Warum gibt es Menschen, die Angst vor Spinnen haben? Und was kann man dagegen tun? Ein Gespräch mit der Dr. Helene Timmermann. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin aus Hamburg ist Expertin beim Thema Angststörungen im Kinder- und Jugendalter.
Hamburg.
„Spinnenängste sind relativ häufig, gerade bei Frauen und Mädchen“, sagt Dr. Helene Timmermann (62). Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin aus Hamburg ist Expertin beim Thema Angststörungen im Kinder- und Jugendalter. Außerdem ist sie Vorstandsmitglied in der Vereinigung Analytischer- Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland (Infos: www.vakjp.de). Redakteurin Katja Sponholz sprach mit ihr über das Thema Spinnen-Phobie.
Was versteht man unter einer Phobie?
Dr. Helene Timmermann: „Das ist eine sehr intensive Angst, die sich in der Regel körperlich ausdrückt – mit Herzklopfen, Schweißausbrüchen über Panikanfälle bis hin zu Todesangst. Grundsätzlich ist es ein affektiver Zustand, aber auch ein Schutzmechanismus. Wenn wir keine Angst hätten vor bestimmten gefährlichen Situationen, würden wir uns auch in solche begeben, die uns töten können.“
Aber eine Spinne – wenn es nicht gerade eine giftige Vogelspinne ist – kann uns doch eigentlich gar nicht gefährlich werden.
Timmermann: „Das stimmt. Aber es könnte sein, dass irgendetwas anderes, was demjenigen einmal Angst gemacht hat, auf Spinnen übertragen wird. In der psychodynamischen Theorie spricht man von einer Verschiebung einer Angst auf dieses Objekt.“
Was sind die Ursachen für eine Spinnenphobie?
Timmermann: „Die können vielfältig sein. Eine Möglichkeit sind Situationen, in denen jemand schlechte Erfahrungen gemacht hat. Deshalb frage ich meine Patienten immer zuerst, ob es irgendetwas gibt, was ihnen einmal Angst gemacht hat im Zusammenhang mit diesem Tier. Und was ihnen noch an Assoziationen dazu einfällt. Das muss man dann vertiefen und schauen, wie damit umgegangen wurde.
Bei Ängsten schaue ich immer in der Familie, ob es noch andere gibt, die die gleichen Probleme haben. Dies überträgt sich dann dadurch, dass Kinder sich mit den Eltern identifizieren und nicht lernen, mit einer Gefahr angemessen umzugehen. Sie machen dabei die Erfahrung, dass selbst die starke Mama oder Oma, die sonst so viel weiß, plötzlich in Panik gerät und sich nicht wehren kann.“
Was raten Sie Betroffenen, die ja unter diesen Ängsten leiden und sie als Verlust von Lebensqualität empfinden?
Timmermann: „Man muss immer im Einzelfall schauen. Ob man ihnen zu einer Verhaltenstherapie rät oder ob man den Eindruck hat, da steckt möglicherweise etwas anderes dahinter, ein innerer Konflikt vielleicht, der unbewusst ist und der auf ein äußeres Objekt verschoben wird. Da wäre dann eher eine tiefenpsychologische oder analytische Therapie sinnvoll, bei der man versucht, den Ursachen auf die Spur zu kommen. Manchmal verschwindet das Symptom dann einfach. Manchmal ist es notwendig, den Umgang trotzdem noch zu üben, weil es auch Gewohnheiten gibt, die sich einschleifen.“
Das heißt, eine Therapie würde dann tatsächlich einmal damit enden, dass einem die Spinne auf die Hand gesetzt wird?
Timmermann: „Ja, es gibt Therapieformen im Rahmen von Verhaltenstherapien, die eine langsame Annäherung richtig trainieren. Auch bei anderen Phobien ist das so – etwa, wenn jemand Angst in geschlossenen Räumen hat oder Höhenangst, dass man versucht, gegen die Angst anzukämpfen und damit konfrontiert wird.“