Fünf Michelin-Sterne innerhalb weniger Quadratkilometer. Uli Hoeneß weiß schon sehr genau, warum er sich am Tegernsee so gut aufgehoben fühlt. Christian Jürgens ist ein Besitzer dieser begeherten Sterne und lädt einmal im Jahr Hobbyköche zum Probekochen in sein Restaurant ein.
Tegernsee.
Kochen mit einem Könner – das steht an diesem recht trüben Januartag am Tegernsee auf dem Programm. Kochen kann Christian Jürgens – und wie! Er ist nicht nur Bayerns bester Koch. Gerade kam seitens des „Gault Millau“ der Ritterschlag. Der Restaurant-Guide hat ihn im November zum „Koch des Jahres 2013“ gewählt. Was einen da erwarten mag? Viel Firlefanz? Was wird wohl zubereitet? Ein Hauch von nichts, dreimal aufgeschäumt?
Die Gruppe, zehn Leute, mehr Frauen denn Männer, zwischen 35 und 60, guckt sich etwas unsicher um und an, und dann erwartungsvoll auf den Meister. Der kommt mit Karacho die Tür herein und gibt sofort die Taktzahl vor. „Wollen wir gleich mal loslegen. Also, damit das gleich klar ist: Wir haben alles vorbereitet. Kochen tut ihr.“ Gekocht wird am Ende bayerischer Gockel mit Salsiccia auf Salz gegart und Weißkraut-Risotto. Und es schmeckt sensationell. Zart und sehr aromatisch.
Der „Koch des Jahres 2013“ hat sein Lokal direkt am Tegernsee
Jürgens lädt regelmäßig Hobbyköche in seine Kochschule ein – einen gläsernen Pavillon auf dem Gelände des Seehotels „Überfahrt“, wo der 44-Jährige seit 2008 arbeitet. Beim Blick aus dem Fenster kann Jürgens, der aus dem Ruhrgebiet stammt, Bilderbuchbayern wie auf einer Fototapete sehen: Tegernsee, Wallberg und den traditionellen Ortskern. Hobbyköche können bei der Gelegenheit mit dem Meister für zwei, drei Stunden über Aromen, Zutaten und Technik fachsimpeln. Was am Ende dabei herauskommt, hat zwar nicht unbedingt zwei „Guide Michelin“-Sterne und 19 von 20 Punkten im „Gault Millau“, wie das, was sonst so vom Starkoch in der „Überfahrt“ als Gesamtkunstwerk auf dem Teller kreiert wird, aber ein Genuss ist es unter Anweisung des Meisterkochs allemal.
Und Gutes scheint Gutes anzulocken: Im Umkreis von 25 Kilometern gibt es hier die höchste Spitzengastronomie-Dichte in ganz Bayern. Mit Köchen wie Christian Jürgens, Michael Fell („Egerner Höfe“ in Rottach-Egern), Alois Neuschmid (Restaurant „Lois“ in Rottach-Egern) und Erich Schwingshackl („Schwingshackl Esskultur“ in Tegernsee) funkeln gleich fünf Michelin-Sterne über dem See – mehr als irgendwo sonst in Deutschland. Gleichzeitig findet sich bodenständige, alpenländische Hausmannskost mit unkomplizierter Gastlichkeit.
Erholung auf 815 Meter Höhe: „Freihaus Brenner“
Wie im „Freihaus Brenner“ in Bad Wiessee: Das ehemalige lehensfreie Anwesen des Klosters Tegernsee steht bereits seit 1870 Erholungsuchenden offen. In 815 Meter Höhe wunderschön oberhalb des Kurortes Bad Wiessee gelegen, genießt man dort den weiten Blick über den Tegernsee.
Wem nach einer Wanderung der Magen knurrt, der bekommt bei Chefin Christine Brenner Feines aus der Region, modern interpretiert, auf den Teller und anschließend noch den ein oder anderen Wandertipp. Auch für die Deko ist die Hausherrin zuständig. Weil sie das liebevoll macht, ist das Haus ein wahres Schmuckstück.
Urbayerisch und geschichtsträchtig
Etwas lauter und zünftiger geht’s unten im Ort Tegernsee zu, am Schlossplatz, denn dort steht seit 335 Jahren das Bräustüberl – das älteste Wirtshaus in der Region. Die Gaststätte entstand aus einer 1675 gegründeten Klosterbrauerei, die Herbergsgäste und Untertanen bewirtete. Herzog Karl Theodor gab dem ehemaligen Kloster den Namen „Herzogliches Bräustüberl Tegernsee“, den es seitdem trägt.
Schon vor 300 Jahren kultivierten Benediktinermönche am Ostufer des Tegernsees den Umgang mit Hopfen und Malz. Während der Regierungszeit von König Max I. Joseph (1756-1825) trafen Einheimische auf europäischen Hochadel; es folgten Sommerfrischler und Künstler, Schöne und Reiche. Bis heute ist das urbayerische Gasthaus eine der bekanntesten Adressen Oberbayerns. „Wer dort nicht eine Maß – oder mehr – getrunken hat, der hat noch nicht einmal die niederen Weihen als Kenner bairischer Lebensart empfangen“, schrieb einst der Dichter Eugen Roth. Unter den Gewölben, an blank gescheuerten Holztischen und inmitten des lauten Stimmengewirrs lassen es sich Tag für Tag 1.800 Gäste gut gehen. Tipp: Möglichst im „Großen Bräustüberl“ Platz nehmen, denn dort finden sich die bekannten Wandbilder – von den Engerln bis zum „Jemsenjäger“.
Ein Hochgenuss, selbst für Nachtschwärmer
Wer das Gegenprogramm sucht, Ruhe und nichts als Ruhe, muss die Niederungen des Bierkonsums verlassen. Und hochsteigen (oder -fahren): zum „Leeberghof“. Sensationell ist dort die Aussicht auf die Egerner Bucht und die umliegenden Berge. Dazu noch die sonnige Hanglage, eine Panoramaterrasse, drei gemütliche Stuben und 15 individuell eingerichtete Zimmer (mit bildhaften Namen wie „Ludwig Thoma“, „Jennerwein“ oder „Sissis Loge“): Hinter den traditionellen Mauern des Hofs – das Haus ist vor fast 150 Jahren erbaut – verbirgt sich ein liebevoll restauriertes Hotel mit zeitgemäßem Komfort.
Die Frühstücksmarmelade ist selbst gemacht, mittags empfiehlt Eigentümer Helmut Huber bayerische Schmankerl mit Kräutern aus eigenem Garten und schussfrisches Wild aus eigener Jagd; abends kocht Küchenchef Matthias Rödiger internationale Spezialitäten. Nachtschwärmer kommen bei einem Glas Champagner in der berühmten „Sassa-Bar“ auf ihre Kosten. Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, verlässt den Tegernsee nur allzu ungern. (dapd)
2013-01-23 10:11:50.0