Hannover. Der Nationaltorwart Robert Enke vom Erstligisten Hannover 96 ist tot. Der 32-Jährige soll sich das Leben genommen haben. Sein Berater bestätigte mittlerweile: Es war Selbstmord. Der Verein und der Deutsche Fußball Bund reagierten bestürzt auf die Nachricht.
Robert Enke ist tot. Der deutsche Fußball-Nationaltorwart starb am Dienstagabend an einem Bahnübergang in Neustadt am Rübenberge im Ortsteil Eilvese. Dies bestätigte die Polizei Hannover. „Es hat einen tödlichen Unfall an einem Bahnübergang gegeben“, sagte Stefan Wittke, Leiter der Pressestelle. Wittke erklärte, dass alles darauf hindeute, dass es sich um Selbsttötung gehandelt habe.
Enkes enger Freund und Berater Jörg Neblung sagte: ‚Ich kann bestätigen, dass es sich um Selbstmord handelte. Robert hat sich um kurz vor sechs Uhr das Leben genommen. Alles Weitere werden wir am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Hannover mitteilen.‘ Enke hinterlässt seine Ehefrau Teresa und eine acht Monate alte Tochter, die das Paar im Mai adoptiert hatte.
Gegen 18.30 Uhr wurde der Nationaltorwart am Ortsrand von Neustadt-Eilvese in der Nähe seines Wohnortes von einem Regionalexpress erfasst, der mit 160 Stundenkilometern auf dem Weg nach Hannover war, wie ein Polizeisprecher am Abend vor Ort sagte. Die beiden Lokführer hätten Enke nur noch leblos aufgefunden.
In unmittelbarer Nähe der Bahngleise habe man Enkes unverschlossenen Geländewagen entdeckt. Die Türen seien ge-, aber nicht verschlossen gewesen, auf dem Sitz habe Enkes Geldbörse gelegen, sagte der Polizeisprecher weiter. Die beiden Lokführer des Regionalexpresses hätten ausgesagt, eine Person im Scheinwerferlicht auf den Gleisen stehen gesehen zu haben. Die Männer hätten eine Vollbremsung eingeleitet, der Zug sei aber nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand gekommen.
Vor der Geschäftsstelle von Hannover 96 versammelten sich am späten Abend etwa 300 Fans, Spieler und Weggefährten, sie zündeten Kerzen an und legten Blumen nieder. Aus Teelichtern wurde eine 96 geformt.
DFB-Präsident Zwanziger fassungslos
Mit tiefer Fassungslosigkeit reagierten der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die deutsche Nationalmannschaft, die am Samstag in Köln gegen Chile spielen soll, auf die Schocknachricht vom Tod des 32-Jährigen. „Wir sind fassungslos und voller Trauer. Unser ganzes Mitgefühl gilt der Frau von Robert Enke und seiner Familie“, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger.
Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff informierten die Spieler und Betreuer am Dienstagabend in Bonn. Oliver Bierhoff sagte: „Wir sind alle geschockt, uns fehlen die Worte.“ Ob die Nationalmannschaft das Spiel am Samstag bestreitet, ist noch unklar.
Auch Hannovers Präsident Martin Kind war schockiert. „Es war ein Unfall. Das ist eine absolute Katastrophe, Ich kann es gar nicht fassen und auch nicht weiter kommentieren.“ Enkes enger Freund und Berater Jörg Neblung sagte: „Ich kann die traurige Nachricht bestätigen. Robert lebt nicht mehr. Zu Einzelheiten kann ich im Moment aber nichts sagen.“
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff verlieh seiner Trauer Ausdruck. „Deutschland verliert einen Ausnahmesportler und einen sensiblen Menschen, der für viele ein Vorbild war. Wir trauern um ihn.“
Für Trainer Ewald Lienen, der Enke 2004 nach Hannover in die Bundesliga zurückgeholt hatte, bezeichnete den Tod seines ehemaligen Schützlings als ‚unvorstellbar‘. Er habe bereits mit Weggefährten und Teamkollegen Enkes wie Steven Cherundolo, Michael Tarnat und Hanno Balitsch gesprochen: ‚Für uns alle ist es ein unfassbarer Schlag, den wir kaum in Worte fassen können. Dass er in so einer Situation war, so etwas ins Auge fassen konnte, tut mir unendlich leid und unendlich weh‘, sagte Lienen.
