Die Polizei Unna gesteht ein, dass die Rückgabe von vier Vorderladerwaffen an einen Mann in Unna ein Fehler war. Die Schusswaffen waren beschlagnahmt worden, nachdem der Mann auf Nachbarn gezielt hatte. Nach der Rückgabe erschoss er sich am 17. Dezember mit einer der Waffen.
Unna.
Einen bedauerlichen Fehler bei der Einschätzung der Situation räumte die Kreispolizeibehörde Unna am Donnerstag ein. Die Waffe, mit der sich am 17. Dezember ein Mann im Bornekamp erschossen hat, war zuvor von den Beamten als ungefährlich eingestuft und dem Mann nach einer Überprüfung zurückgegeben worden.
Zu der Beschlagnahmung von insgesamt vier Waffen war es gekommen, nachdem der Mann, der seit Jahren im Parterre eines Mehrfamilienhauses wohnte, damit auf Kinder aus dem Haus und andere Nachbarn gezielt hatte. Immer wieder hätten die Hausbewohner auf unhaltbare Verhalten ihres Nachbarn hingewiesen.
Schließlich entdeckten die Beamten im Mai des vergangenen Jahres bei einer Durchsuchung vier Feuerwaffen und stellten sie sicher. Bei diesen Waffen, so räumte gestern Kreispolizeisprecher Ralf Hammerl ein, habe es sich um so genannte Vorderladerwaffen gehandelt, die zwar rechtlich gesehen nicht als Schusswaffen gelten, mit denen aber dennoch eine Kugel abgefeuert werden kann. „Hier gibt es eine Lücke im Gesetz. Diese alten Pistolen und Gewehre fallen nicht unter das Waffengesetz und ihre Eigentümer benötigen auch keinen Waffenschein. Als die Pistolen von der Staatsanwaltschaft freigegeben wurden, hat sie ein Mitarbeiter unserer Behörde an den Besitzer zurückgegeben. Das war im Zusammenhang mit der Vorgeschichte ein Fehler. Der Kollege ist entsprechend belehrt worden.“
„Polizei hätte es auf Verfahren ankommen lassen müssen“
Denn wer sich mit diesen Vorderladerwaffen auskennt und sich illegal Schwarzpulver, Kugeln und Zündblättchen beschafft, der kann wohl mit diesen Waffen schießen, verletzen und auch töten. „Das hat der Selbstmörder aus dem Bornekamp letztendlich auch getan, als er die Waffe gegen sich gerichtet hat. Das ist sehr bedauerlich. Auch wenn es rechtlich anders bewertet wird hätte unsere Behörde in diesem Fall das Kreuz haben müssen und hätte die Waffen nicht an ihren Besitzer zurückgeben dürfen“, stellte Hammerl eindeutig klar. „Hätte der Besitzer dagegen geklagt, hätten wir es auf ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ankommen lassen müssen.“
Natürlich mache sich der betroffene Kollege nach dem Selbstmord Vorwürfe. Nicht auszudenken wäre allerdings gewesen, wenn er tatsächlich eine Kugel auf einen der Nachbarn oder etwa auf ein Kind abgefeuert hätte. „Darüber darf man gar nicht nachdenken. Daher wird die Entscheidung hier auch noch intern überprüft.“ Ob der Beamte mit Sanktionen oder disziplinarischen Maßnahmen zu rechnen hat, konnte Hammerl zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. „Wir haben zahlreiche Richtlinien, die verhindern sollen, dass genau so etwas passiert. Trotzdem passieren menschliche Fehler, die in diesem Fall leider ein Menschenleben gekostet haben.“
„Behörden haben allesamt versagt“
„Seit zwei Jahren wurden wir bedroht und wir haben immer gewusst, dass irgendwann etwas passieren würde. Nicht nur uns, sondern vielleicht auch ihm selber. Die Behörden haben allesamt versagt, die Einsicht und das eingestehen von Fehlern kommt zu spät“, äußerte sich gestern Nachbar Bernhard Weiß zu den Vorfällen. Seine Tochter war ebenfalls bedroht worden und erlitt einen Zusammenbruch, nachdem sie auf schreckliche Weise erfahren musste, dass mehrfach mit einer funktionierenden Waffe auf sie gezielt worden war.
„Wir sind immer wieder als hysterische Eltern abgetan worden, wenn wir uns bei der Polizei gemeldet haben. Letztlich habe ich damals direkt an die Staatsanwaltschaft geschrieben. Ich kann nur hoffen, dass dieser Fall innerhalb der Behörden, sowohl bei der Polizei als auch beim Ordnungsamt, für mehr Sensibilität sorgen wird.“