Ruhrbischof Overbeck stoppt ab 2015 die Finanzierung von drei Kirchen in Duisburg-Hamborn. Ein Erfolg für Gläubigen: Die Kirche St. Peter in Marxloh bleibt erhalten. Christen und Muslime hatten in den vergangenen Wochen Seite an Seite für den Weiterbestand gekämpft.
Duisburg.
Im Streit um die Schließung katholischer Kirchen im Duisburger Norden hat Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck eine Entscheidung gefällt. Von den fünf Gemeindekirchen der jetzigen Pfarrei St. Norbert (Hamborn/Marxloh) bleiben ab 2015 nur noch St. Hildegard, Herz-Jesu und die Marxloher Kirche St. Peter erhalten. Die bisheriger Pfarrkirche St. Norbert, die Kirche St. Barbara sowie die Filialkirche St. Konrad wird das Bistum dann nicht weiter finanzieren. Dass teilte der Pastoraldezernent des Bistums Essen, Michael Dörnemann, am Samstag Nachmittag im Duisburg-Hamborner Abteizentrum mit. Die Kirche St. Konrad soll bereits in wenigen Monaten, St. Barbara im Jahr 2015 geschlossen werden.
Die bisherige Pfarrei St. Norbert wird zudem Teil der Hamborner Großpfarrei St. Johann, sagte Dörnemann. Die Kirche St. Norbert soll auch über 2015 hinaus so lange für Gottesdienste geöffnet bleiben, „wie es der neue Kirchenvorstand von St. Johann in enger Abstimmung mit dem Bistum für verantwortbar hält“, so Dörnemann.
Kirche St. Peter soll christlich-muslimischen Dialog in Duisburg fortsetzen
Stadtdechant Bernhard Lücking sprach von einer „salomonischen Entscheidung“. Er sei dankbar, „dass Bitten der Menschen vor Ort erhört wurden“. Mit St. Peter bliebe eine „territoriale Ausgewogenheit erhalten“, weil es damit auch im Westen des Stadtteils weiter eine Kirche gebe. Zudem biete St. Peter die „Chance, dass der christlich-muslimische Dialog fortgesetzt werden kann“.
Der Erhalt von St. Peter als künftige Filialkirche von St. Johann ist dabei ein Zugeständnis des Bischofs an die Katholiken im Duisburger Norden, die in den vergangenen Monaten massiv gegen die Schließungspläne protestiert hatten. Zu diesem Schritt habe er sich unter anderem angesichts der Voten der betroffenen Gemeinden für einen katholischen Standort in Duisburg-Marxloh entschieden, so Bischof Overbeck in einem Brief, der in den Gottesdiensten der betroffenen Gemeinden an diesem Wochenende verlesen wird.
Muslime setzten sich für den Erhalt der Kirche in Marxloh ein
In St. Peter soll ein „sozialpastorales Zentrum“ mit Blick auf die besondere Situation des Stadteils entstehen, so Overbeck. Wie dieses gestaltet und von wem es finanziert wird, ist zunächst offen. Aber zumindest die Kirche soll weiter so finanziert werden wie alle anderen Gemeindekirchen auch. Das Marxloher Umfeld von St. Peter ist geprägt durch einen hohen Anteil sozial Benachteiligter, wenigen Katholiken und vielen Muslimen.
Mit dem Erhalt „solle auch ein Zeichen für den interreligiösen Dialog gesetzt werden“, betonte Dörnemann. Im Herbst hatten sich die Muslime der benachbarten Merkez-Moschee mit einem Schreiben an den Bischof gegen die Kirchen-Schließung.
„Es kommt jetzt darauf an, dass die Christinnen und Christen die ihren Kirchbau verlieren, in der neuen Pfarrei aufgenommen werden“, sagte Dörneman. Er hoffe, „dass die Leidenschaft, die zuletzt in den Protest geflossen ist, jetzt in den Aufbau einer lebendigen Kirche im Duisburger Norden fließt“.
