegen in 19 Profikämpfen mächtig auf den Putz. Er nannte Liston fortwährend einen ‚hässlichen braunen Bären‘, spuckte große Töne und zeigte auch sonst Marketingtalent. Mit einem von seinem Vater bemalten Bus (‚Der farbigste Boxer der Welt: Cassius Clay‘) tourte er durch die Lande.
Ali prophezeite: ‚Sonny Liston is great, but he’ll fall in eight.‘ Liston schaffte nur sechs Runden und blieb dann, zermürbt von einem pfeilschnellen, technisch brillanten Gegner, in seiner Ecke sitzen. Dennoch war es für Ali eng geworden. In der Pause zwischen der vierten und fünften Runde klagte er über Sehprobleme und fordert seinen Trainer schon zum Kampfende auf: ‚Schneid mir die Handschuhe auf.‘ Doch Angelo Dundee stieß ihn kurz vor dem Abbruch in den Ring zurück und rettete Ali so vermutlich die Karriere.
25. Mai 1965 in Lewiston: Ali – Sonny Liston (WBC-Titelverteidigung, K.o.-Sieg 1. Runde)
Der Kampf fand ein halbes Jahr später statt als geplant. Ali, der mittlerweile den Namen Clay abgelegt hat, musste zunächst einen Leistenbruch auskurieren. Dafür war der Fight umso schneller beendet.
Nach 105 Sekunden ging Liston zu Boden, getroffen von einem Schlag Alis, der als ‚Phantom Punch‘ berühmt wurde. Die scheinbar harmlose Rechte hatte ihn wie aus dem Nichts erwischt. Ali schrie den Gegner zu seinen Füßen halb erbost, halb triumphierend an: ‚Stand up!‘ In diesem Moment drückte Fotograf Neil Leifer an den Ringseilen auf den Auslöser seiner Kamera und schoss das wohl berühmteste Foto der Sportgeschichte.
Das unerwartet schnelle Ende des Kampfes rief Verschwörungstheoretiker auf den Plan. Liston, so sagten die einen, sei von Black-Muslim-Vertretern bedroht worden. Andere meinten, er habe sich für Geld hingelegt. Das FBI ermittelte, fand aber keine Hinweise auf Manipulation.
8. März 1971 in New York: Ali – Joe Frazier (Punktniederlage nach 15 Runden)
Der ‚Kampf des Jahrhunderts‘ brachte beiden Boxern die damalige Rekordbörse von 2,5 Millionen Dollar ein. Ali, der seine beiden Kämpfe nach über dreijährigem ‚Exil‘ (Sperre nach Kriegsdienstverweigerung) gegen Jerry Quarry und Oscar Bonavena gewonnen hatte, war heißer denn je. Herausforderer Ali (31 Siege, 25 K.o.) und Weltmeister Frazier (26/23) gingen unbesiegt in den Kampf.
Der Fight im Madison Square Garden stellte in Sachen Show alles in den Schatten, was das Boxen bis dahin zu bieten gehabt hatte. Am Ring tummelte sich die Prominenz. Frank Sinatra ließ sich als Fotograf für das Magazin Life akkreditieren, Burt Lancaster verdingte sich als Boxreporter – die Hollywood-Legenden wären sonst nicht an Karten gekommen. Der Kampf des Nonkonformisten und Vietnam-Verweigerers Ali gegen den ‚weißen‘ Schwarzen Frazier hatte aber auch eine tiefere Bedeutung. Für die ohnehin gespaltene Nation war er eine weitere Belastungsprobe. In vielen Städten der USA kam es am Abend des Kampfes zu Ausschreitungen.
Die ersten drei Runden gingen an Ali, danach übernahm Frazier das Kommando. Zermürbende Körpertreffer raubten Ali sichtbar die Substanz. Und Fraziers gefürchteter linker Haken kam immer häufiger durch. In der 15. Runde riss er Ali zu Boden. Es war einer von insgesamt drei Niederschlägen in Alis Karriere. Er rappelte sich auf (‚Da unten hatte ich nichts zu suchen‘) und kämpfte weiter – verlor aber dennoch verdient nach Punkten.
31. März 1973 in San Diego: Ali – Ken Norton (Punktniederlage nach 12 Runden)
Alis zweite und im wahrsten Sinne des Wortes wohl auch schmerzhafteste Niederlage. Norton brach dem haushohen Favoriten, der seit seiner Niederlage gegen Joe Frazier in zehn Kämpfen unbesiegt gewesen war, in der zweiten Runde den Kiefer. Ali kämpfte unter enormen Schmerzen weiter und verlor mit 1:2-Richterstimmen. Nach dem Kampf musste nicht nur Ali in die Klinik, sondern auch seine zweite Frau Belinda, die am Ring einen Nervenzusammenbruch erlitt.
Seine zweite Niederlage als Profi war für Ali eine lehrreiche. In seiner ersten Biografie schrieb er: ‚Eine gebrochene Kinnlade ist ein überzeugendes Merkmal für eine Niederlage. Die bewies mir, dass eine lange Serie von Siegen das Realitätsbewusstsein eines Boxers verwirren kann. Davon werde ich bei meinem Kampf gegen George Foreman profitieren.‘ Ali forderte eine direkte Revanche, bekam sie und bezwang Norton am 10. September 1973 in Inglewood umstritten nach Punkten – wieder durch eine Split Dicision.
