Veröffentlicht inRegion

Warum die Zahl der Ansteckungen mit Krätze steigt

Warum die Zahl der Ansteckungen mit Krätze steigt

kratz72528351_Large.jpg
Foto: Getty
  • Hautkrankheit Krätze wird durch Milden ausgelöst und verursacht Juckreiz
  • Krätze verbreitet sich vor allem bei Schülern
  • Krätze-Milben haben möglicherweise Resistenzen gegen Medikamente entwickelt

Essen. 

Krätze – das klingt nach Mittelalter. Doch die Krankheit, die durch winzige Milben ausgelöst wird und juckenden Hautausschlag verursacht, ist keineswegs ausgerottet. Gerade in den Wintermonaten tritt sie auch in Deutschland immer wieder auf.

Aktuell melden mehrere Städte eine besondere Häufung von Krätze oder Skabies, so der medizinische Fachausdruck. Zuletzt machten Meldungen aus Krefeld die Runde. „Jeden Tag habe ich zurzeit etwa vier bis fünf Patienten in der Praxis“, sagt Hautärztin Ursula Peterseim, Obfrau der niedergelassenen Krefelder Dermatologen. Das seien deutlich mehr als sonst. Zwar sei die Krätze nicht gefährlich – aber durchaus unangenehm.

54 Krätze-Fälle im Kreis Viersen

Auch im Kreis Viersen häufen sich die Fälle bereits seit einigen Jahren. „2015 wurden uns 109 Fälle gemeldet. In diesem Jahr sind es schon bis jetzt 54 Fälle“, sagt Martina Kruß vom Kreisgesundheitsamt Viersen. Weil die Krankheit nur für Gemeinschaftseinrichtungen meldepflichtig sei, könne man keine Angaben zu absoluten Zahlen machen, die Tendenz sei aber eindeutig: „Das ist schon ungewöhnlich.“

InfoVor einigen Jahren noch waren vornehmlich ältere Menschen von Krätze betroffen – ihr Immunsystem ist anfälliger für die Milben. Auch in Kindergärten tritt die Krankheit hin und wieder auf – unter den spielenden Kindern kann sich der Erreger gut verbreiten. Neu ist: Die Patienten, die derzeit in die Praxen kommen, sind meist jung und eigentlich gesund.

„Die meisten Patienten sind unter 40“, sagt Dermatologe Andreas Körber, Oberarzt an der Uniklinik Essen. Auch dort habe man einen leichten Anstieg von Krätzefällen verzeichnet. „Zu uns kommen Patienten, bei denen eine erste Therapie etwa beim Hausarzt nicht erfolgreich war“, erzählt er. Häufiger als sonst kämen in letzter Zeit Krätze-Patienten auch drei oder vier Mal, bis die Therapie anschlage.

Mittel scheint nicht richtig zu wirken

Eine ähnliche Beobachtung macht auch Ursula Peterseim. „Permethrin, das normalerweise als Salbe gegen die Milben eingesetzt wird, scheint in einigen Fällen nicht richtig zu wirken.“ Möglicherweise hätten die Milben eine Art Resistenz gegen das Medikament entwickelt. Diesen Verdacht hat man auch in der Helios-Klinik in Krefeld, wo man eine deutliche Zunahme von Skabies in allen Bevölkerungsschichten verzeichnet – offizielle Resistenztestungen seien aber nicht bekannt, so Sprecherin Marina Dorsch.

Eine Resistenz der Milben hält Andreas Körber eher für unwahrscheinlich. Wenngleich auch am Essener Uniklinikum derzeit öfter das nur über die Auslandsapotheke erhältliche Medikament Ivermectin eingesetzt werden muss – weil vorangegangene Therapien wirkungslos geblieben sind. Nur: Warum ist das so?

Verbreitung durch intensiven Körperkontakt

Eine eindeutige Erklärung hat Körber nicht – aber eine Vermutung. „Ich habe den Eindruck, dass sich Patienten immer öfter nicht an die Therapievorgaben halten, weil sie sie nicht ganz verstanden haben.“ So muss neben einer korrekten und regelmäßigen Anwendung der Salbe etwa die Kleidung und Bettwäsche des Patienten isoliert und bei mindestens 60 Grad Celsius gewaschen werden. Halten sich Erkrankte daran nicht, kehren die Milben und die Symptome schnell wieder zurück. Bisweilen kämen auch Patienten mit postskabiösen Ekzemen: „Der Ausschlag ist noch da, weil die Haut durch die Milben und auch durch die Salbe angegriffen ist, die Erreger selbst aber sind eigentlich schon weg.“

Eine besondere Häufung von Krätzefällen bei Flüchtlingen gebe es indes nicht. „Klar gibt es da auch mal hin und wieder einen Fall, aber das zu wenig, um die Verbreitungsursache zu sein.“ Zumal sich die Krankheit durch intensiven Körperkontakt verbreite. Nicht zuletzt deshalb seien oft auch ganze Familien betroffen.

Das sagt auch Martina Kruß vom Gesundheitsamt Viersen. Die Meldungen kämen vornehmlich aus Schulen – nicht aus Flüchtlingsheimen. Einen klaren Grund kann man aber auch hier nicht nennen: „Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass Kinder und Jugendliche öfter als früher bei Freunden übernachten. So kann sich das auch schneller ausbreiten.“