Bei Borussia Dortmund wird er als Legende verehrt, doch mit dem Fußballgeschäft will Neven Subotic nichts mehr zutun haben.
Eiskalt beendete der langjährige Verteidiger von Borussia Dortmund mit einem Satz seine Karriere. Nun hat sein gesellschaftliches Engagement den Fußball komplett aus seinem Leben verdrängt. Neven Subotic spielt nicht mehr, guckt nicht mehr – er hat nicht mal mehr einen Ball.
Ex-BVB-Star Neven Subotic – „Ich hab keine Zeit, keine Freunde und keinen Ball“
Stattdessen blickt er im Interview mit DER WESTEN äußerst kritisch auf das Fußballgeschäft und seine Rolle darin zurück.
DER WESTEN: Hallo Neven! Wann hattest Du zuletzt einen Ball am Fuß?
Neven Subotic: Ich habe keinen zu Hause, im Büro auch nicht. Das war wohl noch in Altach.
Seither nicht einmal mit Freunden gekickt?
Ich hab keine Zeit, keine Freunde und keinen Ball (lacht). Keine Ahnung, wo ich da strategisch als erstes ansetzen sollte.
Und wer ist in der Bundesliga letzte Saison Achter geworden?
Wer war der siebte Mann auf dem Mond? Keine Ahnung. Aber ich weiß, wer Meister wurde.
Fast schon beiläufig hast Du im Rahmen deiner Buchvorstellung Dein Karriere-Ende verkündet. Auch in Deiner Biografie vermittelst Du manchmal das Gefühl, die Liebe zum Fußball ist einer Abneigung gewichen. Fehlt Dir nichts von dem, was so lange Dein Leben bestimmt hat?
Fußball an sich ist eine schöne Sache. Das Fußball-Geschäft ist… nicht nur schön. Das fehlt mir echt Null. Womit ich mich jetzt auseinandersetze, ist für mich wichtiger. Deshalb habe ich mir gar nicht die Frage gestellt: „Was ist jetzt mit Fußball?“ In meinem Buch hab ich meine Karriere eiskalt mit einem Satz beendet. Das finde ich eigentlich auch von mir selbst nicht wertschätzend. Dabei wäre ich letzten Sommer beim richtigen Angebot eines coolen Vereins mit coolem Trainer, der richtigen Stadt und dem Geld noch bereit gewesen. In mir bleibt der Sportler. Ich liebe das. Das geht nicht weg. Es ist mein Instinkt, ich bin auch nur ein Tier.
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Fußball ist also komplett aus deinem Leben verschwunden?
Ich kann sehr gut ohne. Letzte Saison war ich noch einmal für einen Termin im BVB-Stadion und hatte natürlich sofort wieder Bock zu zocken. Aber ich will auch so viele andere Sachen, die ich in meinem Leben nicht schaffen werde. Bei mir ist es aktuell so: Ich habe meine langfristigen Ziele und alles, was nicht dazu gehört, kommt weg.
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Das ist Neven Subotic:
- Geboren am 10. Dezember 1988 in Banja Luka (Jugoslawien)
- Nachdem seine Familie vor dem Krieg floh, lernte Subotic das Fußballspielen beim TSV Schwarzenberg.
- Im Alter von zehn Jahren zog es seine Familie in die USA, wo Subotic erst an High Schools und später am College Fußball spielte.
- 2006 kehrte er zum FSV Mainz nach Deutschland zurück, und nur zwei Jahre später wechselte er zum BVB.
- Mit Borussia Dortmund wurde Subotic zweimal deutscher Meister und einmal Pokalsieger.
- Nach fast neun erfolgreichen BVB-Jahren spielte er noch für den 1. FC Köln, Union Berlin, AS St. Etienne, Denizlispor und den SCR Altach.
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In manchen Zeilen Deines Buches spürt man regelrechte Wut auf das Fußball-Business. Kann das sein?
Ich finde es ungerecht. In meinem Buch will ich die Punkte deutlich benennen. Ich brauche nicht trivial zu wiederholen, was vor mir schon 80 mal gesagt wurde. Es soll einen Beitrag dazu leisten, dass gewisse Punkte näher beleuchtet werden. Ich weiß, dass es nicht die Fußballindustrie verändern wird. Aber vielleicht wird es ein Spieler oder anderer Funktionär wahrnehmen und so wichtige Themen in den Fokus gerückt, über die man im Fußball ungern redet.
„Der Fußball“ wird definiert von Vereinen, nicht den Fans oder Spielern. Das ist ein grundsätzliches strukturelles Problem, weil es ein sehr hohes Kulturgut ist. Hoffentlich ist er in zehn Jahren nicht total hyper-kommerzialisiert ist und verliert seinen Wert.
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In „Alles Geben“ sprichst Du abwertend über das „kapitalistische System Profifußball“. Das aber ermöglichte Dir, Dein Engagement heute auf einem hohen zeitlichen und finanziellen Level zu betreiben. Ein Zwiespalt?
Das eine passt nicht zum anderen. Punkt. Ich liebe Fußball. Das ist das, was ich kann, was mir Spaß macht. Eine Erfüllung, mit der ich gleichzeitig sehr viel Geld verdient habe. Aber das Geld setze ich dann für etwas ein. So habe ich es für mich rationalisiert. Ja, das System ist scheiße. Aber was soll ich tun? In einen Wald ziehen, um niemandem etwas schlechtes zu tun? Ich nutze lieber die Vorbildrolle, die man als Fußballer hat um auf das gesellschaftliche Engagement aufmerksam zu machen.
BVB-Legende Neven Subotic: „Ich will nie, nie wieder so werden“
Die Hingabe für Deine neue Passion ist spürbar. Ist die auch von einem schlechten Gewissen getrieben? Willst Du kompensieren, was Du in ihren Augen so viele Jahre falsch gemacht hast?
Ich war kürzlich erst wieder in Kenia und Tansania, habe echt coole Leute getroffen, mit denen man ein Bier trinken könnte. Aber die Leben unter Bedingungen, die sind weit unter unmenschlich. Das ich die Chance habe, das zu verändern, treibt mich an. Kompensiere ich damit? Will ich möglichst weit weglaufen von dem, wie ich mal war? Kann sein. Klar ist: Ich will nie, nie wieder so werden. Es gibt Fußballer, die sich zehn Jahre später noch ihre Clips angucken, wie geil sie damals gespielt haben. Ich habe eine regelrechte Angst, mal so einer zu werden.
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Deine Autodach-Szene nach dem Meistertitel 2011 ist für alle Fans von Borussia Dortmund unvergessen. Viele verdrücken bis heute eine Freudenträne, wenn sie das Video sehen. Was fühlst Du, wenn Du es siehst? Hast Du dich mal dabei ertappt, die unbeschwerte Zeit zu vermissen, in der Fußball noch alles war?
Ich habe eine große Freude daran, dieses Kapitel bei meinen Lesungen vorzulesen. So darf es immer wieder erleben. Dafür brauche ich mir das Video nicht noch einmal anzuschauen. Das Schöne ist: Die Erinnerungen ist nicht nur bei mir, sondern bei vielen anderen, überall. Selbst wenn ich mal gehe, bleibt dieser Moment erhalten. Dieser Gedanke ist schön. Es ist toll, dass ich Teil von so etwas sein durfte. Dass ich mich doch getraut habe, dorthin zu fahren statt einfach nach Hause oder zum Italiener.