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Das Geisterhaus in der Nordstadt erinnert an den Tod dreier Kinder

Das Geisterhaus in der Nordstadt erinnert an den Tod dreier Kinder

Eine Fußmatte mit dem Bild eines brennenden Totenkopfes liegt vor der Wohnung, in der Zilan, Mehmet und Mustafa lebten. Eine einfache Matte, die nur für die zynisch wirkt, die wissen, was hinter dieser Tür geschah. Die Lebensgefährtin des Vaters soll die Kinder dort im August erstochen haben, „um sie aus dem Weg zu räumen“, wie die Staatsanwaltschaft ihr vorwirft.

Dortmund (dapd-nrw). Eine Fußmatte mit dem Bild eines brennenden Totenkopfes liegt vor der Wohnung, in der Zilan, Mehmet und Mustafa lebten. Eine einfache Matte, die nur für die zynisch wirkt, die wissen, was hinter dieser Tür geschah.

Die Lebensgefährtin des Vaters soll die Kinder dort im August erstochen haben, „um sie aus dem Weg zu räumen“, wie die Staatsanwaltschaft ihr vorwirft. Ab Freitag (1. Februar) muss sich die 29-Jährige wegen Mordes und schwerer Brandstiftung vor dem Landgericht Dortmund verantworten. Zurück bleibt ein Vater, der nach dem Tod seiner Frau auch seine drei Kinder verloren hat.

Die Tat in der Nacht zum 3. August 2012 in Dortmund ist der Höhepunkt einer tragischen Familiengeschichte. 2009 verloren die Kinder bereits ihre leibliche Mutter. Sie sperrte sich im sauerländischen Werdohl aus Versehen aus der Wohnung aus. Der damals etwa ein Jahr alte Mustafa schrie wohl, deshalb geriet die 28-Jährige in Panik und versuchte, sich von der darüberliegenden Wohnung auf den eigenen Balkon abzuseilen. Der Nachbar gab ihr ein dünnes Seil, es riss und die Mutter stürzte fünf Stockwerke tief in den Tod.

Jugendamt bescheinigte Familie liebevollen Umgang

Daraufhin zog der Vater mit den drei Kindern nach Dortmund, es sollte ein Neuanfang für alle werden. Nachbarn und Jugendamt sind uneins darüber, ob Muharrem T. die zwölfjährige Zilan, den zehn Jahre alten Mehmet und den vier Jahre alten Mustafa vernachlässigte. Sie seien viel allein gewesen, berichtete eine 50-jährige Nachbarin. „Die Kinder haben kein Mittagessen bekommen.“ Wenn sie im Viertel unterwegs waren, hätten sie aber gelacht und seien fröhlich gewesen.

Der 41 Jahre alte Vater fand mit Milka D. eine Lebensgefährtin, sie ist mit ihren 29 Jahren deutlich jünger als er. Anwohner berichteten, sie hätte mehrfach ihre Abneigung gegen die Kinder geäußert. Im Februar 2012 brannte es in der Wohnung der Familie. Der Vater konnte seine Kinder und sich retten, sie wurden schwer verletzt. Die Polizei kam zu dem Ergebnis, dass die Kinder gezündelt hätten. Die bestreiten das jedoch. Im Viertel hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Lebensgefährtin schon damals das Feuer legte.

Die Familie kamt zunächst bei Bekannten unter, zog aber wenig später ins Erdgeschoss des gleichen Hauses, in dem es brannte. Als der Vater für mehrere Tage verreiste und die Kinder bei einer Bekannten unterbrachte, schaute sich das Jugendamt die Familie etwas genauer an. Es kam zu dem Ergebnis: „Dem weiteren Verbleib der Kinder im Haushalt stand nichts entgegen.“ Die Interaktion zwischen Vater und Kindern sei liebevoll gewesen, hieß es im Beamtendeutsch.

Staatsanwaltschaft geht von mehreren Tatmessern aus

Der Behörde erzählte der Vater dann im Mai, seine Kinder sollten in den Sommerferien dauerhaft zu Verwandten in die Türkei ziehen. Ob er sich dort ein besseres Leben als in Dortmund für sie erhoffte oder ob er mit ihrer Erziehung überfordert war, ist unklar. Es sind wohl die beim Brand beschädigten Ausweise der Kinder, die die Ausreise in die Heimat verzögerten. Deshalb blieben die Kinder in Dortmund, immer wieder sahen Nachbarn sie im Viertel spielen und Eis kaufen im Kiosk um die Ecke. Die Hälfte der Sommerferien waren um, als es zur Tragödie kam. Es war vier Uhr nachts, laut Ermittlungen war der Vater nicht zuhause. Nur Milka D. war mit Zilan, Mustafa und Mehmet dort.

Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass die Angeklagte auf die Kinder „mit mehreren Messern eingestochen hat, um sie zu töten“, berichtet Landgerichts-Sprecher Martin Brandt. Dann habe sie laut Anklageschrift die Bettdecken der Kinder angezündet. „Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, dass sie die Kinder aus dem Weg räumen wollte“, sagt Brandt über das Motiv. Die Angeklagte äußerte sich nach Angaben der Verteidigung nicht zu den Vorwürfen und will auch im Prozess schweigen.

Vater ist Nebenkläger

Viel verändert hat sich am Tatort nicht. Zahlreiche Menschen hatten nach dem Verbrechen im Sommer Spielsachen, Kerzen und Blumen vor dem Haus abgelegt. Dort liegen sie immer noch, zeitweise begraben unter einer Schneeschicht. „Man wird, wenn man hier wohnt, jeden Tag damit konfrontiert“, berichtet die Nachbarin. Der Name der Familie steht noch an einem der Briefkästen im Hauseingang. Er ist aufgeschlossen, darin liegen Briefe an den Vater, Handyrechnungen, Post vom ADAC und sogar von der Stadt Dortmund.

Vor der Haustür mit den Kleberesten von Polizeisiegeln liegt die Türmatte: der brennende Totenkopf. Das Haus, in dem die Kinder mit dem Vater lebten, ist inzwischen ein Geisterhaus. „Die Leute sind alle ausgezogen“, erzählt eine Nachbarin. Die Kinder haben ihre letzte Ruhe in der Türkei gefunden. Ihr Vater kann mit der Tat noch nicht abschließen, denn er wird seine frühere Lebensgefährtin im Gerichtssaal als Zeuge und Nebenkläger wieder sehen müssen.

dapd

2013-01-29 08:45:03.0