Derby, Abstiegskampf, Reis-Rückkehr – am Samstag (04. März) steht um 15.30 Uhr im Bochumer Ruhrstadion ein ganz besonderes Spiel an. Der VfL Bochum empfängt den FC Schalke 04.
Besonders wird die Partie auch für Peter Neururer. Der Kult-Trainer kennt beide Vereine wie aus dem Effeff. Der 67-Jährige hat beide Klubs in seiner langen Laufbahn trainiert und lieben gelernt. Für Neururer wird das Duell VfL Bochum – FC Schalke 04 deshalb noch ein Stückchen besonderer. Wir haben vor dem Derby mit ihm gesprochen.
VfL Bochum – FC Schalke 04: Derby wird für Kult-Trainer Neururer zur Zerreißprobe
Samstag geht es im Ruhrstadion hoch her. Auch der Puls von Peter Neururer wird steigen, wenn der Anpfiff ertönt. Im DERWESTEN-Interview hat Peter Neururer über die Lage seiner beiden Herzensvereine sowie S04-Trainer Thomas Reis gesprochen und gibt seine Prognose für das Derby ab.
Herr Neururer, welchem der beiden Vereine drücken Sie am Wochenende eigentlich mehr die Daumen?
Peter Neururer: (lacht) Die Frage ist mir diese Woche schon sehr oft gestellt worden. Ich bin kein Diplomat, aber ich muss darauf leider eine blöde Antwort geben: beiden. Das ist bei mir einfach so. Aber das geht ja nicht. Das ist das Problem.
Beim VfL Bochum habe ich immer noch Freunde. Beispielsweise Spieler, die ich noch mit verpflichtet habe, wie Anthony Losilla. Mit meinem alten Kapitän Darius Wosz [heute Leiter der VfL-Fußballschule; Anm. d. Red.] habe ich noch wöchentlich Kontakt. Ich habe zwei Mal in Bochum gearbeitet, dementsprechend habe ich eine große emotionale Verbindung.
Beim FC Schalke 04 gibt es andere Verbindungen. Auch da sind Spieler wie Simon Terodde da, den ich zweimal trainieren durfte. Ich bin voller Überzeugung Mitglied bei Schalke. Von daher ist dieses Spiel für mich herzzerreißend.
Und was denken Sie, wie Begegnung ausgeht?
Es sollte Unentschieden ausgehen, weil das für beide Seiten noch Perspektiven offenlässt. Der Verlierer der Partie kriegt allerdings richtig Probleme. Wenn Schalke verlieren sollte, ist der Wahnsinns-Aufschwung möglicherweise dahin. Wenn der VfL Bochum verlieren sollte, dann sind sie, losgelöst von den ersten sechs Spielen, erstmals in einer Negativspirale und es ist oftmals schwierig, da rauszukommen.
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Glauben Sie, dass beim FC Schalke 04 nach fünf ungeschlagenen Spielen und dem Sieg gegen Stuttgart nun der Knoten geplatzt ist und die Spieler richtig „on fire“ sind?
„On fire“ sind sie schon seit längerer Zeit. Was Thomas Reis bei S04 bewegt hat, ist sensationell. Er hat eine Struktur geschaffen. Man weiß jetzt, wofür die Mannschaft steht. Die Jungs hauen sich rein, das ist schier unglaublich. Ich bin bei jedem Heimspiel von Schalke 04 zugegen und wenn ich sehe, dass eine erfolgreiche Grätsche genauso bejubelt wird wie ein erfolgreicher Torschuss, sagt das alles aus. Man hat die Situation erkannt, dass man da unten nur gemeinschaftlich rauskommt. Spätestens mit dem Sieg gegen Stuttgart ist eine positive Tendenz da, denn vorher wurden vier torlose Unentschieden in Folge teilweise auch negativ gesehen.
Etwas anders sieht es bei den Bochumern aus …
Dort ist es umgekehrt. Der VfL Bochum hatte unter Thomas Letsch jedes Heimspiel gewonnen. Dann verlieren sie plötzlich ein Heimspiel gegen Freiburg – ob verdient oder unverdient muss ich nicht kommentieren, aber da haben sie Leidenschaft gezeigt und das Publikum steht zu 100 Prozent hinter der Mannschaft. Dann kommt auch noch die Niederlage im Auswärtsspiel gegen Bremen hinzu. Verlierst du jetzt auch gegen den FC Schalke 04 dann bist du im Negativstrudel.
