Dortmund.
Als die Ränge blank waren, wurde noch eine sanfte Ballade von den „Plain White T’s“ eingespielt. „Hey There Delilah“. Darin rollt zwar kein Ball, aber Sänger Tom Higgenson trägt den Refrain wunderbar leidend vor: Oh, it’s what you do to me, oh, it’s what you do to me. Das passte wie eine weitere Faust aufs Auge zur Dortmunder Befindlichkeit nach diesem 0:1 im eigenen Haus. Es musste nur ein Name ergänzt werden. Nicht Delilah, sondern Leverkusen. Das ist das, was du mit mir machst, Leverkusen. Das ist, was von mir übrig ist, Leverkusen. Ein armer Tropf, bei dessen Rumjammerei nicht einmal jemand zuhören will.
Ganz so war es natürlich nicht. Borussia Dortmund lag zwar erstmals in dieser Saison wirklich am Boden. Es wurde aber relativ wenig rumgejammert. Die meisten Spieler entzogen sich Nachfragen. Der Trainer erlebte sogar tatsächlich noch einen glücklichen Moment. Kein Nachbohren bei der Pressekonferenz. Kurzes Statement von Jürgen Klopp. Und Tschüssikowski. Hinein in einen Sonntag, der Zeit ließ, all die zu den ohnehin bereits überreichlich vorhandenen noch taufrisch hinzugekommenen Probleme zu sortieren.
Hinterlassen hatte Klopp, dass das 0:1, entstanden durch ein Kapitalfehler-Passspiel von Manuel Friedrich und erzielt von Heung Min Song, sei „das kleinste Problem gewesen“ sei. Und das war sicher richtig. In Normalform kann seine Mannschaft selbst gegen ein so dichtes, zweikampfstarkes, lästig ins Aufbauspiel attackierendes Bayer Leverkusen eine Partie noch drehen. Anders als beim 0:3 gegen die Bayern vor zwei Wochen, aus dem man mit durchgedrücktem Kreuz herausgegangen war, mangelte es diesmal aber an vielem und vor allem an Rhythmus.
England ist noch härter
Weil Bayer-Trainer Sami Hyypiä erklärte, er habe „zehn Jahre in England gespielt. Da ist es noch härter“, dürfte das Zerstören von Rhythmus vor allem in Halbzeit zwei Bestandteil des Leverkusener Plans gewesen sein. Die Grenze zur Brutalität wurde dabei aber nur erreicht, nicht überschritten. Dass die Privatklinik Schwarz-Gelb dennoch Aufnahmen verzeichnete, hatte deshalb mit Unglück zu tun. Nuri Sahin knickte um. Diagnose: Außenbandteilriss am rechten Sprunggelenk. Prognose: Einsatz am Mittwoch, bei der entscheidenden Gruppenphasen-Partie der Champions League in Marseille, vielleicht möglich. Jens Hegeler, korrekt mit Gelb bestraft, traf den Fuß von Sven Bender. Diagnose: Innenbanddehnung am rechten Sprunggelenk und Einblutung in die Sehnenscheiden. Prognose: Einsatz ausgeschlossen.
Mats Hummels, Neven Subotic, Ilkay Gündogan, Marcel Schmelzer stehen ohnehin nicht zur Verfügung. Das, was am 0:1 ohne die neuen Verletzten besonders geschmerzt hätte, rückte so tief in den Hintergrund. Leverkusen ist sechs Punkte enteilt. Borussia Mönchengladbach hat ebenso 31 Punkte auf dem Konto wie der BVB. Es wird ein viel massiverer Kampf um die beiden direkt in die Königsklasse weiterleitenden Platzierungen hinter in den Super-Super-Bayern (Achtung: haben die Schale noch nicht!) entbrennen als insgeheim erwartet wurde.
Momentan ist jedoch vorrangig: Mit welchem Personal in Marseille das Überwintern in der Champions League erreichen? Mit Sebastian Kehl und Oliver Kirch in der Defensivzentrale? Und mit welchen Innenverteidigern in der Bundesliga-Begegnung am Samstag in Hoffenheim antreten? Sokratis sah Gelb-Rot (Leverkusens Emir Spahic wegen Rustikalfouls glatt Rot). Vielleicht jetzt mit: Manuel Friedrich und Kevin Großkreutz? Immerhin ist auf der rechten Defensivflanke Lukasz Piszczek nach langmonatiger Pause wieder zurück.
Strahlende Männer-Augen
Der wie stets nicht flüchtige Torhüter Roman Weidenfeller äußerte einen Wunsch: „Es wird Zeit, dass endlich Weihnachten kommt.“ Würde Fest inklusive Pause zum Beispiel morgen anliegen: Gar nix unterm Baum würde Männer-Augen strahlenden Glanz verleihen.