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Sarah P. will Identität ihres leiblichen Vaters per Gericht erfahren

Sarah P. will Identität ihres leiblichen Vaters per Gericht erfahren

Vor über 22 Jahren wurde Sarah P. im Zentrum für Reproduktionsmedizin in Essen gezeugt, nun hat die junge Frau den zuständigen Leiter der Einrichtung verklagt. Per Gerichtsurteil will sie den Frauenarzt Thomas Katzorke dazu bringen, den Namen ihres biologischen Vaters bekannt zu geben.

Hamm/Essen (dapd-nrw). Vor über 22 Jahren wurde Sarah P. im Zentrum für Reproduktionsmedizin in Essen gezeugt, nun hat die junge Frau den zuständigen Leiter der Einrichtung verklagt. Per Gerichtsurteil will sie den Frauenarzt Thomas Katzorke dazu bringen, den Namen ihres biologischen Vaters bekannt zu geben. Am Mittwoch (6. Februar) könnte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ein Urteil in dem Fall verkünden. Laut der Organisation „Spendenkinder“, die für die Belange von Menschen eintritt, die durch Samenspenden gezeugt werden, dürfte das Urteil Präzedenzwirkung haben.

Keine finanziellen Forderungen an den Vater

Sarah P. hatte als 18-Jährige erfahren, dass ihr Vater nicht ihr Erzeuger ist, dass sie durch einen Samen eines bislang unbekannten Mannes gezeugt wurde. Ihre Mutter hatte ihr das damals gestanden. Mit ihrer Klage geht es der jungen Frau nun nach eigenen Angaben aber nicht darum, finanzielle Forderungen gegenüber ihrem Erzeuger geltend zu machen. Sie wolle vielmehr in Erfahrung bringen, wer ihr biologischer Vater ist und ob sie Stiefgeschwister hat. Sie wolle wissen, woher sie ihr Gesicht habe, erklärte die 21-Jährige in der mündlichen Verhandlung am OLG vom Dezember 2012. Auch die Frage, ob ihr Erzeuger möglicherweise Erbkrankheiten hat, möchte die Frau klären.

Die Klage fußt auch auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1989, laut der jeder Mensch das Recht hat, zu erfahren, von wem er abstammt. In der ersten Instanz vor dem Landgericht Essen hatte Sarah P. allerdings eine Niederlage hinnehmen müssen. In zweiter Instanz hofft sie nun auf einen Erfolg. In der mündlichen Verhandlung vor dem OLG hatten die Hammer Richter einen grundsätzlichen Auskunftsanspruch zwar anerkannt, nun geht es allerdings darum, ob Reproduktions-Experte Katzorke die Unterlagen zu den Namen der Spender noch besitzt. Der Arzt bestreitet dies, die Klageseite bezweifelt die Aussage aber.

Spendern war Anonymität zugesichert worden

Bei der sogenannten heterologen Insemination hatte Katzorke tiefgefrorenes Sperma von einem oder mehreren Spendern verwendet. Den Spendern war Anonymität zugesichert worden, auch die Eltern von Sarah P. hatten sich damit einverstanden erklärt. „Aus dieser Zeit haben wir keine Behandlungsunterlagen mehr, anhand derer wir das verwendete Sperma einem Spender zuordnen könnten“, sagt Katzorke. Die Aufbewahrungszeiten für diese Unterlagen habe bei zehn Jahren gelegen, erst seit Mitte der 90er Jahre sei eine flächendeckene Dokumentation zu den Spendern möglich.

Die Mutter von Sarah P. war im Juni 1990 zweimal in dem Essener Zentrum für Reproduktionsmedizin behandelt worden, weil der soziale Vater von ihr unfruchtbar ist, dabei wurde sie schwanger. Die Einrichtung gilt als die größte ihrer Art in Deutschland. Etwa 10.000 Kinder hat das 1981 gegründete Zentrum bislang gezeugt. Rund 700 Spender sind in der Liste des Zentrums als Spender registriert. Für eine Samenspende erhalten sie zwischen 50 und 150 Euro.

Katzorke gilt als einer der führenden Vertreter seines Fachs. 2012 wurde er vom Nachrichtenmagazin „Focus“ als „Top-Mediziner in dem Bereich „Kinderwunsch und Geburt“ gewürdigt. Für den Frauenarzt geht es in dem Prozess auch um Grundsätzliches. „Wir wollen Rechtssicherheit bekommen, inwieweit anonyme Spender genannt werden müssen“, erklärt er.

Transplantationsgesetz schreibt längere Aufbewahrung der Daten vor

Nach Ansicht des OLG-Sprecher Christian Nubbemeyer ist noch nicht abzusehen, ob am 6. Februar ein Urteil verkündet wird. Gegebenenfalls könnte der Prozess auch fortgesetzt werden: „In dem Verfahren geht es um die grundsätzliche Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Auskunft hat. Zudem muss geklärt werden, ob es diese Information überhaupt noch gibt.“

Für den Düsseldorfer Notar Stefan Wehrstedt – einem Rechtsexperten für reproduktionsmedizinische Behandlungen – handelt es sich in dem Verfahren von Sarah P. um einen „Altfall“. Das Transplantationsgesetz aus dem Jahr 2007 sehe zwar eine 30-jährige Aufbewahrungsfrist der Unterlagen zu den Samenspendern vor. Diese Regelung komme für Sarah P. jedoch zu spät, da sie in ihrem Fall nicht mehr greift.

dapd

2013-02-02 13:04:55.0