Und noch ein Punkt: Thomas Reis, der in Bochum großartige Arbeit geleistet und in den ersten sechs Spielen dann aber keinen Punkt geholt hat, musste den Verein verlassen. Stattdessen kommt er zu Schalke 04, wo er feststellt: ‚Oh Gott, mit dieser Mannschaft ist es schwierig, drin zu bleiben.‘ Aber: Er hat was auf die Beine gestellt. Die Mannschaft hat ein anderes Gesicht und ist im Positivstrudel. Dieses Momentum kann in der Endkonsequenz, wenn es um den Klassenerhalt geht, entscheidend sein.
Glauben Sie, dass man sich in Bochum ärgert, Thomas Reis vor die Tür gesetzt zu haben?
Ich kenne ihn ja sehr gut, er war unter mir Spieler und später dann auch Co-Trainer während meiner zweiten Amtszeit in Bochum. Was er dort hinterher als Cheftrainer geleistet hat, ist großartig. Er ist zu Pandemiezeiten größtenteils ohne Unterstützung der Ostkurve aufgestiegen, was Wahnsinn ist. Das haben schon andere versucht. Danach hat er den Klassenerhalt in der Bundesliga geschafft – auch Spitzenklasse.
Aber dann werden die besten Leute verkauft und mit Sebastian Schindzielorz geht einer seiner Mitarbeiter. Dass das nicht so weiterlaufen konnte, war vollkommen klar. Und dann waren da noch politische Dinge, ob er schon vorher mit Schalke gesprochen hat. Da konnte man auf Seiten des VfL Bochum möglicherweise gar nicht anders handeln, als Reis zu beurlauben. Aber die Art und Weise wie, die kam in der Öffentlichkeit nicht gut rüber. Er hat für Bochum Großartiges geleistet und ich hoffe, dass er jetzt eben auch für Schalke 04 Großartiges leistet.
Derby, Letzter gegen Vorletzer. Was erwarten Sie für ein Spiel? Hauen beide alles rein, oder wird es ein „vorsichtiges“ Spiel, weil keiner einen Fehler machen will?
Um Gottes Willen (lacht). Derby und vorsichtig – derjenige der vorsichtig ist, hat schon verloren. Das sollten sich beide nicht erlauben. Denn einmal gerate ich nicht in die Scheiße rein – beim VfL – und einmal bin ich im Flow – beim FC Schalke 04. Dann habe ich das sechste Spiel in Folge ohne Niederlage. Natürlich steht man dann immer noch unten, aber Stuttgart spielt gegen Bayern München, die gewinnen wahrscheinlich nicht ganz so hoch. Hertha BSC ist auch nicht die Mannschaft, die alles niederreißt. Hoffenheim ist auch da. Mit einem Unentschieden ist es für beide noch möglich, aus eigener Kraft die Liga zu halten. Eine Niederlage hat dagegen Konsequenzen. Aber daraus resultiert auf keinen Fall ein abwartendes Spiel.
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Sie kennen sich auch mit beiden Fanlagern aus – wie sehr wird das Stadion brennen?
Die Stimmung im Ruhrstadion wird ähnlich wie zuletzt beim Schalke-Heimspiel gegen Stuttgart sein. Nur, dass sie dieses Mal auf beide Mannschaften verteilt ist. Es werden viele Schalker da sein. Aber was die Ostkurve momentan veranstaltet, und das ganze Ruhrstadion mitnimmt, ist schier unglaublich. Das wird eine Atmosphäre für beide Mannschaften sein, die es vielleicht eine Woche später bei Schalke – Dortmund so noch mal gibt. Aber ansonsten wirst du das in der Bundesliga so nicht nochmal erleben. Und da ist keine Mannschaft verhalten. Dieses Spiel geht unter Garantie nicht 0:0 aus!
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Wie Thomas Reis sagen würde: Da will ich mich nicht zu äußern. Wenn ich mir da jetzt schon Gedanken drüber mache, verliere ich das Spiel gegen Bochum. Das Dortmund-Spiel ist vollkommen unabhängig davon, was am Samstag in Bochum passiert. Das bleibt ein Derby, da spielen die Tabellenplätze keine Rolle.
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Eigentlich ist das doch wie gemalt: Schalke – Bochum, wie ich schon sagte, geht hoffentlich Unentschieden aus, damit beide noch Chancen auf den Klassenerhalt haben. Und dann wird die große Geschichte geschrieben: Schalke 04 schlägt Borussia Dortmund, ist das siebte Spiel in Folge ohne Niederlage und geht dann ab in Richtung Klassenerhalt. Und beim VfL Bochum ähnliches auch.