Veröffentlicht inRegion

Zwölffacher Mordversuch, Schwangere verliert ungeborenes Baby: Prozess nach Wehrhahn-Anschlag beginnt

Zwölffacher Mordversuch, Schwangere verliert ungeborenes Baby: Prozess nach Wehrhahn-Anschlag beginnt

S_Bahnhof_Duesseldor_56065725.jpg
Am Düsseldorfer Bahnhof Wehrhahn passierte die schreckliche Tat. Foto: dpa

Düsseldorf. 

Über 17 Jahre nach dem Bombenanschlag auf jüdische Zuwanderer in Düsseldorf beginnt Donnerstag der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter. Der 51-Jährige steht wegen zwölffachen Mordversuchs vor Gericht. Er soll die weltweit beachtete Tat aus Fremdenhass begangen haben. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.

Am 27. Juli 2000 war am S-Bahnhof Wehrhahn in Düsseldorf eine ferngezündete Rohrbombe explodiert. Die überwiegend jüdischen Opfer kamen vom Deutschunterricht an einer Sprachschule. Von der zwölfköpfigen Gruppe wurden zehn Menschen verletzt. Ein ungeborenes Baby starb im Mutterleib.

————————————-

• Mehr Themen:

Er soll eine junge Frau (37) getötet haben: Verdächtiger stellt sich der Polizei – und muss erst einmal versorgt werden

Vorhänge für muslimisches Frauenschwimmen? Stadt fühlt sich missverstanden – und liefert überraschende Erklärung

Bluttat in Lünen: Was bisher über Opfer Leon (†14) und seinen mutmaßlichen Mörder (15) bekannt ist

————————————-

Ermittler tappten jahrelang im Dunkeln

Jahrelang schien der Fall trotz des gewaltigen Aufwands der Ermittler nicht aufzuklären zu sein. 1500 Menschen wurden befragt, mehr als 300 Spuren verfolgt, 450 Beweisstücke gesammelt. Für viel Geld kauften die Ermittler einen Spezialdetektor, um im Bahngelände Partikel des Zünders zu finden.

Mal wurde vermutet, dass islamistische Terroristen hinter dem Anschlag stecken könnten, dann wurde geprüft, ob er auf das Konto des rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gehen könnte.

Angeklagter kurz nach der Tat unter Verdacht

Der Angeklagte war bereits direkt nach der Tat unter Verdacht geraten, der sich damals aber aus Sicht der Ermittler nicht erhärten ließ. Der 51-Jährige betrieb damals in der Nähe Tatorts einen Militaria-Laden. Doch vor vier Jahren soll der Mann sich im Gespräch mit einem Mitgefangenen verraten haben, als er in anderer Sache im Gefängnis saß.

Daraufhin wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen und die Beweislage verdichtete sich zunehmend. Bis Juli hat das Landgericht 40 Verhandlungstage für den Indizien-Prozess angesetzt.

Belastende Aussage zweifelhaft

Verteidiger Olaf Heuvens zog die belastenden Aussagen, die die Anklage zusammengetragen hat, in Zweifel: „Wieso sollte mein Mandant einem Gefangenen, den er kaum kannte, so etwas erzählen?“ Der Anwalt sieht in den ausgelobten 63 000 Euro Belohnung eine mögliche Motivation. Nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück ist dagegen die Beweislast erdrückend. (dpa)