- Das NRW-Innenministerium will die BVB-Ultragruppe „0231 Riot“ zu verbieten
- Deren Mitglieder drangsalierten mehrfach andere Fans
Dortmund.
Früh am Morgen klingelte es an mehreren Wohnungen in Dortmund. Polizisten standen an der Tür und präsentierten den Mitgliedern der Hooligangruppe „0231 Riot“ Durchsuchungsbeschlüsse. Gesucht wurden Beweise, um ein Vereinsverbot voranzutreiben. Doch um was für eine Gruppe geht es eigentlich?
„0231 Riot“ ist keine offizielle Ultragruppe oder gar ein Fanklub. Sie ist nicht nur unter „0231 Riot“ bekannt, der Dortmunder Telefonvorwahl und dem englischen Wort für Ausschreitungen, sondern wird oft auch „neue Gruppe“ oder „vierte Gruppe“ genannt – neben den drei Ultragruppierungen The Unity, Desperados und JuBos. Im Stadion präsentiert sich die Gruppe mit einem Banner, auf dem lediglich „Ultras“ und ein kleines h in Frakturschrift steht.
Hauer und Scharfmacher
Hier versammeln sich die „Hauer und Scharfmacher“ der Fanszene. Ziel der Gruppe ist laut Polizei und Kennern der Szene, durch rücksichtsloses Vorgehen das Gewaltmonopol in der Kurve zu erlangen. Rund 80 Mitglieder sollen es inzwischen sein, von denen viele große Nähe zur Kampfsportszene oder zur rechtsradikalen Szene in Dortmund haben.
Die Anfänge der Gruppierung liegen in der Saison 2014/15, als es bei den Desperados zum Bruch kam: Jene, die Gewalt suchten, traten geschlossen aus, um sich in einer neuen Gruppierung zu versammeln. Neben ehemaligen Mitgliedern anderer Ultragruppen kamen auch Externe hinzu, die wenig Interesse an Fußball, umso mehr aber an Gewalt haben.
Erstmals im Sommer aufgefallen
Erstmals trat die neue Gruppe beim BVB-Spiel gegen den Wolfsberger AC in der Qualifikation zur Europa League in Erscheinung: Die Hools nahmen in Block 13 die Plätze von alteingesessenen Fans ein und machten nachdrücklich klar, dass sie diese nicht mehr räumen würden. In der BVB-Fanabteilung, beim Verein selbst und auch in dieser Redaktion meldeten sich Fans, die unter Gewaltandrohung von ihren Plätzen vertrieben wurden.
Widerstand wagt kaum jemand: Zur Gruppe gehören aktive Kämpfer der Mixed-Martial-Arts-Szene, die vor Gewalt nicht zurückscheuen. Auch die einflussreichen Köpfe der anderen Ultragruppen sollen die neue Gruppierung fürchten – denn zum Repertoire gehören auch Hausbesuche bei unliebsamen Personen.
Auch BVB-Angestellte im Visier
Auch Angestellte des Vereins geraten dabei ins Visier: So wurde der Fanbeauftragte Daniel Lörcher auf Plakaten massiv bedroht – und verdächtigt wurde „0231 Riot“. Lörcher war lange Mitglied bei The Unity und sogar Vorsänger auf der Südtribüne. Mittlerweile engagiert er sich als Fanbeauftragter des BVB gegen Rechtsextremismus. Er fährt zum Beispiel mit Dortmunder Fans nach Auschwitz und verteilt in Dortmunder Kneipen Bierdeckel mit der Aufschrift: „Kein Bier für Rassisten“.
„0231 Riot“ ist dieses Engagement des Vereins ein Dorn im Auge. Auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke wurde schon bedroht: An der Pferderennbahn in Dortmund-Wambel tauchten Graffitis auf, deren Botschaft eindeutig war: „Aki Watzke aus der Traum… bald liegst du im Kofferraum!“ Daneben die Schriftzüge „Dortmund Ost“, „Hooligans“ sowie der Name der Hooligan-Gruppierung „0231 Riot“.
Weitere Vorfälle, hinter denen „0231 Riot“ vermutet wird:
- ein Angriff auf Schalke-Fans am Dortmunder Flughafen
- eine Attacke vermummter Dortmunder auf Schalke-Fans in Herne
- eine Massenschlägerei mit Schalkern auf einem Autobahnparkplatz bei Montabaur
- ein Überfall auf einen Fan auf dem Rheinischen Esel in Witten
- regelmäßige Verabredungen und Schlägereien mit gleichgesinnten Gruppierungen bei BVB-Spielen im In- und Ausland
- ein Überfall auf Ultras des FC Sion in Porto. Laut eines Posts auf Instagram hielten die Riots einige Sion-Ultras in einer U-Bahn fest und zwangen sie, sich Aufkleber der Gruppe auf die Stirn zu pappen und für Fotos zu posieren. Erst nach einer Weile ließen sie die Schweizer ziehen.
- Ende Oktober 2015 lieferte sich die Gruppe am Osnabrücker Hauptbahnhof eine heftige Schlacht mit Anhängern von Holstein Kiel. Von 270 Fans stellte die Polizei die Personalien fest, darunter 60 bis 70 Dortmunder. Zwar hätten Zeugen die Ausschreitungen gefilmt, seien von Dortmundern aber genötigt worden, die Aufnahmen zu löschen.
- Laut Berichten machten die Riots am 13. März 2016 nach dem Heimspiel des BVB gegen Mainz Jagd auf eine Gruppe Mainzer Ultras. Im Kreuzviertel sei es dabei zu einem Überfall auf die Mainzer gekommen, der auch einen Polizeieinsatz nach sich zog.
- Eine ähnliche Aktion wie mit den Sion-Ultras sollen die Riots auch mit jungen Fans aus dem Umfeld der Schalker Ultraszene durchgezogen haben.
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