Die alte „Reichsfreiheit“ Westerholt liegt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets und gehört heute zur Stadt Herten. Im Mittelalter war sie Schauplatz einer Hexenverbrennung. Die alte Dorf- und Burgfreiheit steht inzwischen unter Denkmalschutz.
Herten-Westerholt.
Westerholt liegt am nördlichen Rand des Ruhrgebietes, im Übergangsbereich zum Münsterland. Aber noch vor mehr als 100 Jahren erlebte der Bewohner des Reviers diese Landschaft anders, es war die Zeit der Industriellen Revolution, der Ausdehnung des Bergbaues. Westerholt mit Schloss und Wallringzone war eine ehemalige „Reichsfreiheit“.
BuchtippSeinen Namen hat es nach „Holz im Westen“; danach benannte sich auch das Geschlecht der Grafen von Westerholt. 1975 wurden Westerholt und der Ortsteil Bertlich mit Herten in der kommunalen Gebietsreform vereinigt. Die Freiheit Westerholt ist ein herausragendes Beispiel für eine als Gesamtanlage erhaltene Dorf und Burgfreiheit. Die Gesamtanlage ist als Denkmalbereich unter Schutz gestellt worden, 58 gut erhaltene Fachwerkhäuser sind als Einzelobjekte in die Denkmalliste eingetragen.
Schauplatz einer Hexenverbrennung
Westerholt ist seit einer Totengedächtnisstiftung für Abt Gerold (1047) bis in das 15. Jh. als Besitz des Klosters Werden nachweisbar. 1193 treten zwei Träger des Namens von Westerholt auf, als deren Sitz die ehem. Burg vermutet werden kann. Auf dem Grund und Boden der Freiheit entstand um eine Kapelle (1310 erstmals erwähnt) eine Siedlung, umgeben von Wall und Graben, durch Pforten zugänglich.
Im 17. und 18. Jh. entstanden 85 ein- oder mehrgeschossige Fachwerkhäuser. Nach Pest und Kriegen restaurierten die Bewohner des Dorfes die Freiheitspforte und errichteten ein Armenhaus und die Schule. Eine schlimme Zeit durchstand die Freiheit noch Ende des 18. Jhs., als das Dorf zum Schauplatz einer Hexenverbrennung wurde: Anna Spiekermann wurde als Hexe zum Tode verurteilt.
InfoBis zur Säkularisation (Anfang 19. Jh.) gehörte Westerholt ebenso wie Herten und das umgrenzende „Vest Recklinghausen“ zum Kurfürstentum Köln. Die Dorffreiheit brachte die persönliche Freiheit des einzelnen, Vererbbarkeit des Besitzes, den Markt, die Befestigung, teilweise die eigene Verwaltung, Befreiung von allen Steuern, von der Landfolge und der Akzise, dafür Mahlzwang, Wachdienst und Wegebaupflicht der Bewohner.
Sprunghafte industrielle Entwicklung
Die Bewohner waren zunächst nur Burgleute, dann aber Handwerker und Ackerbürger; Westerholter Tuch und Leinen verkaufte sich bis in die Niederlande. Mit dem Steinkohlebergbau 1870 begann eine sprunghafte industrielle Entwicklung.
1929 war mit knapper Mehrheit die Selbstständigkeit Westerholts gerettet worden; am 30. Januar 1939 erhielt Westerholt das Recht, die Bezeichnung „Stadt“ zu führen. 1975 verlor Westerholt seine Eigenständigkeit und schloss sich mit der Nachbarstadt Herten zusammen. Die Bergbaukrisen der 1980er Jahre trafen auch Westerholt sehr stark.
Herten-Westerholt – Sehenswertes beim Stadtrundgang
P unmittelbar vor der Kirche St. Martinus.
Das Alte Dorf Westerholt, auch „Vestisches Rothenburg“ benannt, zeigt eine starke Ursprünglichkeit auf 4 ha in mehreren Straßen- und Gassenläufen mit seinen 80 Gebäuden, von denen 58 geschützt sind.
1. St. Martinus-Kirche, 1901–1903 im neuromanischen Stil auf der ehem. Wall und Grabenzone erbaut, dreischiffige Basilika; Innenausmalung von Professor Gauer (1928–1930).
2. Der Gang führt zunächst in westlicher Richtung entlang des Ostwalls auf den Nordwall in Richtung Ehrenmal; an der Übergangsstelle Ost-/Nordwall stand bis 1873 die Freiheitspforte. Am westlichen Ortsrand fällt das Gebäude Nordwall 7 auf: über der Eingangstür ein überkragendes Obergeschoss mit der Jahreszahl 1612.
3. „Brandstraße“: schönste Blicke auf Fachwerkhäuser mit vielen Hausinschrift balken.
4. „Schloßstraße“: frühere Hauptverbindungsstraße nach Buer; im Durchgang zum Schloss befand sich der zweite historische Zugang zur Freiheit, die Burgpforte.
