Bochum.
Ist es die Macht der Bilder, die nicht selten einen schlecht rasierten, aufgebrachten Mann im Seitenaus zeigen, der, wenn er die Hitze des Gefechts abgeschüttelt hat, das Geschehen nüchtern analysiert, wertet, kommentiert? Wurde wegen dieser Bilder Friedhelm Funkel als Trainer des VfL Bochum eher achselzuckend hingenommen als freudig begrüßt an seiner neuen Wirkungsstätte? Obwohl er und kein anderer der Aufstiegsexperte ist.
Funkel selbst findet es „heute normal, dass man nicht überall mit offenen Armen empfangen wird“. In einem Interview mit der FAZ 2008 hat er außerdem eingeräumt, dass ihn selbst seine Kinder aufgefordert hätten, „mal ein bisschen zu lachen“. Er sehe „immer so finster aus“. Was ihn nicht wirklich bekümmert: „Ich beurteile Menschen nicht nach ihrem Aussehen, sondern danach, was sie tun.“
Es ist so eine Sache mit der Wahrnehmung. Sieht man jemanden nur auf der Mattscheibe hin- und herspringen oder sitzt man ihm gegenüber? Das können verschiedene Welten sein. Funkel also spricht – ausführlich, freundlich, konzentriert. Man wird nicht konfrontiert mit auswendig gelernten plakativen Sprachbildern, in denen die großen Tiere die kleinen fressen (Herrlich), da wird nicht die Sprache auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert, um ja nicht die Defensive aufgeben zu müssen (Koller), es findet aber auch kein Wettbewerb statt um den flottesten, besser medienwirksamsten Spruch (Neururer). Das alles darf man nicht von Funkel erwarten; stattdessen Normalität, Authentizität. Wer nicht anders kann, mag das langweilig finden.
Bruchhagen habe ihn Geduld gelehrt
56 Jahre alt ist Friedhelm Funkel, oft spricht er über seine Zeit in Frankfurt und seine Arbeit mit Heribert Bruchhagen. Bereits dort habe er nur „Einjahresverträge“ gemacht, sagt er, das sei „für beide Seiten fair“, und außerdem sei er „so lange dabei, dass er „keine Sicherheiten brauche“. Bruchhagen war seine feste Burg, der Eintracht-Chef habe „Recht gehabt“ mit der Abkehr von den hessischen Verhältnissen, als die Frankfurter „fast insolvent waren“. Eine derartige Entwicklung schwebt Funkel auch mit dem VfL Bochum vor: „Stabil und gesund zu bleiben und trotzdem in die Bundesliga zurückzukehren.“
Vor Frankfurt, sagt der Rheinländer, der nur im Karneval, niemals aber vor Publikum zu tanzen gedenkt, sei er auch oft ungeduldig gewesen. Bruchhagen habe ihn Geduld gelehrt. Jetzt wisse er: „Gegen Ende einer Transferperiode fallen die Preise. Und man darf sich nicht zu schnell die eine oder andere Tür zumachen, auch wenn das Umfeld und die Medien unruhig werden.“ Funkel will sich „nicht treiben lassen“, am 20. August erst werde wieder gespielt, und vorher finde ja auch noch eine Weltmeisterschaft statt, die vieles verändern könne. Er strahlt Ruhe aus und Selbstbewusstsein, wenn er sagt: „Wir werden eine gute Mannschaft auf dem Platz stehen haben.“
Friedhelm Funkel vermag zu überraschen. „Wir brechen bestimmt nicht in Jugendwahn aus“, sagt er, um fortzufahren, „aber in der Zweiten Liga haben junge Spieler größere Möglichkeiten zum Zuge zu kommen als in der Ersten“. Obwohl man mit Kefkir, Aydin, Rzatkowski und Vogt sowie dem relativ unerfahrenen Prokoph einige Jungspunde unter Vertrag genommen habe, müsse man diese Akte nicht unbedingt schließen.
„Auf allen Positionen, nur nicht im Tor“, benötige man „neue Gesichter“. Und dann müsse man, auch wenn der aktuelle Abstieg am leichtesten zu verhindern gewesen wäre, die „Situation akzeptieren und versuchen, die Fans durch unser Auftreten und unser Engagement zu überzeugen“ – auch mit Freundlichkeit. Sagt’s und bittet darum, das Gespräch beenden zu dürfen. Ein Termin steht an.