Der ehemalige Spieler von Rot-Weiß Oberhausen steht auf dem Sprung in die Nationalelf – in die von Jamaika.
Kingston/Dortmund.
Bei zwei Fragen schmunzelt Daniel Gordon, Fußballprofi beim Karlsruher SC und beruflich gerade in der Karibik unterwegs, dann doch. „Nein“, er wird sich keine Dreadlock-Frisur wachsen lassen. Und noch mal „nein“, in der Kabine der Nationalelf von Jamaika machen keine entspannenden Tabakmischungen die Runde. „Die Vorbereitung auf ein Spiel läuft wie in Deutschland. Nur, dass wir in der Kabine im Kreis zusammenstehen, weil alle sehr gläubig sind.“
Daniel Gordon hat mit 28 Jahren noch mal einen ungewöhnlichen Schritt gemacht, ist im fortgeschrittenen Fußballer-Alter Jung-Nationalspieler geworden. In Jamaika, dem Heimatland seiner Großeltern.
Der gebürtige Dortmunder spielte in der Jugend des BVB. Nach einem Intermezzo beim Nachbarn VfL Bochum debütierte er für die Borussia in der Bundesliga, spielte danach bei RW Oberhausen und den FSV Frankfurt und ist gerade mit dem KSC in die Zweite Liga aufgestiegen. Eine durchschnittliche Profi-Karriere. Die seit kurzem eine Option auf die WM 2014 in Brasilien beinhaltet.
Jamaika Nummer 53 der Welt
Jamaika, als Nummer 53 der Weltrangliste immerhin vor Südafrika, Polen oder Österreich platziert, will erstmals nach 1998 wieder zu einer WM. Und deshalb sucht der Verband der Inselfußballer weltweit nach Spielern, die eingebürgert werden können, um das eigene Team zu verstärken.
Bei Daniel Gordon klingelte vor einem Jahr ein Spielerberater aus England an. Der hatte herausgefunden, dass die Eltern von Vater Gary Gordon, der als englischer Soldat nach Deutschland gekommen war, einst von der Karibikinsel nach England ausgewandert waren. Zehn Monate, viele kopierte Geburtsurkunden, ausgefüllte Anträge und zahlreiche Botschaftsbesuche später ist Daniel Gordon eingebürgert.
Am Mittwoch gegen Mexiko
Und für Jamaikas Nationalelf, die Reggae Boyz, spielberechtigt. „Eine verrückte Geschichte“, gesteht der Neu-Insulaner. Unter der „Sun of Jamaica“, wie einst die Goombay Dance Band karibisch summte, hat der „Son of Jamaica“ seine zweite Heimat gefunden. Daniel Gordon bereitet sich, nach einem Trainingslager auf den Bahamas, gerade in Jamaikas Hauptstadt Kingston auf die ersten Pflichtspiele vor. Am Mittwoch heißt der Gegner in der WM-Qualifikation Mexiko, danach geht es gegen die USA (Samstag) und Honduras. Jamaika ist derzeit noch Gruppenletzter, liegt aber nur drei Punkte hinter dem Führenden Panama: „Alles liegt eng beisammen.“
Der 28-Jährige wurde von seinen Mitspielern, die nur beim abendlichen Training die Flip-Flops gegen Fußballschuhe eintauschen, entspannt aufgenommen. „Die sind schon cool hier“, findet Gordon. Für den Neuen in der Runde sprechen die Kollegen ihr Patwah, eine Kreolsprache auf Basis des Englischen, extra etwas langsamer. „Und ich habe eine Idee, was sie wollen. Auf dem Platz verstehen wir uns eh’ ohne viele Worte“, sagt Gordon, der sich in der Mannschaft mit Zweitliga-Niveau seinen Stammplatz in der Innenverteidigung erobert hat.
„Wer hätte gedacht, dass ich in meinem Alter noch Nationalspieler werde. Wahnsinn. Und so kann ich auch das Land und die Region kennenlernen.“ Und vielleicht die WM in Brasilien erleben.