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Zuwanderung: Deutschland muss sich komplett verändern – aber die Leute wollen es nicht wahrhaben

Zuwanderung in Deutschland: In der öffentlichen Debatte geht es nur um Probleme. Dabei verschließen viele die Augen vor der Wahrheit.

Bloß nicht noch mehr Zuwanderung?
u00a9 IMAGO/Christian Ohde

Umfrage: Skepsis gegenüber Zuwanderung in Deutschland gestiegen

Die Skepsis gegenüber der Zuwanderung ist in Deutschland laut ARD-«Deutschlandtrend» gestiegen. Derzeit verbinden 64 Prozent der Deutschen eher Nachteile mit der Zuwanderung.

Die Deutschen verschließen die Augen – doch das wird auf Dauer nicht funktionieren! Das Land wird sich in den nächsten Jahrzehnten total verändern müssen. Deutschland braucht Zuwanderung, doch die meisten Menschen verschließen davor die Augen.

Laut ARD-Deutschlandtrend von Infratest dimpag (September 2023) ist die klare Mehrheit skeptisch gegenüber Zuwanderung. Demnach sagen nur 6 Prozent („auf jeden Fall“) sowie 24 Prozent („eher ja“) der Befragten, dass Deutschland „gegenwärtig die Aufnahme von Zuwanderern bewältigen“ könne. Bloß nicht noch mehr Migranten! Das passt zum Zeitgeist: Die Asyl-Lage wird von immer mehr Menschen als krisenhaft bewertet, viele Kommunen fühlen sich überfordert.

Deutschland braucht noch viel mehr Zuwanderung

Doch: Deutschland braucht Zuwanderung dringend – in einem Umfang, das wohl die Vorstellungskraft vieler sprengt.

Eine Studie des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2016 erkannte einen Netto-Zuwanderungsbedarf von 400.000 Personen pro Jahr. Ohne diese Zuwanderung könne das Potenzial an Arbeitskräften bis zum Jahr 2050 von aktuell rund 45 Millionen Erwerbstätigen nicht gehalten werden. Die Wirtschaftsweise Prof. Monika Schnitzer erklärte 2023 sogar: „Deutschland braucht 1,5 Millionen Zuwanderer im Jahr, wenn wir, abzüglich der beträchtlichen Abwanderung jedes Jahr, 400.000 neue Bürger haben und so die Zahl der Arbeitskräfte halten wollen.“

Damit sind natürlich nicht nur IT-Spezialisten, Ingenieure, Ärzte und andere gut ausgebildete Spezialisten aus aller Welt gemeint – die auch von anderen Nationen gerne aufgenommen werden. Sondern auch Menschen, die künftig im Einzelhandel, in der Gastronomie, in der Pflege oder auf dem Bau arbeiten.

Zuwanderung und Flucht übers Mittelmeer.
Zuwanderung und Asyl: Die Zahlen der Menschen, die übers Mittelmeer nach Europa einreisten, stieg zuletzt wieder an. Foto: Grafik: P. Massow; Redaktion: A. Brühl

Deutschland will nur Fachkräfte – aber wer kellnert und fährt bald die Busse?

Denn Deutschland hat ein demografisches Problem, sozusagen eine tickende Zeitbombe, die den Wohlstand in diesem Land gefährdet. Die Babyboomer-Generation, also die geburtenstarken Jahrgänge bis 1964, sind schon in Rente oder stehen kurz davor in den Ruhestand zu verschwinden. Bis 2030 wird die Lage noch deutlich brisanter werden. Das bringt nicht nur das Rentensystem in eine Schieflage, sondern verschärft das Fachkräfte- und Arbeitskräfteproblem in Deutschland.

Ausgerechnet in dieser Lage verschließt die Mehrheit der Menschen in Deutschland aber die Augen, wie der ARD-Deutschlandtrend zeigt. Eigentlich müsste sich das Land komplett wandeln, sich weit mehr für Zuwanderung öffnen, zu einer Integrationsgesellschaft werden – schon allein aus Eigeninteresse, wenn nicht aus Nächstenliebe!


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Tatsächlich aber ist der Zeitgeist zuwanderungskritisch. Es geht nur noch um Probleme, die „Migrationskrise“: Sozialbetrug, Wohnungsmangel, Ghettos und Kriminalität – und nicht mehr um Chancen und die notwendige Basis für künftigen Wohlstand.