Private Rückschläge
Enke und seine Ehefrau Teresa hatten im Mai ein zwei Monate altes Mädchen adoptiert. Das Kind hört auf den Namen Leila. „Wir sind sehr, sehr glücklich und dankbar für diesen kleinen Menschen, der in unser Leben getreten ist“, sagte das Ehepaar damals in einer offiziellen Stellungnahme. Die Enkes hatten ihre leibliche Tochter Lara, die mit einem schweren Herzfehler auf die Welt gekommen war, im September 2006 im Alter von zwei Jahren verloren.
Zuletzt hatte Enke nach einer rätselhaften Viruserkrankung und neun Spielen Pause sein Comeback in der Bundesliga gegeben. „Das war eine verdammt lange Zeit, fast ein Viertel der Saison. Aber es war von der ersten Sekunde an wieder ein gutes Gefühl“, hatte Enke damals gesagt.
Der Torwart galt bis zu dieser Erkrankung als Favorit auf den Posten des Stammtorwarts in der Nationalmannschaft für die WM 2010 in Südafrika. Enke, der am 24. August 1977 in Jena geboren wurde, bestritt insgesamt acht Länderspiele. In insgesamt neun Jahren Bundesliga bestritt er 196 Spiele für Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach. Enke begann seine Karriere beim SV Jenapharm Jena. Weitere Stationen waren Carl Zeiss Jena und Mönchengladbach, bevor den Schritt ins Ausland wagte. Er spielte bei Benfica Lissabon, dem FC Barcelona, Fenerbahce Istanbul und CD Teneriffa, bevor er in Hannover unterschrieb.
Hannovers Präsident Martin Kind sagte gegenüber T-Online: „Ich weiß nicht, warum es und wie passiert ist. Er ist sich aber sicher, „dass es nichts mit Fußball zu tun hat“.
„Ich habe sehr viel mitgemacht“
User-Reaktionen zum Tod des Nationaltorwarts Robert Enke.
Einen Tag nach dem WM-Qualifikationsspiel am 9. September gegen Aserbaidschan in Hannover, bei dem Enke wegen seiner mysteriösen Erkrankung nicht wie geplant im Tor stehen konnte, zitierte die «Bild»-Zeitung den sensiblen Fußballer mit diesen Worten: «Ich habe sehr viel mitgemacht: beruflich und privat. Ich weiß nicht, ob jemand das Leben lenkt. Aber so viel weiß ich: Man kann es nicht ändern. Man muss sich mit einer Verletzung abfinden, man muss sich damit abfinden, wenn man ein Spiel verliert, und man muss sich damit abfinden, wenn man ein Kind bekommt, das schwer krank ist und stirbt.»
Auch in Spanien löste die Botschaft vom Tod Enkes Bestürzung aus. Barcelona gedachte des Verstorbenen am Dienstagabend vor dem Pokalspiel gegen den Drittligisten Cultural Leonesa im Stadion Nou Camp mit einer Schweigeminute. Im Hintergrund wurde klassische Musik eingespielt, die Spieler senkten die Köpfe. Enke stand von 2002 bis 2004 bei den Katalanen unter Vertrag. (sid/ap)
Daten zu Robert Enke:
geboren am 24. August 1977 in Jena, gestorben am 10. November 2009 in Neustadt am Rübenberge.
– Verheiratet mit Teresa, eine adoptierte Tochter.
– Verein: Hannover 96.
– Frühere Vereine: SV Jenapharm Jena, Carl Zeiss Jena, Borussia Mönchengladbach, Benfica Lissabon, FC Barcelona, Fenerbahce Istanbul, CD Teneriffa.
– Erstes Länderspiel: 28. März 2007 in Duisburg gegen Dänemark (0:1).
– Länderspiele: 8 (0).
– Bundesligaspiele: 196 (0).
– 1. Liga Portugal: 77 (0). – Primera Division: 1 (0).
– 1. Liga Türkei: 1 (0).
– Größte Erfolge: Dritter Platz 2000 in der portugiesischen Liga mit Benfica Lissabon.