Rumble in the Jungle
30. Oktober 1974 in Kinshasa/Zaire: Ali – George Foreman (K.o.-Sieg 8. Runde)
Ende Januar 1974 war der Punktsieg Alis im zweiten Duell mit Frazier relativ unspektakulär über die Bühne gegangen. Es schien, als sparte sich ‚der Größte‘ die Dramatik für den ‚Rumble in the Jungle‘ auf.
Wohl über keinen Boxkampf wurde jemals mehr geschrieben (u.a. Norman Mailers ‚The Fight‘). Hollywood widmete dem Duell, das von Don King promotet und zu Großteilen von Zaires Diktator Mobutu Sese Seko finanziert wurde, 1996 die später oscargekrönte Dokumentation ‚When we were Kings‘.
Der sieben Jahre jüngere ‚Big George‘ Foreman galt als unschlagbare Kampfmaschine, dem 32 Jahre alten Ali wurden ein schneller K.o. und das Ende der Karriere prophezeit. Wegen einer Augenverletzung bei Foreman verlängerte sich die Vorbereitung auf über einen Monat. Beide Boxer blieben in Zaire. Foreman schottete sich ab, Ali suchte, wann immer es ging, den Kontakt zur einfachen Bevölkerung – die deshalb im Kampf auf seiner Seite war und frenetisch das legendäre ‚Ali, bomaye!‘ (‚Ali, töte ihn!‘) anstimmte.
In den ersten Runden überraschte Ali Foreman mit ‚rope a dope‘, dem ‚Verweilen in den Seilen‘. Foreman verausgabte sich, während Ali die wütenden Schläge an den Seilen abfederte und seinen Gegner immer wieder fragte: ‚Ist das alles, George?‘
Die K.o.-Maschine Foreman war keine langen Fights gewöhnt, Ali setzte aus der Deckung immer wieder Wirkungstreffer. Ende der achten Runde riskierte Ali alles – und fällte Foreman mit zwei Links-Rechts-Kombinationen. Über 100.000 Zuschauer brachten das Stade Tata Raphael zum Erbeben. Ali war wieder Weltmeister, sieben Jahre, nachdem ihm der Titel genommen worden war. Als zweiter Boxer nach Floyd Patterson widerlegte er das ungeschriebene Box-Gesetz ‚They never come back‘.
1. Oktober 1975 in Manila/Philippinen: Ali – Joe Frazier (WBA/WBC-Titelverteidigung, Sieg durch T.K.o. in der 14. Runde)
Wohl nie zuvor und danach war Boxen dramatischer, brutaler und zerstörerischer. Der ‚Thrilla in Manila‘ bildete den Höhepunkt der erbitterten Rivalität zweier Box-Legenden.
Die Bedingungen im Araneta Coliseum von Manilas Stadtteil Quezon City waren brutal, bei Temperaturen weit über 30 Grad und unerträglich hoher Luftfeuchtigkeit in der nicht klimatisierten Halle trieben sich die Kämpfer bis zum Äußersten. 25.000 Zuschauer schrien ‚wild nach Blut, wie ich es in keinem Stadion der Welt erlebt habe‘ (Ali).
Der ‚Größte‘ dominierte die ersten Runden, geriet in der Sechsten erstmals unter Druck. In der zweiten Kampfhälfte lieferten sich Ali und Frazier einen offenen Schlagabtausch bei enormem Tempo, das der fast auf den Tag genau zwei Jahre ältere Ali besser verkraftete. In der 13. Runde kassierte Frazier fürchterliche Treffer, seine Augen schwollen zu, Ali prügelte ihm den Mundschutz heraus. In der 14. Runde bewegte sich der selbst völlig erschöpfte Ali fast wie eine Marionette, doch seine Schläge hatten noch immer eine mörderische Wucht. Weitere 30-mal traf er Frazier, allein neunmal die Augen seines halbblinden Gegners. In der Pause vor der 15., letzten Runde warf Fraziers Trainer Eddie Futch (‚Jeder weitere Schlag hätte tödlich sein können‘) das Handtuch. Ali brach zusammen, als er zum Jubeln aufstand.
Noch zehn Mal betrat Ali nach diesem (Pyrrhus-)Sieg den Ring, erreichte aber nie wieder dieses Leistungsvermögen. Ali schrieb in seiner Biographie ‚Der Größte‘, die nach dem Thrilla veröffentlicht wurde: ‚Jeder Schlag, den ich von ihm einstecken muss, ist ein Schritt auf dem Weg zu meinem Grab.‘
15. September 1978 in Louisiana: Ali – Leon Spinks (WBA-WM, Punktsieg nach 15 Runden)
Ein letztes Mal widerlegte Ali die alte Box-Weisheit ‚They never come back‘. Seinen Niedergang konnte aber auch der Sieg im Rückkampf gegen Leon Spinks, der exakt ein halbes Jahr zuvor den lustlosen Ali sensationell bezwungen hatte, höchstens verschleiern. Dennoch durfte sich Ali als erster Boxer zum dritten Mal Weltmeister im Schwergewicht nennen.
12. November 1981 in Nassau/Bahamas: Ali – Trevor Berbick (Punktniederlage nach 10 Runden)
Das Ende – bitterer, als es sich Alis Fans jemals hätten vorstellen können. Nachdem er seinen Titel im Februar 1980 in Las Vegas an Larry Holmes verloren hatte, stieg Ali zum letzten Mal als Profi in den Ring. Bereits schwer von seiner Krankheit gezeichnet, verlieh Ali dem Kampfmotto ‚Drama auf den Bahamas‘ eine unbeabsichtigte Bedeutung. Nach zehn Runden war es vorbei. (sid)