Eisschnellläuferin Claudia Pechstein versucht sich in einer neuen Sportart. Die wegen Dopings gesperrte Athletin könnte somit bei den nächsten Olympischen Spielen wieder in ihrer ursprünglichen Sportart antreten.
Berlin.
Sie steigt tatsächlich aufs Rad, will auf dem Eis neue Wege gehen und legt sich erneut mit dem Weltverband an: Claudia Pechstein gibt nach Monaten der Ruhe wieder Gas. Die 39-Jährige hat sich zunächst ihren Lieblingsfeind zur Brust genommen: Den Weltverband. Die Winter-Rekordolympionikin forderte die ISU auf, ein neues Verfahren gegen sie einzuleiten.
Pechstein bestreitet Doping
Pechstein will beweisen, dass sie 2009 zu Unrecht für zwei Jahre wegen erhöhter Blutwerte suspendiert wurde. Die Eisschnellläuferin verlangte vom Weltverband in einer Stellungnahme, „mir erneut den Prozess zu machen oder einzugestehen, dass er im Juni 2009 mit mir eine Unschuldige gesperrt hat.“ Sollte sich die ISU bis Ende Juli nicht erklären, zieht die 39-Jährige eine Selbstanzeige in Betracht.
Die fünfmalige Olympiasiegerin ist davon überzeugt, dass sie mit eigenen Messungen bei der Einzelstrecken-WM in Inzell im März nachgewiesen hat, dass ihre Retikulozyten-Werte durchgehend erhöht seien und auf eine Blutanomalie zurückzuführen seien. Daher könnten sie keinen Hinweis auf Doping liefern. Ihr Retikulozyten-Wert lag bei den eigenen Kontrollen am Schlusstag der WM bei 3,7 und 3,8 Prozent und damit höher als der Wert (3,4 Prozent), der zu ihrer Sperre geführt hatte. Schwierig machte den Fall, dass Verband und Pechstein zum Teil mit unterschiedlichen Messgeräten ermitteln.
Pechstein hatte daraufhin einen Test durch den Eislauf-Weltverband ISU durchführen lassen, warte aber seit drei Monaten auf eine Antwort. Pechstein war wegen erhöhter Retikulozyten-Werte bei der WM 2009 in Hamar für zwei Jahre gesperrt worden, ohne dass es einen positiven Dopingbefund gegeben hatte. Am 8. Februar 2011 war die Sperre abgelaufen.
Olympische Sommerspiele 2012 in London sind das Ziel
Ungeachtet dessen will Pechstein auch aufs Rad steigen und bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London auf der Bahn an den Start gehen. Bereits bei der Bahn-DM vom 6. bis 10. Juli will sie starten und hat sich dafür dem Klub des Berliner Trainers Werner Otto angeschlossen. „Sie kann es schaffen, auch wenn die Anforderungen sehr hoch sind“, sagte Otto, der viele Jahre Olympiasieger und Weltmeister betreute.
„Ich habe doch nichts zu verlieren“, sagte Pechstein zu ihrem Neueinstieg. Zudem sei der Ausflug auf die zwei Räder eine gute Vorbereitung auf die Eissaison – und auch da hat sich die „Sport-Seniorin“ viel vorgenommen. In der neuen Saison möchte sie im Weltcup über 1000 m an den Start gehen. Ein völliges Neuland für die Langstrecken-Spezialistin, die ihre großen Erfolge über 3000 und 5000 m feierte.
Osaka-Bestimmung könnte greifen
Vordergründiges Ziel des Quereinstiegs auf die Radbahn dürfte aber sein, dass sie mit einer möglichen Qualifikation für Olympia das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit ihrem Fall beschäftigen kann. Dann soll die sogenannte Osaka-Regel zum Thema werden. Laut Osaka-Bestimmung darf ein wegen Dopings gesperrter Athlet an den zwei folgenden Olympischen Spielen nach Ablauf seiner Sperre nicht starten. Das wären bei Pechstein die Spiele 2012 in London und 2014 in Sotchi. Ihr Manager Grengel erklärte, dass man dem IOC die neuen Ergebnisse präsentieren und auf eine Neubewertung des Falles hoffen werde.
Wenig Verständnis zeigte Pechstein für Vorbehalte, die bei Bahnrad-Bundestrainer Detlef Uibel äußerte. „Wenn man mich noch nicht mit dem Rad auf der Bahn gesehen hat, sollte man vorsichtig mit solchen Äußerungen sein. Meisterin in meiner Altersklasse bin ich schon, da es wohl keine weitere Teilnehmerin mit 39 Jahren gibt“, scherzte Pechstein und gab sich – wieder einmal – betont kämpferisch. (sid)