Freundin erschossen – Oscar Pistorius unter Mordverdacht
Der sechsmalige Paralympics-Gewinner Oscar Pistorius soll seine Freundin Reeva Steenkamp getötet haben. Ersten Medienberichten zufolge habe er sie für eine Einbrecherin gehalten. Die Frau wurde laut Polizeiangaben mit vier Schüssen an Arm und Kopf getroffen.
Pretoria.
Schock und Trauer in Südafrika: Der Leichtathlet und sechsmalige Paralympics-Sieger Oscar Pistorius soll seine Freundin, das Fotomodel Reeva Steenkamp, erschossen haben. Nun steht der 26 Jahre alte Sportler unter Mordverdacht. Am Freitag soll er nun einem Richter vorgeführt werden.
Eine Sprecherin der Polizei sagte am Donnerstag bloß, dass sich ein 26-Jähriger in Untersuchungshaft befinde und auf forensische Spuren untersucht werde. Dem britischen Sender BBC zufolge benennen die Behörden in Südafrika Verdächtige erst mit vollem Namen, wenn sie vor Gericht stehen.
Eine Polizeisprecherin sagte allerdings, dass nur Pistorius und das Opfer im Haus waren, als die Schüsse fielen, wie der Fernsehsender Sky News berichtete – was eine Beteiligung Dritter ausschließen würde. Außerdem solle es schon früher zu häuslicher Gewalt gekommen sein. Rettungskräfte waren demnach zwischen 4 und 5 Uhr morgens (Ortszeit) zu Pistorius‘ Haus gerufen worden. Auf die Frau sei vier Mal geschossen worden. Die Kugeln hätten sie am Kopf und am Arm getroffen. Das Opfer starb den Polizeiangaben zufolge noch am Tatort.
Vater von Pistorius bestätigt Tragödie
Der französischen Nachrichtenagentur afp bestätigte Pistorius‘ Vater Henke die Tragödie. ‚Wir stehen unter Schock. Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht viele Informationen. Die einzige Person, die genau sagen kann, was passiert ist, ist Oscar selbst‘, sagte Henke Pistorius.
Der nach der Erschießung seiner Freundin festgenommene südafrikanische Paralympics-Gewinner Oscar Pistorius kann nicht auf eine baldige Freilassung hoffen. Die Staatsanwaltschaft werde sich gegen eine Freilassung auf Kaution wenden, weil es bereits in der Vergangenheit Berichte über „Familienstreitigkeiten im Haus des Beschuldigten“ gegeben habe, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag dem Fernsehsender eNCA. Berichte über einen Akt der Notwehr „kamen nicht von uns“, hob Polizeisprecherin Denise Beukes hervor.
Mehrfach Vorfälle häuslicher Gewalt beim Paralympics-Star
Mit der 30 Jahre alten Reeva Steenkamp war der vier Jahre jüngere Oscar Pistorius seit einem Jahr zusammen. Das blonde Model, im vergangenen Jahr Cover-Girl eines britischen Männer-Magazins (FHM), deutete zwei Tage vor dem tragischen Vorfall auf dem Kurznachrichtendienst Twitter an, ihren Freund an Donnerstag zum Valentinstag überraschen zu wollen. Steenkamps Model-Agentur bestätigte inzwischen, dass es sich bei der Toten um ihre Klientin handele.
Im Hause des Paralympics-Stars gab es nach Polizeiangaben in der Vergangenheit mehrfach Vorfälle häuslicher Gewalt. In der Vergangenheit hatte Pistorius offen darüber gesprochen, eine Waffe zu besitzen und gelegentlich mit einer Neun-Milimeter-Pistole auf einem Schießstand zu trainieren. Einem Reporter der „New York Times“ hatte Pistorius im vergangenen Jahr erzählt, wie er mit einer Waffe durch sein Haus gegangen sei, als die Alarmanlage versehentlich losgegangen war. Südafrika hat eine der höchsten Kriminalitätsraten der Welt, viele Menschen bewahren deshalb Schusswaffen in ihrer Wohnung auf.
Pistorius soll traumatisiert sein
Oscar Pistorius, der im vergangenen Sommer in London als erster amputierter Athlet an Olympischen Spielen teilgenommen hatte, wurde nach seiner Festnahme von der örtlichen Polizei des Distrikts Silverwood vernommen. Ein Polizeibeamter teilte mit, Pistorius sei ‚traumatisiert, weil er eine Person verloren hat, die ihm sehr nahe stand‘.
Oscar Pistorius ist der Star unter den Behindertensportlern. Er wurde im vergangenen Jahr vom Magazin Time sogar in die Top 100 der einflussreichsten Menschen weltweit aufgenommen. Bei der berühmten Wahl zum ‚Sexiest Man Alive‘ des US-Magazins People landete er in den Top 10.
Im Alter von elf Monaten wurden Pistorius beide Beine unterhalb der Knie amputiert. Er läuft auf Karbonstelzen. Pistorius wollte bereits bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 antreten, erhielt aber vom Leichtathletik-Weltverband IAAF keine Starterlaubnis. Die IAAF sah in den Wunderstelzen einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil.
Pistorius startete bei Olympia 2012 in London
Pistorius zog gegen diese Entscheidung vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne – und bekam Recht. Somit war der Weg frei für seinen historischen Auftritt bei Olympia 2012 in London. Dort trat er mit der 4×400-m-Staffel seines Landes und auch über die Einzelstrecke an, auf der er im Halbfinale ausschied.
Nach Olympia holte er anschließend bei den Paralympics an gleicher Stelle mit der 4×100-m-Staffel und über 400 m Gold. ‚Heute Abend war er absolut majestätisch‘, sagte damals sogar OK-Chef Sebastian Coe beeindruckt.
Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) wollte am Donnerstag vor dem Hintergrund der laufenden polizeilichen Ermittlungen keine Stellungnahme abgeben, übermittelte der Familie des Opfers aber sein aufrichtiges Beileid. (sid/ap/afp/dapd)