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Junge Donau besticht mit Postkartenidylle und Naturphänomen

Junge Donau besticht mit Postkartenidylle und Naturphänomen

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Die Junge Donau fließt durch Baden-Württemberg und Bayern. Entlang des Flusses gibt es viel zu entdecken. Wir haben uns vor Ort umgeschaut.

Essen. 

Majestätisch ragen hohe Felsen rechts und links des Ufers empor. Fast lautlos gleitet das Paddel durchs Wasser, Fischreiher stehen im Kiesbett, kleine Prachtlibellen schwirren umher. Man mag kaum glauben, dass man auf einem der mächtigsten Flüsse Europas unterwegs ist. Hier, im Naturpark Obere Donau, herrscht Postkartenidylle. Natürliche Uferböschungen statt betonierter Kaimauern. Seichtes, hüfthohes Wasser statt einer starken Strömung. Und kleine, langsam dahingleitende Kanus statt großer Ausflugsdampfer.

Die sogenannte Junge Donau fließt durch Baden-Württemberg und Bayern – von den plätschernden Anfängen in Donaueschingen bis nach Passau, wo sie bereits zum stattlichen Fluss herangewachsen ist. Entdeckungspfade gibt es viele: Rad- und Wanderrouten im Donaubergland, Kanutouren durch das als „schwäbischer Grand Canyon“ bezeichnete Donautal, Quiztouren durch die Regionen.

Ein natürliches Phänomen

Spaziergänge sind auch dabei. Im Flussbett der Donau zum Beispiel. Rund 20 Kilometer von der Quelle entfernt gibt es ein Gebiet, in dem der noch junge Fluss an bis zu 150 Tagen im Jahr komplett trocken fallen kann. Am Rand des Örtchens Immendingen beginnt eine Tour entlang der Donau, die hier fast wie ein stehendes Gewässer anmutet. Durch natürliche Erdlöcher versickert das Wasser und fließt unterirdisch weiter. Folge: Das Flussbett bleibt über eine Strecke von rund 13 Kilometern trocken. Man läuft über Kieselsteine, vorbei an Bäumen, deren Wurzeln sonst bis ins Wasser reichen. Unwirklich fühlt es sich an, man dreht sich unweigerlich immer wieder um. Nur, um sicherzugehen, dass das Wasser nicht plötzlich wiederkommt.

Das Phänomen sei ganz natürlich und liege am porösen Gestein, erklärt Walter Knittel, Geschäftsführer der Donaubergland GmbH. Böse Zungen behaupteten allerdings etwas anderes, erzählt er augenzwinkernd: Ein geiziger Schwabe habe mal einen Pfennig verloren und nicht aufgehört, nach ihm zu graben. In der Folge sei die Donau verschwunden – vor Scham versunken vielleicht.

Sie scheinen Humor zu haben, diese Schwaben. Das zeigt auch ein Blick in die Wanderführer. „Donauwellen“ haben sie die Premiumwege der Region genannt. Und die Routen werden nicht nur in Kilometern angegeben, sondern auch in Kilokalorien – umgerechnet in die entsprechende Anzahl der Kuchenstücke, die man essen kann, wenn man die Wanderung absolviert hat.

Rückfahrt führt über eine Großbaustelle

Statt sich die Leckerbissen zu erwandern, kann man sie aber auch gleich selber backen. In Meßkirch-Langenhart zum Beispiel, auf dem Hof der Familie Brigel. Senior-Chefin Gertrud Brigel bietet hier Backkurse an: in wenigen Schritten zur perfekten Donauwelle. „Man muss wissen, was man tut“, sagt die Bäckerin und füllt die Zutaten in eine Rührschüssel. Gebacken werden zwei Teige, ein dunkler mit Kakao und ein heller. Kirschen in der Mitte sorgen für die charakteristischen Wellen. Zum Schluss Sahne und Kuvertüre – fertig.

