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Seekrankheit – wenn die Ohren den Füßen einen Streich spielen

Seekrankheit ist ganz normal

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Foto: Imago
Es müss eigentlich ‚Seenormalität‘ heißen, erläutert Flottenarzt van Laak. Eine normale Körperreaktion auf die Verhältnisse an Bord. Es kommt zum Datensalat im Kopf – ähnlich wie beim Kirmesbesucher, dem die Achterbahn Nicht bekommt.

Kronshagen. 

Sie kann einem die Kreuzfahrt oder den Segeltörn verderben: Die Seekrankheit beginnt mit Blässe im Gesicht und kaltem Schweiß, über Übelkeit steigert sie sich bis hin zu Würgereiz und Erbrechen. Medikamente können helfen und alternative Therapien.

Wem in Raupen und Karussells schlecht wird

„Eigentlich müsste es nicht ‚Seekrankheit‘ heißen, sondern ‚Seenormalität'“, sagt Ulrich van Laak, Flottenarzt im Schifffahrtsmedizinischen Institut der Marine in Kronshagen bei Kiel. Die Seekrankheit resultiere aus einer eigentlich ganz normalen Reaktion des Körpers auf die Verhältnisse an Bord: „Der Mensch besitzt zwei Gleichgewichtsorgane in den Ohren, aber auch Sensoren, die über den ganzen Körper verteilt sind.

Kommt nun aus den Füßen die Meldung: ‚Du stehst auf festem Boden‘, während die Organe in den Ohren gleichzeitig eine Bewegung registrieren, entsteht im Kopf Datensalat“, erläutert van Laak. Das Zentralnervensystem lerne sehr schnell, dass es die eingehenden Informationen nun anders verarbeiten müsse. Das sei bei den meisten Menschen so.

Doch gehöre ich dazu? Wer noch nie eine Schiffsreise unternommen hat, könne zur Einschätzung den letzten Besuch auf dem Jahrmarkt heranziehen, rät der Experte: „Die Leute, denen in Raupen und Karussells übel wird, sind auch diejenigen, die schnell unter Seekrankheit leiden.“

Kein Medikament gegen Seekrankheit

Paradoxerweise gibt es van Laak zufolge zwar kein einziges Medikament, das nur für diesen Zweck erfunden wurde, wirksam seien einige aber dennoch. Das gelte vor allem für sogenannte Antihistaminika, die eigentlich gegen Allergien zum Einsatz kommen. Van Laak empfiehlt solche mit dem Wirkstoff Dimenhydrinat. „Antihistaminika haben allerdings den Nachteil, dass sie müde machen.

Wer etwa an Bord eines Segelschiffes richtig arbeiten muss, kann diese Medikamente nicht nehmen“, sagt der Arzt. Weniger Nebenwirkungen hätten Tabletten mit dem eigentlich durchblutungsfördernden Wirkstoff Cinnarizin, die allerdings nur noch im Ausland erhältlich seien. „In Deutschland sind diese Medikamente vom Markt verschwunden, weil sie für ihren eigentlichen Zweck nicht mehr gebraucht werden.“ Das Problem bei allen Medikamenten sei aber, dass sie nicht bei allen Menschen gleich gut wirken, sagt van Laak.

Zu den Medikamenten gibt es nach Worten des Experten alternative Methoden: „Bei manchen Menschen wirkt zum Beispiel frischer Ingwer, von dem sie täglich etwa ein bis vier Gramm einnehmen.“ Auch das Tragen eines Akupressur-Armbands habe sich bei vielen Leuten bewährt. „Warum das wirkt, weiß man nicht. Aber wenn jemand sagt, dass ihm diese Methode hilft, werde ich ihm nicht widersprechen“, sagt van Laak.

Vitamin-C-Pulver hilft

Besondere Hoffnung legt das Schifffahrtsmedizinische Institut der Marine auf eine eigene Studie, bei der mit Vitamin C experimentiert wurde. „Wir haben festgestellt, dass täglich zwei bis vier Gramm Vitamin-C-Pulver ausgereicht haben, um bei zwei Drittel unserer Probanden die Symptome zumindest einzuschränken“, sagt van Laak.

Zwar seien die Ergebnisse noch nicht gesichert, aber sie deuteten darauf hin, dass sich Vitamin C vor allem zur Vorbeugung eigne. Daher empfiehlt er Schiffsreisenden, es mit dieser Methode zu versuchen, auch ohne abschließende Bewertung. „Wenn man Vitamin C überdosiert, kann man höchstens Durchfall kriegen. Mehr nicht“, sagt der Arzt.

Bedenken sollte man vor einem Urlaub die Art und Größe des Schiffs, rät van Laak. Ein Kreuzfahrt-Luxusliner sei meist so gut austariert, dass die wenigsten Reisenden Beeinträchtigungen fürchten müssten. „Bei einer Zehn-Meter-Segelyacht muss man hingegen annehmen, was die See einem zu bieten hat.“ An Bord empfiehlt er leichte Kost und Alkoholverzicht. Außerdem meide man am besten Gerüche, die man nicht mag. (dapd)