Jasmin Taylor: Vom Flüchtling zur glamourösen Erfolgsfrau
Der Veranstalter JT Touristik dürfte vielen bekannt sein. Doch dass die Firmenchefin einst aus dem Iran flüchtete, weiß nicht jeder. Ein Interview.
Berlin.
Sie kam mit 17 Jahren als junge Frau aus dem Iran geflüchtet, heute leitet sie eines der erfolgreichsten mittelständischen Reiseunternehmen in Deutschland: Jasmin Taylor hat binnen kurzer Zeit den Reiseveranstalter JT Touristik zu einer festen Größe innerhalb der Tourismusbranche entwickelt.
Mit starkem Willen, viel Leidenschaft und einem professionellen Selbst-Vermarktungskonzept stiehlt sie den etablierten Reisekonzernen nicht nur die Show, sondern auch einen Teil des Geschäfts. Ein Gespräch über die Lust auf Luxus, das Leben in Kriegszeiten und die Farbe Pink.
Frau Taylor, das Thema Flüchtlinge ist in aller Munde. Da kommen auch bei Ihnen Erinnerungen hoch.
Jasmin Taylor: Natürlich, die aktuelle Situation berührt mich sehr. Ich kann das alles sehr gut nachempfinden, schließlich musste ich als 17-jährige Frau aus dem Iran vor dem Krieg fliehen. Ohne meine Eltern und ohne Sprachkenntnisse kam ich nach Deutschland. Ich habe schnell erkannt, dass der Schlüssel zur Integration über Bildung und Sprache funktioniert. Ich konnte meinen Lehrer überzeugen, mich als Gastschülerin aufzunehmen und brachte mir selbst Deutsch bei. So absolvierte ich schließlich erfolgreich das Abitur. Danach studierte ich in den USA Management und Psychologie.
Und schließlich entdeckten Sie die Reise-Welt für Ihre Geschäftsidee. Wie kam es dazu?
Taylor: Ich wollte mich im Zuge der New Economy mit einem Online-Unternehmen selbstständig machen. Alles, was ich dazu brauchte, waren ein Gewerbeschein und ein PC. Damals waren drei Optionen für den Vertrieb im Internet sehr erfolgversprechend: CDs, Bücher und Reisen. Ich habe mich für das Letztere entschieden und gründete ein Reiseportal. Ende 2008 wollte ich Reisen selbst veranstalten und startete mit dem Veranstalter JT Touristik meine Firma mit Sitz in Berlin.
Nicht alles dürfte allerdings auf Anhieb funktioniert haben.
Taylor: Rückschläge gab es natürlich immer wieder. Als Frau und als Ausländerin ist man prinzipiell Vorurteilen ausgesetzt und muss sich umso mehr beweisen. Ich habe immer versucht, Rückschläge als Herausforderung zu betrachten, aufzustehen und weiterzumachen.
Wie ergeht es Ihnen eigentlich als Frau in der Touristik? Sie haben geschäftlich ja auch viel mit Märkten und Männern im Orient und Ägypten zu tun.
Taylor: Als Frau wird man oftmals nicht so ernst genommen wie Männer. Häufig sprachen Geschäftspartner in meiner Anwesenheit in erster Linie mit meinen männlichen Mitarbeitern, obwohl ich das Unternehmen führe.
Und Ihre Antwort auf ein solches Verhalten sieht dann wie aus?
Taylor: Ich bin immer top vorbereitet und beweise, dass mein fachlicher Sachverstand die Länge meines Rocks deutlich übertrifft. Entsprechend schnell legen die Männer mir gegenüber auch eine andere Verhaltensweise an den Tag.
Sie selbst haben es mit Ihrer Person zu einer gewissen Prominenz geschafft. Ihr Name ist nicht nur Firmenname Ihres Reiseunternehmens, Sie sind auch regelmäßiger Gast auf dem roten Teppich oder in Filmbeiträgen der großen Boulevardformate. Eine bewusste Entscheidung?
Taylor: Ja, absolut. Die Person als Marke hat meiner Meinung nach eigentlich nur Vorteile. Kaum ein Reiseunternehmen nutzt diese Strategie. Wir arbeiten in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld. Wie kann man sich also besser abheben, als dem Unternehmen ein „Gesicht“ zu geben? Diese Möglichkeit haben die anonymen Reisekonzerne nicht.
Ihre Auftritte sind stets perfekt geplant. Kein Foto, kein Filmbeitrag über Sie, in dem Ihre Firmenfarbe Pink nicht eine große Rolle einnimmt. Warum haben Sie sich für Pink entschieden?
Taylor: Mit Pink verfolgen wir eine klare Strategie: Eine weibliche Marke zu etablieren, die die Damenwelt anspricht, da Frauen bekanntlich mehrheitlich die Reise-Entscheidungen treffen. Natürlich trage ich die Farbe gerne auch selbst. Pink ist frisch, modern und feminin.
Sie organisieren in Ihrer Berliner Villa und anderswo regelmäßig Partys und Events für die Stars und Sternchen. Lohnt sich dieser finanzielle Aufwand?
Taylor: Ja, denn das bringt Aufmerksamkeit und zusätzliches Vertrauen. Menschen entscheiden sich gerne für eine Marke, die sie in Zusammenhang mit bekannten Persönlichkeiten und Sympathieträgern bringen. Wir freuen uns, dass die Zahl unserer Kunden – auch in den Reihen der VIPs – jährlich zunimmt und unsere zufriedenen Gäste tolle Markenbotschafter geworden sind.
Sie engagieren sich privat für junge Flüchtlingsfrauen mit einem eigenen Hilfsprojekt. Gleichzeitig genießen Sie Ihr Luxusleben und Ihren eigenen Konsum in vollen Zügen. Ihr Kleiderschrank ist üppig bestückt mit teuren Handtaschen und Designerkleidern. Für Sie kein Widerspruch?
Taylor: Ich finde es überhaupt nicht verwerflich, im Hier und Jetzt zu leben und den Moment zu genießen. Ich habe eine Zeit durchlebt, als meine Familie und ich während des Iran-Kriegs jeden Tag mit dem Tod konfrontiert waren. Wir hatten über Jahre Todesangst, wussten nie, ob wir abends wieder lebendig nach Hause kommen würden. Daher lebe ich heute mein Leben so wie ich es für richtig halte. Bei vielen Deutschen habe ich das Gefühl, dass sie insgeheim der Meinung sind, dass sie niemals sterben werden. Zumindest verhalten sie sich oft so. Aber dem ist nun mal nicht so. Und das letzte Hemd hat keine Tasche.
Mit JT Touristik haben Sie Ihr Unternehmen in kurzer Zeit zu einer festen Größe gemacht, besonders bei Dubai-Angeboten macht Ihnen kaum ein Wettbewerber mehr etwas vor. Wohin soll die Reise noch gehen?
Taylor: Wir bauen das Angebot in unseren derzeit 150 Destinationen laufend aus. Wenn es um Zahlen geht: Innerhalb der kommenden drei bis fünf Jahre planen wir, die Umsatzmarke von 500 Millionen Euro zu knacken.