Das Rauchen in Gaststätten soll komplett verboten werden. Die Redaktion fragte die Betreiber nach ihrer Meinung.
Kreis Wesel.
Das uneingeschränkte und strikte Rauchverbot in Gaststätten in NRW ist so gut wie beschlossen. Der Gesetzentwurf, der fast alle der heute noch geltenden Ausnahmeregelungen unterbindet, muss nun in einer Expertenanhörung bewertet werden. Der Landtag in Düsseldorf soll dann im Frühjahr entscheiden.
Sorge um das Stammpublikum
Während NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) das Verbotswerk aus Düsseldorf als Vorstoß für den Gesundheitsschutz feiert, reagieren die Wirte in Rheinberg, Xanten, Sonsbeck und Alpen verhalten bis ablehnend. Die Redaktion hat sich umgehört.
„Wenn das totale Rauchverbot kommt, müssen wir uns wohl fügen“, sagt Martina Conrad, Wirtin des „Café Punto“ an der Gelderstraße in Rheinberg. Martina Conrad, bei der bisher an der Theke geraucht werden durfte, hofft, dass eine einheitliche Regelung, die alle Gaststätten in die Pflicht nimmt, auch die Konkurrenz in der Branche wieder in die Balance bringt: „Das spielt sich dann wieder ein.“
Kollegin Martina Kühnen von der Gaststätte „Mütterlein“ an der Egerstraße in Orsoy sieht die ganze Sache viel kritischer: „Rauchende Gäste werden ganz klar weg bleiben. Das neue Gesetz ist unfair, weil vor allem die kleinen Kneipen aussterben werden.“
Martina Kühnen, die die erfolgreiche Kneipe seit rund 15 Monaten führt, bedauert vor allem die Folgen des Rauchverbotes für das traditionelle Stammpublikum: „Rauchende Gäste, die sich hier zur Skatrunde treffen, haben jetzt ein Problem. Die Skatrunde kann nicht jedes Mal unterbrochen werden, damit einer zum Rauchen vor die Tür gehen kann.“
Vom Xantener Markt aus blickt Murat Kazak, Wirt des Restaurants „Zur Börse“, mit Groll nach Düsseldorf: „Das Rauchverbot wird ein harter Einschnitt für uns.“ Nach seiner Erfahrung sind die Gäste mit der Regelung zufrieden, wenn die Gaststätte das Rauchen an der Theke erlaubt und im Speiseraum verbietet. Murat Kazak: „Das müsste jeder Wirt mit seinen Gästen zusammen selbst entscheiden können.“
Gerade diese in der Vergangenheit unterschiedliche Auslegung der Anti-Rauchervorschriften in NRW will die Landesregierung jetzt stoppen. „Schlupflöcher“ im derzeitigen Regelwerk sollen gestopft werden, um vor allem den Kommunen, welche die Einhaltung des Gesetzes überwachen müssen, einen klaren Leitfaden an die Hand zu geben. Die Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass Städte wie Rheinberg und Xanten sich angesichts der unübersichtlichen Gesetzeslage und trotz eindeutiger Rechtsprechung abwartend verhalten hatten. So wurden Raucherclubs zunächst noch geduldet. Gesundheitsministerin Steffens geht davon aus, dass die örtlichen Ordnungsbehörden die anstehende gesetzliche Klärung nun nutzen werden und den Nichtraucherschutz in ihren Kneipen und Gaststätten durchsetzen werden.
Während die Mitarbeiter der Ordnungsämter der Städten und Gemeinden schon mal den entsprechenden Bußgeldkatalog studieren, versteht Ralf Terlinden in Veen die Welt nicht mehr.
Doppelmoral der Politiker
Der Wirt der Gaststätte „Zur Deutschen Flotte“ ist sauer: „Soll ich jetzt einen 70-jährigen Gast, der schon seit 40 Jahren in die ,Flotte‘ kommt, wegen einer Zigarette rausschicken?“ Seine Gaststätte sei vor allem ein Platz für Gespräche und Gemeinschaft: „Es gibt Leute, die sich noch ohne Handy miteinander unterhalten wollen und sich dabei nicht bevormunden lassen möchten.“ Terlinden ärgert auch die Unbeständigkeit der Gesetzgebung und die Doppelmoral der Politik: „Viele Wirte haben Tausende Euro investiert, um den Nichtraucher- vom Raucherbereich zu trennen. Das war jetzt alles umsonst.“ Verstehen könne er außerdem nicht, dass die Politik bei der Tabaksteuer die Hand aufhalte, das Rauchen ausgerechnet in Gaststätten aber verbieten will.
Das sind die Pläne der Gesundheitsministerin:
Die vielerorts bestehenden Raucherclubs werden wieder abgeschafft und wie gewöhnliche Gaststätten behandelt. Auch bei Veranstaltungen, wie etwa Karnevalssitzungen, soll künftig ein Rauchverbot gelten, selbst wenn sie – wie Schützenfeste – in Festzelten stattfinden. Ausnahmen vom Rauchverbot soll es nur noch in der Außengastronomie geben. In Schulen darf künftig auch bei nichtschulischen Veranstaltungen nicht mehr geraucht werden. Auch Spielplätze sollen generell als Nichtraucherzonen ausgewiesen werden. Raucherräume in Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sollen künftig ausgeschlossen sein.