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Die Wuppertaler Schwebebahn wird 120 Jahre alt

Die Wuppertaler Schwebebahn wird 120 Jahre alt

Waggons der Schwebebahn hängen in einer Wagenhalle im Stadtteil Vohwinkel.
Waggons der Schwebebahn hängen in einer Wagenhalle im Stadtteil Vohwinkel. Foto: dpa
Zuckerfabrikant Eugen Langen entwickelte das System der Schwebebahn. Der Betriebsstart erfolgte vor 120 Jahren in Wuppertal und Dresden.

Wuppertal/Köln. 

Am Jubiläumstag bleiben die Bahnsteige leer. Vor 120 Jahren, am 1. März 1901, ist die Wuppertaler Schwebebahn in Betrieb genommen worden.

Von einem sehr großen Andrang für die ersten Fahrten auf der damaligen Teilstrecke ist in den Überlieferungen die Rede. Die Schwebebahn wurde schnell das Rückgrat des Nahverkehrs in dem dicht bebauten Tal. Normalerweise wird sie heutzutage täglich von mehr als 80.000 Menschen genutzt. Seit August gleicht sie aber einer Großbaustelle. Personen werden nur an Wochenenden befördert. Der Regelbetrieb soll nach einem Jahr Pause im Sommer wieder starten.

Hängebahn als Transportmittel für Zuckerrüben

Die Wiege der Wuppertaler Schwebebahn stand etwa 50 Kilometer entfernt in Köln. „Die Zuckerindustrie ist der Ursprung“, sagt Hermann Langen, ein Ur-Großneffe des Schwebebahn-Erfinders Eugen Langen (1833-1895). Hängebahnen dienten damals in Betrieben als Transportmittel. „Langen wurde zu seiner Erfindung angeregt durch solche Konstruktionen in seinen Zuckerfabriken. Sein Verdienst ist die Übertragung des Systems auf die Personenbeförderung“, erklärt Professor Walter Buschmann, Ex-Lehrbeauftragter der RWTH Aachen.

In Köln entstand mit Domblick eine Versuchsstrecke für das System mit freischwebend aufgehängten Personenwagen. Der Zuckerfabrikant und Ingenieur Langen erhielt 1895 das Patent Nr. 83047, suchte nach Partnern im Maschinen- und Waggonbau. „Ich hab‘ das Ding Schwebebahn genannt“, schrieb Langen an Wilhelm von Siemens, wie der Förderverein Historische Schwebebahn Wuppertal berichtet. In den Metropolen war die wachsende Mobilität der Menschen ein großes Problem. So baute Konkurrent Siemens & Halske ab 1896 in Berlin eine Hochbahn-Strecke.

Für die Industriestädte Barmen und Elberfeld, die erst Jahrzehnte später zu Wuppertal verschmolzen, bot die Schwebebahn Vorteile: Eine relativ luftige Metallkonstruktion, eine schnellere Kurvenfahrt und für Hochwasser ausreichende Stützen an den Ufern der Wupper, zählt Buschmann auf. Ab 1898 setzte ein Privatunternehmen das Projekt um. Die komplette Strecke über 13 Kilometer war 1903 fertig. Das kostete 16 Millionen Goldmark. Fast 20.000 Tonnen Eisen wurden verbaut. Gut 470 Metallstützen tragen den Fahrweg in acht bis zwölf Meter Höhe.

Als der Elefant Tuffi in die Wupper fiel

Zu einem der prominentesten Fahrgäste ist durch ihren spektakulären Sturz in die Wupper Tuffi geworden. Die junge Elefantenkuh wurde bei einer normalen Linienfahrt am 21. Juli 1950 zu Werbezwecken für einen Zirkus an Bord geführt. Während der Fahrt geriet das vier Jahre alte Tier in Panik, durchbrach die Außenwand und fiel in die Tiefe. Sie landete weitgehend unverletzt auf dem Hinterteil in einem Schlammloch der Wupper. Daran erinnert eine Skulptur im Fluss. Tuffi hat ein Denkmal in der Fußgängerzone und ist Namensgeberin für Milchprodukte.

Im vergangenen Jahr häuften sich die technischen Probleme. Die Räder nutzten sich schneller als gedacht ab, Schäden an den Schienen traten zu Tage. Die Wuppertaler Stadtwerke zogen aus Sicherheitsgründen die Notbremse und stellten den Regelbetrieb für längere Zeit ein. Dabei war die 15. Zug-Generation ab Ende 2016 mit hohen Erwartungen in den Dienst gestellt worden. So wird wie bei U-Bahnen Energie beim Bremsen zurückgewonnen. Die Aufgabenliste ist lang: Montagemängel beseitigen, Radverschleiß reduzieren, Ersatzteile sichern, Werkstatt ausbauen.

Großer Tourismuseffekt

Schon vorher ist die elektrische Schwebebahn umfangreich modernisiert worden. „Die Zahl der Reparaturen ging ins Gigantische“, schildert Buchautor Michael Malicke die Situation Anfang der 1990er Jahre. Eisenträger wurden durch stabilere Nachfolger ersetzt – aber mit den charakteristischen Nieten. Das Erscheinungsbild der Bahnhöfe hat sich dagegen größtenteils geändert. „Der Tourismuseffekt ist hoch“, sagt Malicke und beschreibt die Wirkung vor den Corona-Beschränkungen: „Viele Touristen nutzen die Fahrt mit der Schwebebahn, um den Wuppertaler Zoo oder das Tanztheater Pina Bausch zu besuchen.“

Große Folgeprojekte nach dem Betriebsstart an der Wupper kamen nicht zustande. Nach dem System Langen ging am 6. Mai 1901 in Dresden eine Bergbahn in Betrieb. In dicht bebauten Straßen stand wenig Raum zur Verfügung und U-Bahn-Projekte rückten schon in der Anfangszeit der Schwebebahn in einigen Metropolen in den Fokus. In der Sonderfahrt von Kaiser Wilhelm II. wenige Monate vor dem Betriebsstart sieht Malicke zwar einen PR-Erfolg. Ein Schwebebahn-Projekt für Berlin scheiterte damals aber trotzdem. Der sogenannte Kaiserwagen aus der Anfangszeit wird derzeit renoviert und auf 750 Volt umgerüstet. (dpa)