An Rhein und Ruhr.
Stolz ließ sich die junge Frau das Datum ihrer Magenverkleinerung in den Nacken tätowieren. Weil sie vorher 250 Kilo gewogen hatte, musste das Evangelische Krankenhaus in Witten ein Schwerlastbett mieten. „Unsere Patientin hat 140 Kilo abgenommen und passte dann wieder in den Opel Corsa ihrer Mutter“, erinnert sich Verwaltungsdirektor Joachim Abrolat. Inzwischen braucht seine Klinik keine extrastabilen und extragroßen Möbel und Geräte mehr zu mieten: Sie hat ein Zimmer für stark übergewichtige Menschen eingerichtet.
Denn die Zahl solcher Patienten steige, sagt Abrolat. Wie viele Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen inzwischen ihre Zimmer umgebaut und extrastabile Betten und Operationstische in Übergrößen gekauft haben, ist nicht bekannt. Die Krankenhausgesellschaft NRW führt darüber keine besondere Statistik.
Übliche Betten brechen beiüber 200 Kilo zusammen
Übliche Krankenhausbetten brechen bei einem Gewicht über 200 Kilo nach einer Weile zusammen. Unter dem Bett, das bis zu 400 Kilo aushält, liegen Stahlplatten, damit der Estrich nicht zu sehr zusammengepresst wird. Über dem Bett hängt ein Deckenlift, an dem ein rotes Tragetuch mit Gurten befestigt ist.
„Damit können wir unsere Patienten anheben, was zierliche Pfleger nicht schaffen, und beispielsweise einen stabilen Toilettenstuhl oder den speziellen OP-Tisch darunterschieben“, erklärt Abrolat. Weil sich diese Patienten manchmal nicht mal mehr alleine auf eine Waage stellen könnten und ein herkömmliches Modell ohnehin nicht taugen würde, funktioniert dank integrierter Waage das Wiegen auch im Liegen.
Das Universitätsklinikum Münster rüstet schon seit Jahren seine Räume nach, sagt Sprecherin Marion Dreischer. „Egal ob die junge Frau in der Geburtshilfe oder der Senior in der Kardiologie: Das Thema extrem übergewichtige Patienten zieht sich durch alle Stationen.“ Das Klinikum habe für alle Stationen Schwerlastbetten gekauft und dafür Türen verbreitert. In den OPs seien die Tische Spezialanfertigungen, genauso wie die Toilette auf der Chirurgiestation.
Das Universitätsklinikum Düsseldorf sieht sich ebenfalls „gut auf schwergewichtige Patienten eingestellt“. Auch die Uni-Klinik Aachen hat nach eigenen Angaben einen OP-Tisch, der sogar einen 360 Kilogramm schweren Patienten verkraftet. Ein normaler Tisch „schaffe“ maximal 225 Kilogramm. In Kürze träfen Nachthemden und Blutdruckmanschetten in Übergröße ein. Besondere Rollstühle und Betten least die Klinik von einer Firma.
„Schwerlastzimmer“ sindetwa 40 Prozent teurer
Um extrem übergewichtige Patienten behandeln zu können – beispielsweise mit einem Magenballon, der dem Magen ein Völlegefühl vorgaukelt, oder mit der operativen Magenverkleinerung – müssen die Kliniken auch ihre Badezimmer umbauen. Im Evangelischen Krankenhaus Witten sind Toilette und Waschbecken sicherheitshalber nicht an der Wand, sondern im Boden verankert. Das Waschbecken hat eine Einbuchtung, damit Patienten mit sehr dicken Bäuchen den Wasserhahn aufdrehen können.
All diese Spezialanfertigungen kosten: Der Wittener Klinik-Verwaltungschef Abrolat schätzt, dass ein „Schwerlastzimmer“ etwa 40 Prozent teurer ist als ein normales Zweitbettzimmer. „Beispielsweise kostet ein Schwerlastbett 17 000 Euro, ein normales 3000.“