Dennoch wird es mit der jetzt von Overbeck gefällten Entscheidung mittelfristig wohl nur noch drei oder vier der ursprünglich neun katholische Kirchen auf dem Gebiet von St. Norbert geben. Die Kirchen St. Georg, St. Martin und St. Paul wurden – wie rund 100 weitere Kirchen im Ruhrbistum – bereits bei der Neuordnung der Pfarreien 2005 geschlossen.
Zahl der Gemeindemitglieder in Duisburg geht zurück
Mit den Schließungsbeschlüssen reagiert das Bistum Essen auf den Rückgang der Gemeindemitglieder im Duisburger Norden – vor allem aber auf eine chronische Geldknappheit der Pfarrei St. Norbert. Der Zuschnitt sei ein „Geburtsfehler“ der Pfarrei-Neuordnungen im Jahr 2005 gewesen, heißt es auf Seiten der Pfarrei wie auf Seiten des Bistums: Zu viele (alte) Gebäude und zu wenig Kirchensteuerzahler.
Er verstehe sehr wohl den „Ärger vieler Menschen“, dass auch die jüngst erst für 1,7 Millionen Euro sanierte bisherige Pfarrkirche St. Norbert künftig keine Gemeindekirche mehr ist. Niemand habe aber bei der Entscheidung für die Sanierung wissen können, „dass sich die Zukunftsplanungen in der jetzt vorgesehenen Weise entwickeln werden“, schreibt der Bischof.
In Anbetracht der geleisteten Investitionen solle St. Norbert aber nicht sofort geschlossen werden – wenngleich das Bistum seine Zahlungen für die Kirche ab 2015 einstellt. Zudem dürfe der Erhalt von St. Norbert „nicht zu Lasten der übrigen Kirchen gehen“, so Overbeck. Dörnemann verwies darauf, dass es im Bistum auch andere so genannte „weitere Kirchen“ gibt, die nicht mehr vom Bistum finanziert, aber dennoch weiter betrieben werden.
Protestaktionen gegen Schließungspläne des Bistums
Seit dem vergangen Sommer hatten sich zahlreiche Gemeindemitglieder mit lautstarken Protestaktionen gegen die Bistumspläne gewehrt. Nicht gegen die Schließungspläne generell – auf die ursprünglich geplante Schließung von zwei der fünf Kirchen hätte sich die Pfarrei wohl mit Schmerzen eingelassen. Doch als Bischof Overbeck in einem neuen Vorschlag im Herbst forderte, drei Kirchen zu schließen, fühlten sich die Gläubigen vom Bistum übergangen. Nun ist Overbeck zwar nicht auf die Forderung der Gläubigen eingegangenen, neben St. Hedwig und Herz-Jesu auch St. Barbara oder St. Norbert zu erhalten – aber er hat anerkannt mit St. Peter auch in Marxloh weiter einen katholischen Standort zu erhalten.
„Wir hätten uns ein anderes Votum gewünscht“, sagte Christian Brans von der Protestinitiative gegen die Kirchenschließungen. Doch auch wenn weder der Erhalt von St. Barbara noch von St. Norbert festgeschrieben wurde, „sehen wird das Votum auch positiv, weil andere unserer Kernforderung erhalten wurden“, so Brans. „Es steht jetzt 1:1“ – unter anderem, weil die Kindergärten erhalten werden sollen. „Da werden wir den Bischof nach 2015 drauf festnageln.“
Positiv sei auch, dass ein sozialpastorales Zentrum in Marxloh eingerichtet werden soll und es für St. Norbert „noch eine Option gibt“. „Es ist gut, dass das Votum des Bischofs viele Zwischentöne und Spielräume enthält“, sagt Brans. „Und in drei Jahren kann sich die Situation im Duisburger Norden noch einmal in eine ganz andere entwickeln.“