Zwischen Seelsorge und Politik: Prälat Martin Hülskamp leitet das Katholische Büro in der Landeshauptstadt
Düsseldorf.
Am Dienstag bekommt Prälat Martin Hülskamp einen neuen Arbeitsplatz. Gewissermaßen. Denn der „Raum der Stille“, den der Landtag in Düsseldorf dann einweiht, ist nur einer von vielen Orten im Regierungsviertel, in denen der Landesbeauftragte der katholischen Bischöfe arbeitet. Aber es ist wohl der Ort in Düsseldorf, an dem der 52-Jährige am ehesten als Priester tätig ist. Im Wechsel mit seinem evangelischen Amtskollegen Rolf Krebs wird er dort künftig die monatliche „Landtagsandacht“ für Abgeordnete und ihre Mitarbeiter feiern. Gleich am Donnerstag darf Hülskamp den Reigen mit der Adventsandacht eröffnen. Am Ende des Parlamentsjahres „wird es da immer besonders voll“, freut sich der Kirchenmann im NRZ-Gespräch. Eine richtige Kapelle im Landtag wäre ihm wohl lieber gewesen. „Aber auch ein solcher ,Raum der Stille’ ist ein Weg, Religiosität und Transzendenz im öffentlichen Raum zu transportieren.“
Seit gut einem Jahr ist Hülskamp der katholische Chef-Diplomat im Düsseldorfer Politbetrieb. Auch wenn sich sein Büro ähnlich in Debatten einschaltet wie Industrievertreter oder Umweltschützer: Ein Lobbyist mag er dennoch nicht sein. „Wenn, dann Lobbyist für den lieben Gott.“ Es gebe schon „den Wunsch nach Einflussnahme“, sagt er. Aber es gehe um die Sache, um Werte aus dem christlichen Glauben und Leitlinien für das politische Handeln.
Streit um Beirat für Islam-Unterricht
Zum Beispiel beim Ladenschluss. Während Schwarz-gelb Auswüchse bei Sonntagsöffnungen nicht angegangen ist, dreht Rot-grün die Liberalisierung nun wieder zurück. Noch gebe es „eine Reihe offener Punkte“, sagt Hülskamp – etwa bei der Frage, was denn künftig sonntags noch verkauft werden darf. „Aber insgesamt ist das ein erfreuliches Thema.“ Neben einer „strukturell-programmatischen Nähe“ des Katholischen Büros zur CDU gebe es eben auch „viele individuelle Berührungspunkte, auch mit Politikern bei SPD und Grünen“, erklärt der Prälat. Und auch wenn ein Gewerkschafter und ein Kirchenmann aus anderen Gründen für freie Sonntage sind – im Ergebnis sind sie sich schnell einig.
Beim islamischen Religionsunterricht ist die Lage da schon schwieriger. So sehr die Kirche die Idee grundsätzlich begrüßt, so sehr ist Hülskamp gegen das NRW-Modell, das den Landtag noch in diesem Jahr passieren soll. Denn während es beim christlichen Pendant eine klare Trennung zwischen dem Staat gibt, der die Strukturen stellt, und den Kirchen, die für die Inhalte sorgen, sollen die Lehrinhalte beim islamischen Unterricht von einem Beirat festgelegt werden, in dem auch von der Landesregierung beauftragte Vertreter sitzen. Und auch wenn dies primär eine Reaktion auf fehlende Strukturen der Muslime und ein gewisses Kontrollbedürfnis des Staates sein dürfte, „sind wir da sehr zurückhaltend. Für uns ist das ein Übergriff des Staates auf religiöse Inhalte.“ Und aus Sorge, so etwas irgendwann einmal selbst zu erfahren, ist die Kirche dagegen – erst recht unter der Bezeichnung „Religionsunterricht“, sagt Hülskamp. Im Landtag sieht er aber wenig Unterstützer.
Beauftragter für Selig- und Heiligsprechungen
Trotz seiner Tätigkeit in Düsseldorf bleibt der in Münster geborene Hülskamp Westfale. „Mein kirchliches und soziales Leben spielt sich weiter in Münster ab.“ Dort ist er nach wie vor Domkapitular und wohnt viel lieber in der Dienstwohnung in einem historischen Haus am Dom als im Apartment in Düsseldorf. Außerdem ist der Kirchenjurist nach wie vor gelegentlich in eher ungewöhnlicher Funktion für das Bistum Münster tätig: Als Beauftragter für Selig- und Heiligsprechungen prüft er Wundergeschichten und bereitet Unterlagen für den Vatikan vor – „eine Bürokratie, die mit keinem deutschen Amt vergleichbar ist.“
Trotz sinkender Mitgliederzahlen, Priester- und Finanznöten – an katholischem Selbstbewusstsein mangelt es Hülskamp nicht: „Die Kirchen sind immer noch die größten gesellschaftlichen Gruppen. Das ist aber selbst vielen in der Kirche nicht klar“, betont der Theologe, der in den 1990er Jahren im päpstlichen Staatssekretariat in Rom tätig war.
Mit diesem Selbstbewusstsein sitzt Hülskamp als katholischer Vertreter seit Jahren im Rundfunkrat des WDR und ist als dessen Delegierter wiederum Mitglied des Aufsichtsrates der großen Filmproduktionsgesellschaft Bavaria – zwei Mediengiganten, die beide längst nicht nur Gottesdienstübertragungen im Programm haben. „Wenn wir am gesellschaftlichen Diskurs teilnehmen wollen, dürfen wir nicht nur Kirchenzeitungen machen“, sagt Hülskamp. Er sieht sich indes weniger als Werber für mehr fromme Filme denn als Mahner für Medienethik. Was für ihn nicht heißt, dass die Kirche sich medial zurückhalten soll – im Gegenteil: „Die kirchlichen Repräsentanten sollten sich hier stärker engagieren.“ Mindestens so stark jedenfalls wie die evangelische „Konkurrenz“, die mit ihrem Magazin „Chrismon“ eine respektable Breitenwirkung erziele.
Auf die hofft Hülskamp nun aber erst einmal am Donnerstag im Landtag. Der neue „Raum der Stille“ verspricht allemal mehr Charme als der bisher behelfsweise genutzte Raum E3 Z03. Diesen Sitzungssaal hat die FDP-Fraktion dann künftig wieder für sich.