5. Schloss – jetzt Kapelle (1310 erwähnt), ehem. Pfarrkirche und Gruftkapelle für die gräfliche Familie (Schlüssel in der Schloss-Rentei). In der Kapelle werden auch heute noch Trauungen durchgeführt. Die Maueranker bekunden das Umbaudatum 1615; daneben das Steinwerk des Turmes als Ruine. Der Turm war ursprünglich in das Kirchenschiff eingebaut. Info
6. Freiheit 15: „Ohm’sches Haus“, hier wohnten Verwandte des bekannten Physikers Ohm.
7. Freiheit 13: Gebäude mit nach innen kippenden Mauern.
8. Martinistraße: An der Einmündung liegt das Gebäude Freiheit 1.
9. Martinistraße mit vielen gut restaurierten Gebäuden, schöner Blick in Richtung Martinuskirche.
10. Über die Schlossstraße führt der Weg durch die Apostelstraße auf den Ostwall: ursprüngliche Ortsrandbebauung, Wall- und Grabenzone heute gärtnerisch genutzt.
11. Mühlpforte am Ende des Ostwalls, einzig erhaltener historischer Zugang zur Freiheit. Neubau wurde den Abmessungen des ursprünglichen Gebäudes angepasst (Wohnung und Vereinsräume des Knappenvereins „St. Barbara“).
12. Schloss Westerholt ist von uralten Kastanien umstanden, eine Gräfte umfließt die Anlage, deren Vorburg mit einem Giebel auf das Umbaujahr von 1904 hinweist. An gleicher Stelle stand schon im 12. Jahrhundert eine Wehrburg, die aber zu Beginn des 18. Jahrhunderts marode und verfallen war. Seit einem Brand und Einsturz (1708) dient die Vorburg des 17. Jahrhunderts der gräflichen Familie als Wohnung.
Das eigentliche Schloss Westerholt ist erst in der Zeit von 1830 bis 1833 entstanden, ein bedeutendes Werk der Zeit des Klassizismus; der Mittelgiebel sogar aus neuerer Zeit. Ein Vogelhaus, ein zweigeschossiges Nebengebäude der Schlossanlage mit Turm von 1904 und unterschiedlichen Fassaden enthielt eine ornithologische Sammlung des Grafen von Westerholt; Graf Westerholt wohnte in diesem „Vogelhaus“.
Im letzten Jahrhundert hatte das Schloss eine unterschiedliche Nutzung: 1920 franz. Besatzungstruppen, englische nach dem Zweiten Weltkrieg, dann Bergmannsheim, jetzt Hotel und Restaurant. Auf dem Gelände liegt auch der erste öffentliche Golfplatz des Landes mit 18 Löchern.
Herten-Westerholt – Empfehlungen in der Umgebung
-Wasserschloss Herten, 1520 begonnen, spätere Ergänzungsbauten, zeigt eine kastellartige, vierfl ügelige Anlage mit Arkadengängen, fl ankiert von Wohnrundtürmen; nach einem Brand 1687 mit größeren Fenstern und Portalen barocke Elemente. Beeindruckend im Ostfl ügel: der große Barocksaal mit Deckenmalereien des 17. Jahrhunderts sowie eine Stuckdecke und ein Kamin in der Saalkammer aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts. Park mit Orangerie (heute Ruine) und Tabakhäuschen (restauriert). Heute wird die Anlage von einem Zentrum für Psychiatrie mit genutzt.
Info-Schlosspark des Düsseldorfer Hofgärtners Weyhe: 1814 ein englischer Landschaftsgarten mit 200 verschiedenen Baumarten im Alter von 200 bis 300 Jahren, im April 500.000 Narzissen – eine botanische Att raktion.
-Das Schloss Herten hat sich zu einem Kulturzentrum entwickelt: Hertener Schlosskonzerte, Klavier-Festival Ruhr u.a.
-Landschaftspark Emscherbruch: Halde Hoppenbruch mit einem System von Wanderwegen erschlossen. Auf der Halde steht heute eine Windkraftanlage, dazu ein Skulpturenpark mit Objekten zum Thema Wind.
-Katzenbusch mit Spielplatz: Naturerlebnisgarten und Kinderspielplatz mit Burgenlandschaft und Spielgeräten.
-Freizeit- und Erholungsanlage Backumer Tal: CopaCaBackum, Erlebnisbad im Backumer Tal mit Außen- und Innenschwimmbereich, Solebecken, Sauna und Solarium sowie Sport-Schwimmbecken. Tel. 02366/307-311 oder -310
-Arena AufSchalke Gelsenkirchen im Herzen des Ruhrpott s für 62.000 Zuschauer und 358 Millionen DM errichtet. Neben dem herausfahrbaren Rasen mit verschließbarem Dach kann sich das Fußballstadion unter freiem Himmel in nur wenigen Stunden in eine riesige Halle für „Open-Air- Konzerte“ verwandeln: eine Veranstaltungsstätte für 365 Tage im Jahr! Geschäft sstelle Schalke 04, Gelsenkirchen, Tel. 01805/150810
Regelmäßige Veranstaltungen
Spargelfest im Spargeldorf OT Scherlebeck (Spargelsaison April–Juni)