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Schweiz für Feinschmecker: Von Bündnerfleisch bis Läckerli

Schweiz für Feinschmecker: Von Bündnerfleisch bis Läckerli

Hat lange Tradition: das Schweizer Raclette. Foto: Puzzle Media/Saastal Tourismus AG/dpa
Hat lange Tradition: das Schweizer Raclette. Foto: Puzzle Media/Saastal Tourismus AG/dpa
Käse-Fondue, Bündnerfleisch und Schokolade sind Klassiker unter den Schweizer Spezialitäten. Aber es gibt noch viel mehr – doch nicht alle Köstlichkeiten des kulinarischen Erbes sind jedermanns Sache.

Bern. 

Pferde mag wohl jeder. Aber auf dem Teller? In den romanischen Kantonen der Schweiz wird noch relativ viel Pferdefleisch gegessen. In der französischsprachigen Westschweiz und im italienischsprachigen Tessin taucht es sogar in Restaurants und Supermärkten auf.

Der „Verein Kulinarisches Erbe der Schweiz“ hatte Pferdefleisch in eine Liste mit rund 400 Produkten aufgenommen, welche regional und national mit den traditionellen Essgewohnheiten verwurzelt sind.

Ungewohnte Aufmerksamkeit für ein Produkt, das in Kochbüchern meist totgeschwiegen und in der Öffentlichkeit oft tabuisiert wird. Aber warum eigentlich? Lämmer, Kälbchen, Zicklein sind schließlich auch süß – und trotzdem verspeisen die Menschen sie.

Pferdefleisch ist ein Nischenprodukt

Pferdefleisch gilt als hochwertig, fettarm und reich an Eisen. Laien können Filets kaum von Rindfleisch unterscheiden. Weil Pferdefleisch billiger ist, war es in der Schweiz bis 1995 verboten, beides in den selben Räumen zu verkaufen. Pferdemetzgereien wurden als „Rossmetzg“ deklariert. Neue Auszeichnungspflichten machten die Trennung obsolet.

Die Zahl der klassischen Pferdemetzgereien geht nicht nur deshalb seit Jahren kontinuierlich zurück, erklärt Erich Jörg vom Tessiner Metzgerverband. 2018 gab es noch rund 50 Pferdemetzgereien im Land. „Generell ist der Verzehr von Pferdefleisch stark rückläufig.“

Pferdefleisch sei ohnehin ein Nischenprodukt. Die Schweizer verzehren pro Kopf insgesamt rund 50 Kilogramm Fleisch pro Jahr, davon aber nur 450 Gramm Pferdefleisch. Und das werde überwiegend importiert.

Vielleicht hat der Verein gerade deshalb Ende 2019 das Pferdefleisch auf die Liste des „Kulinarischen Erbes der Schweiz“ gesetzt, weil es so langsam aus dem Alltag der Eidgenossen verschwindet. Feinschmecker erfahren in dieser Übersicht alles über Schweizer Produkte und aus welchen Kantonen sie stammen. Dazu eine kleine Auswahl.

Graubünden: Bündnerfleisch und Nusstorte

Eine berühmte Spezialität der Schweiz ist das luftgetrocknete Bündnerfleisch. Das meist rechteckige Fleischstück ist fest, tiefrot, sehr fettarm und reich an Proteinen. Je nach Pökelmenge schmeckt es mehr oder weniger salzig. In Graubünden wird es oft als Vorspeise serviert.

Die Bündner Nusstorte ist laut Verein das kulinarische Aushängeschild des Kantons Graubünden. Die Mürbeteigtorte mit der Nussfüllung haben schon tausende Urlauber in der Ostschweiz verputzt oder als Souvenir mit nach Hause genommen. Im Engadin rund um St. Moritz nennen die Einheimischen die Torte auf Rätoromanisch auch „Turta da nuschs“.

Tessin: Nocino-Likör und Gazzosa

Der Nocino kam über Italien aus Frankreich, wo er Ratafià heißt, ins Tessin. Der Likör aus grünen Nüssen und Grappa wurde anfangs nur in Klöstern produziert. Das älteste Tessiner Rezept geht wohl aufs Jahr 1535 zurück – es stammt aus dem Kloster Santa Maria dei Frati Cappuccini, das zwischen Luganer See und Lago Maggiore liegt.

