In der neuen ZDF-Doku „Ruhrpott – Revier im Umbruch. Krise, Start-ups und die Seidenstraße“ werden die Probleme und Zukunftschancen des Ruhrgebiets unter die Lupe genommen.
Besonders bei einem Punkt kommt die ZDF-Dokumentation über das Ruhrgebiet zu einem vernichtenden Urteil: beim Nahverkehrsnetz im Revier!
ZDF-Doku über Ruhrgebiet: Städte schon zufrieden, „wenn es ihnen nicht ganz so elend geht wie den Nachbarn“
Nicht alle Probleme des Ruhrgebiets hätten ihre Ursache in der Kohle- und Stahlzeit. Die Politik würde auch in der Gegenwart eine falsche Weichenstellung betreiben, heißt es in der Doku.
An dieser Stelle kommt der Bochumer Journalist Stefan Laurin zu Wort. Er ist der Meinung, dass das Revier die Potenziale der rund fünf Millionen Einwohner nicht ausschöpft, weil man die Kräfte nicht bündelt und sich nicht in einen Wettbewerb mit anderen Metropolregionen wie Stuttgart oder Frankfurt am Main sieht. Stattdessen sei man in den Städten schon zufrieden, „wenn es ihnen nicht ganz so elend geht wie den Nachbarn“.
Ein Beispiel dafür sei der Nahverkehr. In der Stadt Marl mit 85.000 Einwohnern fahren nur einmal stündlich S-Bahnen. Jeweils in Richtung Haltern und Essen. Das sei eine „sensationell schlechte Anbindung“ für eine Stadt dieser Größe in einem Ballungsgebiet, findet Laurin.
>> Ruhrgebiet: Ehemaliger Bergmann mit deutlichen Worten in ZDF-Doku
ZDF-Dokumentation: Viele Ruhrgebiet-Städte ohne eigenen Bahnhof
Andere Städte wie Datteln, Bergkamen, Kamp-Lintfort und Herten mit Zehntausenden Einwohnern hätten nicht mal einen eigenen Bahnhof. Mehr als 310.000 Menschen im Ruhrgebiet leben in einem Ort ohne Bahnhof.
Die ZDF-Doku zählt weiter auf, dass es im Ruhrgebiet zwölf verschiedene Nahverkehrsunternehmen gibt und jede Stadt einzeln mit der Bahn über ihren Netzanschluss verhandelt. Für den Bochumer Journalisten Laurin ist klar: So etwas wäre in anderen Metropolregionen undenkbar! So käme niemand in Berlin auf die Idee, jeweils eigene Nahverkehrsunternehmen für die Stadtbezirke Neukölln, Charlottenburg oder Pankow zu gründen. Da laufe das zentral ab. „Also ist offensichtlich die Art, wie es hier organisiert wird, so extrem dumm, dass niemand auf die Idee kommt, das zu übernehmen“, urteilt der Revier-Insider.
Laurin vermutet sogar, dass es bei der Vielzahl der Nahverkehrsunternehmen und sonstiger kommunaler Betriebe auch darum gehe, Parteifreunde mit Posten in Vorständen und Aufsichtsräten zu versorgen.
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Ruhrgebiet: Städtevertreter sehen das anders
Doch wären größere Organisationseinheiten im Ruhrgebiet, etwa ein zentrales Nahverkehrsunternehmen, wirklich vorteilhaft? Hernes Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda zweifelt daran, schließlich sei das Ruhrgebiet die „Stadt der Städte“ und da brauche es „kein Dach darüber“, sagt er auf ZDF-Anfrage. Ähnlich sieht das der Stadtkämmerer von Oberhausen, Apostolos Tsalastras. Große zentrale Verwaltungseinheiten wären „schwerfällig“ und das Einsparpotenzial wäre „sehr begrenzt“, meint der Experte für kommunale Finanzen.
Hier kannst du die Dokumentation über das Ruhrgebiet in der ZDF-Mediathek sehen.