Hooligan-Anhänger hetzen vor Köln-Demo gegen Muslime
Nach Kundgebungen in Essen und Dortmund haben die „Hooligans gegen Salafisten“ für Sonntag eine Demonstration in Köln angekündigt. Die Veranstalter rechnen mit etwa 1500 Teilnehmern. Anhänger der Gruppe fantasieren von der „Bewaffnung des Volkes“ und würden den Islam gerne „komplett vertreiben“.
Essen/Köln.
Normalerweise sind Hooligans bekannt dafür, dass sie sich in der sogenannten „Dritten Halbzeit“ vor allem untereinander prügeln. Doch nun haben Hooligans aus ganz Deutschland offenbar ein gemeinsames Feindbild gefunden, das die bisherigen Rivalitäten vergessen lässt: Salafisten.
In Dortmund trafen sich schon Ende September etwa 300 Hooligans um gegen die radikalen Islamisten zu demonstrieren. Auch in Essen, Mannheim und Nürnberg gab es Kundgebungen der Initiative, die sich sich selbst „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) nennt. Für Sonntag wurde in Köln die bisher größte Kundgebung angekündigt. Und obwohl die Organisatoren versuchen sich friedlich zu geben, machen viele Anhänger aus ihren Gewaltfantasien keinen Hehl.
Hooligan-Anhänger fordern zu Gewalt auf
Von der „Bewaffnung des Volkes“ reden Unterstützer in Sozialen Netzwerken. Auch vom „Niederschießen“ der Salafisten ist die Rede. „Bewaffnet euch und stellt euch auf einen Bürgerkrieg in den nächsten Jahren ein“, fordert ein anderer Anhänger. Trotz der eindeutigen Aufrufe zu Gewalt hielten die Organisatoren der Hogesa es bisher nicht für nötig, diese Kommentare zu löschen.
Dass viele Anhänger etwas zu offensiv mit rechten Parolen gegen Salafisten hetzen, haben aber offenbar auch die Organisatoren von Hogesa bemerkt – und versuchen, sich so unpolitisch wie möglich zu geben. „Wir stehen hinter unserer Sache. Wir sind nicht rechtsradikal“, brüllte einer Organisatoren, der sich im Internet „Kalle Grabowski“ nennt, auf der Dortmunder Kundgebung ins Megafon. Doch wer genauer hinsieht merkt schnell, dass Hogesa lediglich versucht, eine schlecht zusammen gezimmerte Fassade aufrechtzuerhalten.
Eindeutiges Slogans und rechte Musik
So postete „Grabowski“, der im wahren Leben Andreas K. heißt, auf seiner Facebook-Seite ein Bild mit dem eindeutigen Slogan „Nationaler Widerstand“. Außerdem teilte er dort ein Video des rechten Musik-Duos „A3stus“. Die Texte der Band lassen wenig Zweifel an ihrer Gesinnung: „Wir gehen auf die Straße, um dieses System zu stürzen. Für unser deutsches Land ziehen wir heute in den Kampf.“ Und an der Kundgebung in Dortmund nahmen auch bekannte Rechtsextreme wie der bekannte Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt teil. Auch das NRW-Innenministerium bestätigt auf Anfrage, dass mehrere Hooligans in der rechtsextremen Szene aktiv sind.
Trotzdem hat sich Hogesa mit den Salafisten ein öffentlichkeitswirksames Feindbild gesucht. Die Meldungen über den IS-Terror in Syrien und dem Irak, aber auch die Wuppertaler „Scharia-Polizei“, haben viele Deutsche in den vergangenen Wochen geschockt – weit über das übliche rechte Spektrum hinaus. Wohl auch deshalb hatte die Facebook-Seite von „Hooligans gegen Salafisten“ fast 40.000 Anhänger – bevor Facebook sie am Donnerstagabend löschte.
„Wir sind vielleicht schlimm. Die Salafisten sind schlimmer“
„Die Hooligans geben sich als besorgte Bürger“, sagt Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Die Botschaft der Gruppe ist klar: Wir sind vielleicht schlimm. Aber die Salafisten sind auf jeden Fall viel schlimmer.“
Doch nur vordergründig richtet sich die Gruppe ausschließlich gegen die radikalen Strömungen des Islam. Viele Anhänger haben anscheinend mit allen Muslimen ein Problem.
Es geht wohl nicht gegen Salafisten, sondern gegen den Islam
So hat die berüchtigte Hooligan-Band „Kategorie C“, die seit längerer Zeit auch vom Verfassungsschutz beobachtet wird, den Hooligans eigens einen Song geschrieben. Das Lied wurde auf dem Youtube-Kanal von Hogesa gepostet.“Islam will keinen Frieden, sondern Gottes Sklaverei“, heißt es darin. Von einer Unterscheidung zwischen dem radikalen Salafismus und gemäßigten Muslimen ist hier keine Rede. Auf Facebook wünschen sich Hogesa-Anhänger außerdem „eine komplette Vertreibung des Islam“ und hetzten gegen „scheiß Ausländer“.
Experten beobachten schon länger, dass die einst totgesagte Hooligan-Bewegung wieder im Aufwind ist: „In den letzten zwei, drei Jahren haben die Hooligans eine Renaissance erlebt“, sagt Fanforscher Robert Claus von der Uni Hannover. „Rechte Hooligans zeigen sich auch im Stadion-Umfeld wieder offener.“ Das Feindbild Salafismus sei für die Hooligans ideal geeignet um neue Mitglieder zu rekrutieren, glaubt Claus.
„Salafisten sind nur einen Steinwurf entfernt“
Die Kölner Polizei rechnet am Sonntag mit etwa 1500 Demonstranten. Diese Zahl hat der Veranstalter bei den Behörden angemeldet. Laut Hogesa werden Hooligans aus ganz Europa vor Ort sein. Bei Facebook haben sich sogar über 6000 Menschen für die Kundgebung angemeldet. Das sei „eine neue Größenordnung“, gibt der Kölner Polizeisprecher Christoph Gilles zu. Zu den bisherigen Veranstaltungen von Hogesa kamen nie mehr als 300 Menschen.
„Die Polizei wird mit einem Großaufgebot vor Ort sein“, sagt Gilles. Hinweise darauf, dass Salafisten aufkreuzen um gewaltsam gegen die Demonstration vorzugehen, gebe es es bisher nicht. Gefährlich sei die Situation trotzdem: „Salafistische Zentren, wie Bonn oder Dinslaken, sind nur einen Steinwurf von Köln entfernt.“
Trotz der aktuellen Kundgebungen glaubt Gilles nicht, dass das Hooligan-Bündnis von Dauer ist.„Die ‚Hooligans gegen Salafisten‘ sind eine sehr gemischte Gruppe. Dort gibt es zwar viele Leute aus dem rechten Spektrum, aber wir haben auch Hinweise auf Linksextreme.“ Hinzu kommt, dass die Hooligans sich als Anhänger unterschiedlicher Fußball-Vereine jahrelang bekämpft haben. Offensichtlich gibt es außerdem erste Kämpfe innerhalb der Gruppe.
So beschwert sich ein Hogesa-Mitglied auf dem Youtube-Kanal der Gruppe über „Trittbrettfahrer“ und distanziert sich von diversen Untergruppen der Hogesa. Auch Fanforscher Robert Claus glaubt nicht, dass der Zusammenschluss lange hält. „Irgendwann werden manche dort ihre persönlichen Eitelkeiten ausleben. Und alte Rivalitäten, etwa zwischen Schalkern und Dortmundern, werden wieder aufbrechen. Das ist vorprogammiert.“