Früher gelangte man nur auf einer gefährlichen Klettertour oder mit dem Boot nach Fajã dos Padres. Heute fahren Touristen mit dem Aufzug zur winzigen Feriensiedlung am Fuße einer fast senkrechten Felswand. Der angeblich höchste Panoramalift Europas bietet spektakuläre Ausblicke.
Fajã dos Padres.
Kerstin Westberg ist begeistert. „Das ist ja wie im Paradies hier“, freut sich die schwedische Touristin. Vor einer Stunde ist sie auf Madeiras Flughafen gelandet. Jetzt spaziert sie durch den tropischen Garten von Fajã dos Padres, einem der wohl schönsten Urlaubsdomizile auf der Atlantikinsel. Das liegt vor allem an der isolierten Lage der winzigen Feriensiedlung am Fuße einer fast senkrechten Felswand: Wie ein Bollwerk riegelt das mächtige Gebirge den nur hundert Meter schmalen Küstenstreifen von der Außenwelt ab und macht Fajã dos Padres zu einer Insel auf der Insel.
Wer hier Urlaub machen will, muss sein Auto zurücklassen und den Aufzug nehmen. Rund vier Minuten dauert die Fahrt 300 Meter hinab ans Meer. „Ich habe die Augen zugemacht“, gesteht Kerstin Westberg. Doch die meisten Gäste genießen den atemberaubenden Ausblick aus der verglasten Kanzel. Die hangelt sich ächzend an einem Stahlgerüst entlang, das tief in der schroffen Felswand verankert ist. Seine Energie bezieht der Lift ebenso wie die Feriensiedlung aus Wasserkraft. Über ein Jahr dauerte der Bau des angeblich höchsten Panoramaliftes Europas.
Oase der Ruhe
Früher gelangte man nur auf einer gefährlichen Klettertour nach Fajã dos Padres – oder mit dem Boot. Wie die Jesuiten, die sich hier im 16. Jahrhundert ansiedelten und das Paradies auf Erden fanden. Böse Zungen behaupten, die Männer seien in diese Abgeschiedenheit geschickt worden, weil sie es mit dem Zölibat nicht so genau nahmen. Eine Oase der Ruhe ist Fajã dos Padres bis heute geblieben. Kein Laut dringt hinab von der vierspurigen Autobahn, die sich durch die Berge frisst.
Seit rund 80 Jahren gehört das Land der Familie Fernandes aus Funchal. Sie betreibt ein Strandrestaurant und vermietet fünf kleine Ferienhäuser, die verstreut in einer 13 Hektar großen Obstplantage liegen. Das ganzjährig milde Klima lässt Bananen, Mangos und Papayas gedeihen – und einen guten Wein. Das ist die Leidenschaft von Familienoberhaupt Mário Jardim Fernandes.
Seine Familie setzt die Tradition der Jesuiten fort, die hier Reben aus Kreta pflanzten und daraus den besten Wein Madeiras kelterten. Seit über 20 Jahren baut Familie Fernandes den süßen Malvasier-Wein an. Einige Hektoliter reifen in dem Gewölbe unter der einstigen Kapelle. „Ein Elixier der Götter“, schwärmt Hobby-Winzer Fernandes.
Angeboten wird der Wein auch im Strandrestaurant. Gerne besuchen Einheimische und Touristen aus Funchal das unter Palmen gelegene Lokal. Serviert werden vor allem Fischgerichte wie der schwarze Degenfisch. Zum Nachtisch gibt es selbst gemachtes Eis aus den exotischen Früchten des Gartens. „Manche nennen es scherzhaft Bibel-Eis“, erzählt Kellner Nelson Aveiro. Viele Tagesgäste kommen auch nur zum Schwimmen oder Sonnen. „Hier unten liegt die Temperatur um fünf Grad höher, weil die Felsen die Sonnenstrahlen reflektieren“, weiß Nelson zu erzählen.
Eine Symphonie aus Brandung und Wind
Nachtleben hat der Ferienort nicht zu bieten. Da gibt es in der nahen Hauptstadt bedeutend mehr Abwechslung. Wer sich in Fajã dos Padres einmietet, sucht dagegen die Abgeschiedenheit und Begrenzung. „Wir haben Gäste, die verbringen den ganzen Urlaub hier unten“, berichtet Nelson. Geboten wird immer das Gleiche: traumhafte Sonnenauf- und -untergänge, mit viel Glück ein paar Wale in der Ferne, nachts die eine oder andere Sternschnuppe. Das Ganze wird untermalt von einer Symphonie aus Brandung, Wind und dem melancholischen Schreien der Möwen.
Fajã dos Padres liegt zwar isoliert, aber gleichzeitig sehr verkehrsgünstig. Der Parkplatz an der Bergstation des Liftes ist nur wenige hundert Meter von der Autobahn entfernt. Von hier aus erreicht man innerhalb einer Stunde fast jeden Punkt der Insel. Möglich machen dies die vielen neuen Schnellstraßen und Tunnel, die Madeira durchlöchern – wie einen Schweizer Käse.
Nur einen Katzensprung ist es von Fajã dos Padres ins quirlige Funchal mit seiner verwinkelten Altstadt, den üppig blühenden Parks und dem noblen Villenvorort Monte. Obwohl gerade mal zehn Kilometer vom touristischen Zentrum Madeiras entfernt, scheint Fajã dos Padres wie auf einem anderen Planeten zu liegen. Einige Gäste zieht es immer wieder hierher. „Manche melden sich bei ihrem Urlaub bereits für das nächste Jahr an“, erzählt Nelson. Auch er ist noch immer begeistert von diesem Ort. „Es ist einer der besten Arbeitsplätze auf Madeira“, sagt der junge Mann.