Nach einer brutalen Attacke auf einen Schiedsrichter bei einem Hallenturnier in Krefeld hat die zuständige Spruchkammer den Fußballer lebenslang gesperrt. Er darf in ganz Deutschland nie wieder spielen. Ein besonders hartes Urteil, das Signalwirkung haben könnte.
Essen.
Ein NRW-Fußballgericht hat am Donnerstag ein in seiner Härte seltenes Urteil gefällt: Die Spruchkammer der Kreises Kempen-Krefeld im Fußballverband Niederrhein sperrte Zafer K. lebenslang. Der Fußballer des Krefelder Vereins Anadolu Türkspor darf nie wieder in Deutschland bei einem Spiel auf dem Platz stehen. Viele Beteiligte hoffen jetzt auf eine Signalwirkung des Urteils.
Auslöser war eine brutale Attacke K.s auf den Schiedsrichter Andreas Stattrop. Bei den Krefelder Hallenfußball-Stadtmeisterschaften Anfang Januar hatte er den Unparteiischen zunächst verbal angegriffen und als „Spinner“ bezeichnet. Daraufhin hatte ihm Stattrop die rote Karte gezeigt. Als er sich wegdrehte, sprang ihm der Spieler erst in den Rücken und schlug ihm anschließend mit der Faust in den Nacken. Stattrop war in den folgenden vierzehn Tagen arbeitsunfähig.
Spruchkammer will ein Exempel statuieren
„Es kann nicht sein, dass ein Spieler derart auf dem Platz ausrastet“, sagt Reiner Hohn, Vorsitzender der Kreisspruchkammer, der das harte Urteil gemeinsam mit zwei Kollegen fällte. Die Tätlichkeiten gegen Schiris hätten in der Vergangenheit immer mehr zugenommen. „Sowas wollen wir auf den Sportanlagen nicht mehr sehen“, betont er. Bei ihrer Strafwahl hatten die Richter der Spruchkammer allerdings nur bedingt Wahlfreiheit: Möglich sind Sperren von bis zu drei Jahren oder lebenslang.
Der Fußballrüpel K. musste bereits im vergangenen November vor der Spruchkammer erscheinen, weil er einen Schiedsrichter beleidigt hatte. Mit dem aktuellen Urteil will das Fußballgericht auch ein Exempel statuieren: „Ich hoffe, hier ist ein Zeichen gesetzt worden für alle Fußballspieler“, sagt Vorsitzender Hohn. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass es immer schwarze Schafe geben werde.
Verein des Täters mit Strafe „zufrieden“
Auf eine Signalwirkung hofft auch das Opfer der Attacken, Schiedsrichter Andreas Stattrop, damit seine Kollegen in Zukunft besser geschützt seien. „Wichtig ist, dass das Urteil abschreckend wirkt.“ Zwar gehörten Emotionen beim Fußball dazu, aber das müsse alles immer im Rahmen bleiben.
So sieht es auch Ahmet Arslan, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Anadolu Türkspor, der bei der Urteilsverkündung dabei war: „Ich denke, dass der ein oder andere Spieler sich mehr Gedanken machen wird. In Zukunft werden ganz andere Strafen verhängt.“ Er sei mit der Entscheidung der Spruchkammer „zufrieden“, der Spieler habe das Urteil akzeptiert. Bereits direkt nach der Attacke hatte ein Krefelder Verein gefordert, solche Vorfälle in Zukunft in den Spielerpass eintragen zu lassen.
Drastisches Urteil einmalig für NRW
An eine abschreckende Wirkung des Urteils auf andere Fußballer glaubt Rainer Lehmann dagegen eher nicht: „Ob es präventiv wirkt, da habe ich meine Zweifel.“ Der Geschäftsführer des Fußballverbandes Niederrhein wertet das Urteil der Spruchkammer als „drastisch“. Er könne sich nur an ein, zwei Fälle in den vergangenen 30 Jahren erinnern, in denen eine lebenslange Spielsperre verhängt worden sei.
Auch Roland Leroi vom Westdeutschen Fußballverband in Duisburg, der für ganz Nordrhein-Westfalen zuständig ist, kann sich an kein vergleichbar hartes Urteil erinnern: „Für NRW ist das vermutlich das erste Urteil dieser Art.“ Für ihn hat die Entscheidung der Spruchkammer am Niederrhen durchaus Signalwirkung.
„Harte Strafen allein reichen nicht“
Ob sich Fußballer mit Gewaltpotenzial davon aber wirklich beeindrucken lassen, bezweifelt Leroi. „Wenn ein Spieler einen Schiedsrichter attackieren will, da glaube ich nicht, dass der vorher noch mal darüber nachdenkt, was das für Auswirkungen haben könnte.“ Auch der attackierte Schiri Stattrop betont: „Harte Strafen allein reichen nicht.“ Vielmehr müsse es einen ganzen Katalog an Maßnahmen geben, um die Gewalt gegen Unparteiische stärker einzudämmen.
Die ganze Affäre hat auch in K.s Verein für viel Aufruhr gesorgt: Die erste Mannschaft von Anadolu Türkspor wurde mittlerweile aus dem Spielbetrieb zurückgezogen und wird erst kommende Saison wieder antreten. Einige Spieler, die den Verein erst zum Saisonende verlassen wollten, haben den Vorfall zum Anlass genommen, bereits jetzt abzuspringen.
Verein kämpft mit den Folgen der Affäre
Die bisherigen Vorstandsvorsitzenden Ahmet Arslan und Björn Voigt werden für ihre Ämter nicht zur Wiederwahl antreten. Auch finanziell habe die Schiri-Attacke großen Schaden angerichtet, so Arslan. Der Verein habe Sponsoren verloren. Er geht davon aus, dass der Spieler Türkspor in Kürze verlassen wird.
Zafer K. hat noch die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Auf die Option will der Spieler aber anscheinend verzichten. Sollte sich seine Meinung mit der Zeit doch ändern, kann er in frühestens zwei Jahren einen Antrag auf Schulderlass stellen.