Petar Radenkovic, genannt Radi, der große Entertainer unter den Torhütern, feiert an diesem Mittwoch Geburtstag. Mit 1860 München holte er die Meisterschaft, war ein Torhüter mit begnadeten Reflexen, grandiosen Späßen – und als Sänger war er auch erfolgreich.
München.
Natürlich geht es auch noch um seinen Geburtstag. Um das Alter und das Altern, spät am Nachmittag, als die letzten Sonnenstrahlen aus dem Schwabinger Hinterhof bereits verschwunden sind. Petar Radenkovic sitzt im Wirtsgarten seiner Münchner Lieblings-Osteria, am Tisch vor ihm ein unberührtes Carpaccio, das schon eine gute Stunde hier steht, weil er vor lauter Erzählen gar nicht zum Essen kommt. Nun also die Frage, ob ihm das Alter nicht Angst mache, ihm die Endlichkeit bewusster werde. Radenkovic hebt die Schultern und sagt: „Ich denke nicht daran, wie lange das noch gehen soll. Ich lebe jeden Tag. So lange, wie es mir das Leben erlaubt. Das Alter ist nur eine Zahl, das macht mir nichts aus.“
Glorreiche Jahre der „Sechzger“
So sang er ja schon vor knapp fünf Jahrzehnten: „Bin i Radi, bin i König, alles andere stört mich wenig.“ Es stört ihn also auch nicht, wenn er 80 wird, am heutigen Mittwoch. Radenkovic, Münchens Fußball-Legende. Eines der großen Idole des TSV 1860. Torwart der glorreichen Löwen in den Sechziger Jahren, Pokalsieger 1964, Europacup-Finale 1965, Meister 1966. Einer der besten Torhüter der Bundesliga-Geschichte und mit Sicherheit der lustigste. Neben dem Maier Sepp, vom Lokalrivalen, dem FC Bayern.
In der Kindheit von Radenkovic war es gar nicht so lustig. Vater Rasa war in den Dreißiger Jahren der bekannteste Sänger Jugoslawiens, im Sommer 1939 ging er mit seiner Frau auf USA-Tournee, den vierjährigen Petar ließen sie bei seinen Großeltern. Der Zweite Weltkrieg brach aus, die Eltern blieben in Amerika, Petar in Belgrad. In Belgrad fielen Bomben, viele Bomben, im April 1941 starben in Belgrad in einer Nacht 2300 Menschen nach Luftangriffen. Der junge Radenkovic überlebte den Krieg, wurde Torwart bei OFK Belgrad und in der Nationalmannschaft, holte mit der Olympia-Auswahl Silber 1956 in Melbourne.
Von Worms nach München
Dann aber gab es Ärger, Radenkovic wollte zu Roter Stern wechseln, durfte aber nicht, also fuhr er nach Deutschland, landete erst bei Wormatia Worms, bis ihn Max Merkel 1962 nach München holte. Zu den „Sechzgern“.
Von den Sechzgern, sagt Radenkovic, wollte er am Anfang aber am liebsten gleich wieder weg, und das lag an einem Oktoberfest-Besuch. „Wir saßen im Bierzelt, links von mir der Rudi Brunnenmeier, er trank drei Maß, rechts der Stemmer Fonsi, der kam auf sieben Maß. Ich dachte mir, um Himmels willen, was ist denn das für eine Mannschaft.“ Es sollte eine großartige Mannschaft werden.
Radi wie einst Manuel Neuer
Radenkovic sagt, man habe Weltklasse-Stürmer gehabt. Heiß, Konietzka, Brunnenmeier, Küppers, Grosser, sie fieselten die Gegner in jenen Jahren nach Herzenslust ab. Den KSC 9:0, den HSV 9:2, Schalke 7:1, Dortmund 6:1. Und hinten hatten die Sechzger ja ihn, den Radi, der Radi hieß, weil ihm der Sportreporter Hans Schiefele diesen Spitznamen gab. Der Radi hatte unglaubliche Reflexe auf der Linie, oft ging er bis zur Mittellinie und darüber hinaus, seine Ausflüge wurden berühmt. „So wie Manuel Neuer“, sagt Radenkovic, „ich habe damals so mitgespielt wie er.“
Nach der Vizemeisterschaft 1967 zerbrach die Mannschaft aber allmählich, viel schlimmer, es kam nichts nach; was kam, war der Abstieg in die Zweitklassigkeit, 1970. Die tat sich Radenkovic nicht mehr an, er hörte auf, mit 35.
Man spürt, dass es ihn auch heute noch schmerzt, wenn er an das Ende damals zurückdenkt und an die Sechzger jetzt. Dass es die Löwen trotz der Erfolge nicht schafften, sich langfristig als Spitzenmannschaft zu etablieren, und heute in der Zweiten Liga herumdümpeln, „Uns haben die Leute mit Vision und Weitblick gefehlt“, sagt Radenkovic. Und dass sie den Bayern nicht fehlten.