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Die Jagd auf den Schnatz

Die Jagd auf den Schnatz

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Foto: Jakob Studnar
Quidditch hat seinen Weg nach Bonn auf die Uni-Wiese gefunden. Dort trainiert das Team der „Rheinos“ einmal in der Woche für zwei Stunden. Heute ist die WM.

Bonn. 

Verwundert reiben sich Passanten die Augen. Eine Gruppe junger Menschen spielt auf der Hofwiese, direkt hinter der Universität Bonn, ein ganz eigenartig anmutendes Spiel. Munter rennen die Jungs und Mädels umher, werfen sich einen Ball zu oder versuchen ihn einem Gegenspieler abzuluchsen – dabei haben sie bunte Plastik- oder Holzstöcke zwischen den Beinen. Auf beiden Seiten eines imaginären Feldes stehen jeweils drei Tore, durch die sie werfen können. „Was ist denn das?“, fragt schließlich ein Paar aus Japan, das auf einer Rundreise ist. Quidditch, ja, die Sportart aus Harry Potter, bei dem sich selbiger einen Namen gemacht hat. Das mit dem fliegenden Besen ist für Muggel zwar in der Wirklichkeit schon ein Problem, der Spaß ist aber trotzdem garantiert.

Die Jagd nach dem „goldenen Schnatz“

Einmal in der Woche trainieren die „Rheinos“, das Bonner Quidditch-Team, zwei Stunden im Hofgarten. Manchmal, wenn sich viele Interessenten finden, sogar zwei Mal. Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es das Team bereits, es wächst ständig. Bei den Trainingseinheiten der Rheinos brauchen die Spieler ebenfalls Besen, fast so wie in den Harry Potter-Büchern und Filmen. Anders als da sind sie aber nicht aus Reisig, sondern aus Plastik oder Holz – und zum Fliegen taugen sie leider auch nicht, auch wenn das manch ein Spieler oder Spielerin – eine Geschlechtertrennung gibt es nicht – gerne können möchte.

Bei dem Training werden zwei Mannschaften gebildet. Jede Mannschaft hat drei Tore zu verteidigen. Dabei handelt es sich nicht um Fußballtore, sondern auf Reifen, die auf Plastikstangen und Rohren befestigt sind. Für jeden Treffer gibt’s zehn Punkte. Dabei ist die Seite, von der der Wurfball durch die Reifen fliegt, egal. Um die Schwierigkeit zu steigern sind noch weitere Bälle im Spiel, die von den sogenannten Treibern geworfen werden dürfen. Mit diesen dürfen sie – und nur sie – die Gegner abwerfen. Der getroffene Spieler muss zurück zum eigenen Tor laufen und es einmal kurz berühren, dann ist er wieder im Spiel.

Wer Harry Potter kennt, weiß auch, dass es dort noch ein anderes „Flugobjekt“ gibt – den „Schnatz“. Wer ihn fängt, sichert seiner Mannschaft 30 Punkte. Im Training kommt er selten zum Einsatz, bei Turnieren aber hat eine unparteiische Person den „Schnatz“ in einem Socken am Rücken befestigt. Wenn er gefangen wird, ist das Spiel zu Ende. Dabei darf nicht jeder den „Schnatz“ fangen, dafür gibt es einen „Sucher“ pro Mannschaft, der diese Aufgabe erfüllen muss.

Doch bevor es mit einem Spiel gegeneinander losgehen kann, wird sich bei jeder Einheit ordentlich aufgewärmt. Danach folgen verschiedene Übungen. Unter anderem eine Fallübung, damit sich niemand mit dem „Stock zwischen den Beinen“ verletzt. Auch Tackling wird geübt. Denn irgendwie muss man dem Gegner den Ball ja abluchsen können. Und dabei kann es schon ganz schön zur Sache gehen.

Offenheit, Teamgeist und die ganz besondere Verbindung

Doch warum spielt man überhaupt dieses Spiel? „Rheinos“-Spieler Julian ist seit gut einem Jahr dabei. Er hat die anderen Teammitglieder auf der Wiese spielen sehen und war sofort begeistert von dem Sport. Für ihn ist es die erste Mannschaftssportart, die er betreibt. „Und die Leute sind einfach nett.“ Alex hat eine ganz andere Verbindung zum Spiel. „Ich spiele in einem Harry Potter Liverollenspiel mit. Und dann habe ich gehört, dass es Quidditch in echt gibt. Das war der Wahnsinn und da mussten wir sofort alle hin“, erzählt Alex begeistert.

Auch Hanna spielt bei den „Rheinos“. Sie ist erst seit kurzem dabei, aber schon richtig gepackt von der „Offenheit des Teams“ und der „Vielfältigkeit“. „Ich finde es gut, dass nicht alle hinter einem Ball herrennen wie beim Fußball. Wir haben auch keinen Trainer, der einen anbrüllt. Hier ist es auch nicht schlimm, wenn man mal nicht gewinnt. Das mag ich einfach“, sagt die 19-Jährige und dabei fangen ihre Augen zu strahlen an. Ja, die Zauberwelt, sie macht schon riesigen Spaß.