Schweinefilet, Hähnchenbrust oder Rinderbraten – all das steht bei vielen Menschen regelmäßig auf dem Speiseplan. Nagetiere kommen bei Fleischliebhabern wahrscheinlich eher selten auf den Tisch. Doch ein Restaurant in Meerbusch (NRW) bietet jetzt Nutria-Kochkurse an – und das aus einem bestimmten Grund.
Es ist bereits das zweite Mal, dass Johannes Siemes in seinem Restaurant „Strümper Hof“ einen Nutria-Kochkurs veranstaltet. „Der Andrang war schon beim ersten Mal so hoch, da war schnell klar: Das wiederholen wir!“, sagt Birgit Jansen, Schatzmeisterin der Kreisjägerschaft Neuss (NRW). Zusammen mit Siemes und ihrem Mann initiierte sie die doch eher ungewöhnlichen Kurse.
Nutria-Kochkurse in Meerbusch (NRW) finden Anklang
Und das Angebot wurde gerne angenommen: Der Kurs war schnell ausgebucht. Am Dienstag (18. Oktober) standen elf Hobby-Köche wieder in der Küche des „Strümper Hof“ und ließen sich von Siemes erklären, wie man Nutria-Fleisch richtig zubereitet. Natürlich wurde auch selbst ordentlich gekocht und probiert. „Schmeckt wie normales Wildfleisch“, war die Erkenntnis bei fast allen Teilnehmern.
Doch auf die Speisekarten aufgenommen werden soll das Nutria-Fleisch vorerst nicht – zu groß sind die Vorurteile. Wer will denn schließlich Ratten essen? Ratten – Moment mal. Mit dieser Bezeichnung ist Jansen so gar nicht einverstanden. Auch, wenn Nutrias mit einem rattenähnlichen Schwanz ausgestattet sind und von vielen als solche bezeichnet werden, sind sie keine Ratten. „Wir wollen dem Ruf entgegenwirken“, erklärt die 55-Jährige, die selbst passionierte Jägerin ist.
NRW: Nutrias vermehren sich rasant und verursachen starke Schäden
Die Tiere sind dem Biber sehr ähnlich. Und auf Deutsch heißen Nutrias auch Sumpfbiber. Klingt trotzdem nicht besonders appetitlich. „Nutrias sind keine Biber und keine Ratten“, klärt Jansen auf. Sie vergleicht die Nutrias eher mit einem schwimmenden Meerschweinchen. Oder sogar noch ein bisschen appetitlicher ausgedrückt: Wasserkaninchen.
Klingt irgendwie süß. Nicht ganz so süß: Nutrias verursachen hierzulande immense Schäden. Die Tiere sind in Europa eigentlich nicht heimisch, kommen aus Südamerika. Sie haben sich in den letzten Jahren aber stark vermehrt, da sie in Deutschland keine natürlichen Feinde haben. Von einer Nutrias-Plage ist die Rede. Die Tiere bauen ihre Wohnhöhlen in Deiche. Dadurch werden diese instabil – Hochwasserschäden drohen! Außerdem können sie Lebensräume wie Uferröhrichte und die in ihnen beheimateten Arten schädigen.
NRW: Thema Nachhaltigkeit ist den Initiatoren der Kochkurse wichtig
Und deswegen dürfen Nutrias offiziell geschossen werden – doch was soll der Jäger mit dem geschossenen Tier machen? Während das Fleisch von Reh und Kaninchen zu Delikatessen verarbeitet wird, landen Nutrias häufig völlig unverwertet im „Müll“. Und genau das ist der Punkt, an dem Birgit Jansen und Johannes Siemes ansetzen wollen – Stichwort Nachhaltigkeit. „Wenn wir das Tier schon schießen, dann soll es auch verwertet werden. Der Natur Tiere zu entnehmen und dann gar nicht zu verwerten, finde ich nicht richtig. Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns sehr am Herzen“, erzählt die passionierte Jägerin.
Auch interessant: „Mein Lokal, dein Lokal“ in Essen: Als Koch DAS in die Soße kippt, ist der Aufschrei groß
Und deswegen ist auch eine Fortsetzung der Kochkurse geplant – im Januar 2023 soll es so weit sein. Einen fixen Termin gibt es allerdings noch nicht. Man darf gespannt sein, ob sich Nutria-Fleisch langfristig gesehen auf den Speisekarten in Deutschlands Restaurants durchsetzen wird.