Entschleunigung pur: Das Windecker Ländchen ist ein Paradies für Wanderer, Radfahrer und Wasserfreunde. Ein Verein bringt den Tourismus auf Touren

Rhein-Sieg-Kreis. 

Köln, Düsseldorf, die Ruhrgebietsstädte: irgendwie weit weg. Alles Große, alles Aufgeregte, die Hektik – weg. Gemächlich fließt die Sieg daher. Regen war knapp in diesem Sommer. Der Fluss ist an vielen Stellen kaum hüfttief. Rechts und links liegen Wälder im satten Sommergrün und Hügel. Auf der einen Seite der Sieg erhebt sich das Bergische Land, auf der anderen der Westerwaldes. Und dazwischen? Da ist das Windecker Ländchen, willkommen.

Schnöde könnte man auch sagen: Da liegt die Gemeinde Windeck. Die Bezeichnung mögen aber auch nicht alle der knapp 19 000 Menschen, die dort wohnen, gerne. Die Gemeinde entstand 1975 durch die Zwangsverheiratung der bis heute selbstbewussten Ortsteile Herchen, Dattenfeld und Rosbach mit ihren gut 60 (!) Ortschaften. Die Landkarte in Windeck ist alles andere als langweilig.

Alpakafarm und alte Silbererzmine

Im Windecker Ländchen gibt es eine Reihe wunderschöner Flecken. Von der Burg Windeck etwa, die der Gemeinde ihren Namen gab, gibt es einen herrlichen Blick ins Siegtal. Die mittelalterliche Burg war vielfach umkämpft, ist heute eine gut begehbare Ruine. Unterhalb von ihr liegt Alt-Windeck mit seinem Museumsdorf und wunderschönen Fachwerkhäusern, die das frühere dörfliche Leben erfahrbar machen. Es gibt die Alpaka-Farm, eine 1925 stillgelegte und heute wieder für Touristen geöffnete Silbererzmine nebst Bergbauwanderweg, den mächtigen Siegtal-Dom mit seinen beiden Türmen in Dattenfeld undundund…

Unbedingt gewesen sein muss man am Siegwasserfall in Schladern – ein im Zuge der

Industrialisierung künstlich angelegter Wasserfall, der eine natürliche Siegschleife abkürzt. Auf 84 Metern Breite geht es in Etappen vier Meter abwärts. Hier zählt die Breite: „Das ist NRWs größter Wasserfall“, schwärmt Windecks Beigeordnete Andrea Thiel beim Besuch der NRZ. An der Kante lauern Kormorane auf Beute. Die Vögel lassen sich nicht von den Menschen stören, die von den Liegewiesen aus ins Wasser gehen.

Schwimmen ist ausdrücklich erlaubt. Ob nun Schwimmen, Kanu- oder auch Tretbootfahren, Angeln – im Windecker Ländchen ist man bestrebt, den Fluss auf alle erdenkliche, Erholung versprechende Weise zu nutzen. Der gutausgebaute Radwanderweg entlang der Sieg bringt fortwährend Gäste in die Region. Und auch die Wanderer zu Fuß haben das Windecker Ländchen für sich entdeckt. Die Ausrufung der „Naturregion Sieg“ mit dem Natursteig und den Erlebniswegen locken das Wandervolk an. Der mit Gastronomie und Souvenierladen gut ausgebaute Bahnhof Schladern war 2014 zum „Wanderbahnhof NRW“ gekürt worden.

Düsseldorfer Bohème genoss Sommer an der Sieg

Gerade für Wanderer hat das Windecker Ländchen seine Vorzüge. „Wir haben noch viele naturnahe Wege“, berichtet Thiel. Und, besonders praktisch: Wenn die Wanderungen doch mal zu lang werden sollten, ist man irgendwie immer an einem Bahnhof und kann in einen Zug steigen. Fünf Bahnhöfe verteilen sich über das Windecker Ländchen, das über Köln direkt mit der Bahn erreichbar ist.

Für Erholungssuchende aus dem Köln-Bonner Raum war das heutige Gemeindegebiet schon immer ein begehrtes Ziel. Aber auch die Bohème aus Düsseldorf verbrachte zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts den Sommer in Herchen und gab sich der Malerei hin. Heute bemüht sich ein verein mit 130 Mitgliedern den Tourismus im Windecker Ländchen zu entwickeln. „Tourismus ist auf dem Weg einer unserer wichtigsten Wirtschaftszweige zu werden“, sagt Andrea Thiel. Ein deutliches Indiz : Neben Hotels, Pensionen und Campingplätzen gibt es mittlerweile gut 50 Ferienwohnungen.