Mit Harry Bähre wurde eine neue Ära eingeläutet. Mit der Lizenznummer 001 auf seinem Spielerpass wurde er 1963 der erste Profi der neu gegründeten Bundesliga. Heute vor 67 Jahren wurde er geboren.
Zweimal die Woche Training. Danach mit den Mannschaftskollegen gemütlich in die Stammkneipe, um dort den Abend ausklingen zu lassen – die Zeit, an die sich Harry Bähre gerne zurückerinnert, hat mit dem heutigen Profifußball nicht viel gemein. Geselligkeit und mannschaftlicher Zusammenhalt waren ebenso wichtig wie der sportliche Erfolg. Die Oberliga war die höchste deutsche Spielklasse und das Spiel auf dem Rasen lediglich ein Hobby, mit dem sich die Spieler ein winziges Zubrot verdienten.
Kein Spieler mit dem Anfangsbuchstaben A
Doch das sollte sich bald ändern. 1963 ging ein Ruck durch die deutsche Kickerlandschaft. Während der Fußball in anderen europäischen Ländern bereits in nationalen Profiligen organisiert war, gab es in den deutschen Oberligen große Leistungsunterschiede. Die Folge: International waren viele Mannschaften nicht konkurrenzfähig, der Europapokal wurde von spanischen und italienischen Vereinen dominiert.
Es wurde Zeit zu handeln und die fünf Oberligen wurden von der eingleisigen Bundesliga als höchste Spielklasse abgelöst. „Der HSV war der erste Verein, der damals seinen Antrag auf eine Spielberechtigung in der Bundesliga einreichte“, erinnerte sich Bähre in einem Interview. Und wie der Zufall es wollte, sollte Mittelfeldspieler Bähre der Spielerpass mit der Lizenz-Nummer 001 zugeteilt werden. „Da wir keinen Spieler mit dem Anfangsbuchstaben A hatten, bekam ich die 001.“
Hobby wurde zum Nebenberuf
Und so erlebte Harry Bähre die Veränderungen der Fußballlandschaft als erster deutscher Profi hautnah mit. Aus normalen Oberligaspielern wurden Lizenz-Kicker – Fußballprofis. „Wir waren eigentlich auf den Profifußball gar nicht vorbereitet“, sagte Bähre. Denn nun wurde das Hobby zum zeitaufwändigen Nebenberuf. Regelmäßiger ging es zum Training, die Anreise zu den Auswärtsspielen erfolgte immer einen Tag früher. Ein Umstand, der mit den eigentlichen Arbeitgebern koordiniert werden musste. Denn mehr als 360 Mark durfte die Profis damals mit dem Fußball (offiziell) nicht verdienen. Einige Kicker wechselten in die Schweiz, weil dort höhere Gehälter flossen. Einige hängten ihre Fußballschuhe an den berühmten Nagel. Und andere meisterten den Spagat zwischen der eigentlichen Arbeit und dem Fußball. Wie auch Bähre. Er absolvierte eine Ausbildung zum Chemigraf. Eine lohnende Investition, wie sich später zeigen sollte…
78 Bundesliga-Einsätze
In seinem ersten Bundesligaspiel trat der HSV gegen Preußen Münster an. Bähre saß damals auf der Tribüne. Denn Ersatzspieler gab es keine, eingewechselt werden konnte er deshalb logischerweise nicht. Bei Bähres Spieler-Premiere gewannen die Hamburger am 5. Oktober 1963 gegen Hertha 5:1. Zwischen 1963 und 1967 stand Bähre 78 Mal als Profi auf dem Feld, brachte es zusätzlich auf sechs Europacup- und sechs DFB-Pokalspiele.
Erfolgreicher Geschäftsmann
Nach der Lehre machte sich Bähre selbstständig. Sein mittelständisches Unternehmens im Bereich Reproduktionstechniken lief erfolgreich. So erfolgreich, dass er sich nach der aktiven Laufbahn weiterhin viele Jahre ehrenamtlich beim HSV engagieren konnte. Als A-Jugendtrainer, als Co-Trainer der HSV-Profis, als Spielerbeobachter, als Sportlicher Berater für Präsident Jürgen Hunke, als Manager des Altherren-Teams, als Rechnungsprüfer und schließlich gemeinsam mit Uwe Seeler, Volker Lange und Jürgen Engel als Vorstandsmitglied. Doch sind es noch immer die unbeschwerten Tage in der Oberliga-Nord, an die sich Bähre gerne erinnert. Tage, als er noch nicht der erste Bundesligaprofi war…