Der Magenbitter wird im Tessin nicht nur als Digestif genutzt, sondern auch gern für den sogenannten Caffè corretto in den Espresso gegossen. Zudem verfeinert Nocino auch Nuss- und Vanilleeis-Desserts.

Gazzosa – eine Art Limonade – besteht aus gezuckertem Wasser, das mit Kohlensäure versetzt und mit Fruchtessenzen aromatisiert wird. Die Menschen im Tessin, das bis vor wenigen Jahrzehnten das Armenhaus der Schweiz war, tranken die prickelnde Brause nur, wenn es etwas zu feiern gab. Deshalb wurde die Gazzosa im Tessin auch „Champagne dei poveri“ genannt – also „Champagner der Armen“.

Wallis: Raclette-Käse und Safran

Fast so berühmt wie das Schweizer Käse-Fondue ist Raclette. Ein besonderer Raclette-Käse kommt von den Almen des Wallis. Traditionell klemmt man große Stücke eines Käselaibes in eine Halterung, dann erhitzt man den Anschnitt und kratzt mit den warmen, weichen Käse mit einem Schaber ab.

Käse aus dem Bergkanton haben schon viele gegessen, Safran aus dem Wallis aber wohl die wenigsten. Im Ort Mund befindet sich die einzige Safran-Produktion der Schweiz. Der Jahresertrag des edlen Gewürzes beläuft sich auf nur rund zwei Kilogramm. Verwendet wird der Munder Safran vor allem für Risotto und Soßen sowie für Nachspeisen.

Basel: Läckerli und Hypokras

Läckerli – was nach Hundefutter klingt, ist in Wirklichkeit ein vierereckiges, hartes Lebkuchenbrot mit fein gehakten Mandeln, Haselnüssen und Schalen von Zitrusfrüchten sowie einem Zuckerguss. In Basel war es ursprünglich ein Weihnachts- und Neujahrsgebäck. Mittlerweile backen es Bäcker nicht nur in der Grenzstadt ganzjährig.

Nur zur Weihnachtszeit genießen die Basler ihren Hypokras. Der gesüßte Rotwein mit Zimt, Nelken, Muskatnuss und Kardamom ist ihre Version des Glühweins. Ursprünglich als Medizin gedacht, wurde er im Mittelalter an Fürstenhöfen offenbar wegen seiner belebenden Wirkung geschätzt – noch heute ist sie auf Weihnachtsmärkten zu beobachten.

Laut Verein beklagte Walther Hermann Ryff 1544 in seiner Abhandlung zur Hausapotheke, dass „der Hypokras, der die müden Lebensgeister wiederbelebe und der Verdauung zuträglich sei, immer mehr der Wollust und dem Überfluss diene anstatt der Gesundheit.“

Aargau: Birchermüsli

Das Müsli aus Haferflocken, Zitronensaft, Kondensmilch, geriebenen Äpfeln, Haselnüssen oder Mandeln gibt es mittlerweile weltweit. Erfunden hat das nahrhafte Frühstück der Arzt Maximilian Oskar Bircher-Brenner um das Jahr 1900 in der Stadt Aarau.

St. Gallen: Olma-Bratwurst

Die St. Galler Bratwurst gilt als die Grillwurst der Nation. Erste Aufzeichnungen gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Oft taucht auch der Name Olma-Wurst auf – er leitet sich von der Ostschweizerischen Land- und Milchwirtschaftlichen Ausstellung (Olma) ab. Ostschweizer essen die Olma-Wurst ohne Senf, um das Fleischaroma nicht zu überlagern. Sie besteht aus Kalb- und Schweinefleisch.

Zürich: Zürcher Geschnetzeltes

Wie das Schweizer Fondue ist auch das Zürcher Geschnetzelte ein Welterfolg. In der Liste des Schweizer Kulinarik-Vereins taucht es nicht auf – vermutlich weil es ein Rezept und kein einzelnes Produkt ist. Für Schweiz-Fans gehört die Rahmsoße mit Kalbfleisch – manchmal auch mit Kalbsnieren und Champignons – auf Rösti aber zweifellos zum „kulinarischen Erbe der Schweiz“. (dpa)