Die Rückfahrt vom Brigel-Hof führt über eine Großbaustelle. Und man mag es nicht denken, aber dieses städtebauliche Großprojekt schaut man sich tatsächlich gerne an. In einem Waldstück bei Meßkirch bauen Historien-Pioniere ein mittelalterliches Kloster. Samt Siedlung. Und das ausschließlich mit Mitteln des 9. Jahrhunderts. Das heißt: Ochsen statt Bagger, Muskelkraft statt Gabelstapler. Die fest angestellten und freiwilligen Helfer sind in bodenlange Leinenkleider gehüllt. In der Töpferei ist der Boden so feucht, dass der Matsch am Saum hochkriecht. Das prasselnde Feuer des Korbmachers nebenan hinterlässt einen rauchigen Geruch in der Luft.

Seit drei Jahren sind Töpfer, Korbmacher, Tischler und andere Arbeiter am Werk. Und es wird noch einige Jahre dauern, bis Besucher die ersten Mauern des Klosters sehen können. „Das macht aber nichts“, sagt Erik Reuter, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projektes. „Der Weg ist das Ziel. Wir wollen kein fertiges Bauwerk präsentieren, sondern zeigen, wie es entsteht.“

Kernkraftwerk lässt sich nicht verstecken

Immerhin 48.000 Besucher hatte „Campus Galli“ im vergangenen Jahr. Tendenz steigend. Rund 50 Gebäude sollen auf dem Areal entstehen, der Bau wird frühestens in 40 Jahren abgeschlossen sein. Das glaubt man gerne, wenn man auf den Rohbau der Kirche schaut. Bis hier ein Kloster steht, mit dicken Mauern und hohen Türmen, wird noch viel Wasser die Junge Donau hinabfließen.

Das Kloster Beuron, einige Kilometer entfernt, dürfte auch nicht an einem Wochenende erbaut worden sein. Die stattlichen Mauern liegen mitten im Donautal. Drumherum: viel Grün und viel Ruhe, die besonders genießen kann, wer eine Übernachtung im Kloster bucht. Die Mönche bieten Zimmer für Pilger und Urlauber an. In den nicht üppig, aber vollkommen ausreichend eingerichteten Zimmern findet man Kraft und Erholung, soll zu sich selbst finden.

Gut ausgeruht geht es weiter über die Landesgrenze nach Bayern. Touristische Anziehungspunkte gibt es hier bekanntlich viele. Da dürfte es eine Region mit einem Kernkraftwerk in der Nachbarschaft besonders schwer haben, Gäste zu locken. Schließlich sind die Kühltürme des Kraftwerkes Grundremmingen weithin sichtbar. „Es lässt sich nun mal nicht verstecken“, sagt Lothar Kempfle vom Verein Donautal-Aktiv. Die Tourismus-Förderer treten deshalb die Flucht nach vorn an und binden das Kernkraftwerk aktiv in ihre Angebote ein. Bei einer Radtour sollen Besucher alles zum Thema Energiewende erfahren. Und zwar multimedial. Dafür gibt es eine Handy-App, die nicht nur Informationen liefert zu Wasser-, Wind- und Solarenergie, sondern auch noch mit einem eigenen Quiz daher kommt. Ein Wissens-Duell auf zwei Rädern für Familien und Freundesgruppen.

Thermalquellen in Bad Abbach

Vom energetischen Hotspot im Donautal geht es weiter gen Süden. Zu den Thermalquellen im Örtchen Bad Abbach vor den Toren Regensburgs. Ein Hauch fauler Eier liegt in der Luft des Kurparks. Und der zieht besonders gesundheitsbewusste Besucher an. Das schwefelhaltige Wasser, das hier an die Oberfläche tritt, soll Gelenk- und Atembeschwerden lindern. „Kein Trinkwasser“ steht auf einem Schild, doch die Leute kommen trotzdem mit eigenen Gläsern her, um sich ihre tägliche Dosis abzuholen.

Gutes tun kann man seinem Körper aber auch anders: Mit einem glucksenden Blubbern fließt die fast schwarze Flüssigkeit aus dem Hahn in die Wanne. Wärme steigt auf. Und sie kriecht langsam, aber stetig in den Körper. Auch die Moorbäder in der Abbacher Kaiser-Therme sollen gut für die Gelenke sein. Sie sollen Schmerzen lindern und den Kreislauf in Schwung bringen. In Kombination mit einer anschließenden Massage ist das vor allem eines: genau das Richtige nach einer mehrtägigen Tour entlang der Jungen Donau.