Ein 40-jähriger gebürtiger Russe soll in Düsseldorf aus Jähzorn einen Makler und dessen Frau schwer verletzt und einen Bekannten getötet haben. Er sitzt in Untersuchungshaft und schweigt. Die Polizei hat unterdessen rekonstruiert, wie es zu den Taten gekommen sein könnte.
Düsseldorf/Krefeld.
Ein Spaziergänger machte den grausigen Fund. Ein Fuß in einer Socke lag mitten auf einem Weg im Schloßpark Eller in Düsseldorf. Eine Woche ist das her. Vermutlich hatte ein Fuchs den Fuß dorthin geschleppt. Nicht weit vom Weg fand die Polizei jetzt die Leiche von Alexander I. (33) aus Krefeld. Der russischstämmige Deutsche war seit dem 24. April vermisst worden. Der Tote war gefesselt, hatte Stichwunden, Kopf und Gesicht mit Klebeband umwickelt. Als dringend tatverdächtig gilt sein Bekannter Alexander F. Der 40-Jährige sitzt bereits seit fünf Wochen in U-Haft – wegen eines Messer-Anschlags auf einen Makler und dessen Frau.
Rückblende: Dramatische Szenen spielen sich am 10. August im Düsseldorfer Stadtteil Benrath ab. Ein Maskierter sticht morgens um kurz nach halb acht auf Immobilienmakler Thomas W. und dessen herbeigeeilte Frau ein, verletzt beide schwer. Ein Großaufgebot der Polizei kann den flüchtenden Angreifer später, nicht weit vom Tatort, in einem Garten stellen. „Er hat es verdient“, sagte der Festgenommene über sein Opfer, den Makler.
Racheakt an Makler?
Ein Satz, der schaudern lässt. Die Ermittler glauben heute, das Motiv des Anschlags zu kennen – der Makler hatte dem Festgenommenen eine gewünschte Wohnung nicht vermittelt. „Der Tatverdächtige hat sich offenbar so benachteiligt gefühlt, dass er den Makler büßen lassen wollte“, sagte Hauptkommissar Dirk Sybertz von der Polizei in Düsseldorf am Mittwoch. Und zwar „büßen“ bis zum Tod: Beim Festgenommenen fanden die Ermittler einen Elektroschocker, das Tatmesser, eine Gaspistole, Metallhandfesseln, Reizgas und spezielle Schlag-Handschuhe. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass der Makler eigentlich in die nahe Wohnung des Tatverdächtigen entführt, dort gequält und umgebracht werden sollte.
„Andrej Antonow“ – so hatte sich der Festgenommene gegenüber der Polizei genannt und behauptet, sein Ausweis liege in der Wohnung eines Bekannten namens Alexander I. in Krefeld. Die Wohnung dort fand die Polizei aber leer. Die Vermieter hatten sie zwangsräumen lassen, es war seit Monaten keine Miete mehr gezahlt worden. Von Alexander I. keine Spur, allerdings schlugen Leichenhunde in der Wohnung an.
Der Wagen des Opfers, ein Toyota Avensis, wurde gefunden, ganz in der Nähe der Straße, in der das Maklerehepaar niedergestochen wurde – mit Blutspuren auf der Rückbank. Ein Schlüsselbund führte die Polizei zur tatsächlichen Wohnadresse des Festgenommenen: in die Potsdamer Straße 45 in Düsseldorf. Dort fanden sie Papiere, die den Messer-Angreifer als Alexander F. identifizierten, einen 40-jährigen Einwanderer aus Russland. Sie fanden aber auch Alexander den Ausweis des Vermissten sowie dessen EC-Karte und stellten fest, dass F. Geld abgehoben hatte. „Seine PIN-Nummer gibt niemand freiwillig heraus“, sagt Gerd Hoppmann von der Polizei in Krefeld. Für die Ermittler zeichnete sich immer deutlicher ab, dass I. Gewalt angetan worden war. Nur, wo war die Leiche?
Letztes Lebenszeichen war ein Gespräch mit dem Anwalt
I., zuletzt arbeitslos, war bei der Polizei kein Unbekannter (wegen illegalem Handels mit Potenzmitteln). Weil er im Straßenverkehr geblitzt worden war, hatte er sich am 24. April mit seinem Anwalt besprochen. „Der Anwalt war wohl der letzte, der ihn noch lebend gesehen hat“, sagte Hauptkommissar Hoppmann gestern. Mit F. hatte das Opfer tagsdrauf seinen Geburtstag feiern wollen. Die zwei kannten sich seit Jahren, hatten sich mit „Entrümpelungen“ über Wasser gehalten, berichteten Zeugen. Laut Staatsanwalt Christoph Kumpa entpuppen sich die „Entrümpelungen“ aber eher als Pkw- und Wohnungsaufbrüche.
Nach dem Fund im Schlosspark haben Ermittler und Angehörige Gewissheit. Es bleiben aber Fragen, etwa die nach den Todesumständen. Die Ermittler halten es für möglich, dass F. seinen Bekannten an dessen Geburtstag „aus nichtigen Gründen“ umgebracht hat – vielleicht auch aus Habgier. Ein Volvo, den I. nach Russland überführen und dort verkaufen wollte, ist bis heute verschwunden. Bekannte des Verdächtigen beschreiben Alexander F. als „leicht aufbrausend, jähzornig“. Er selbst schweigt. Möglich, dass er für die Taten nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Nach Ansicht der Ermittler ist nicht auszuschließen, dass der 40-Jährige psychisch krank ist.