CDU-Legende Wolfgang Schäuble ist gestorben. Der Politiker wurde 81 Jahre alt. In Nachrufen wird er als großer demokratischer Staatsmann, als ein Architekt der deutschen Einheit und intellektueller Vordenker gewürdigt.
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Bis zuletzt saß Schäuble für die CDU im Bundestag. Er hatte in der Partei immer noch ein gewichtiges Wort – auch hinsichtlich der kommenden Kanzlerkandidatur.
Friedlich eingeschlafen – Politiker war schwer erkrankt
Schäuble soll in der Nacht zu Mittwoch friedlich im Schlaf verstorben sein, wie die „Bild“ aus dem Umfeld der Familie zur Todesursache erfahren hat. Weiter enthüllt die Zeitung, dass Schäuble seit Jahren an Krebs erkrankt war. Das habe jedoch so gut wie niemand gewusst, nur die Familie und allerengste Freunde waren eingeweiht. Ebenso wie seín Schicksal, nach einem Attentat im Jahr 1990 querschnittsgelähmt auf den Rollstuhl angewiesen zu sein, nahm er dieses Schicksal an.
Der Politiker hinterlässt seine Ehefrau Ingeborg (80), die im Sommer einen schweren Unfall mit dem Fahrrad hatte. Sie erlitt schlimme Hirnverletzungen und lag über Monate auf der Intensivstation. „Jetzt will ich für sie da sein“, verkündete Schäuble noch im November. Doch das war ihm nur noch eine kurze Zeit vergönnt. Das Paar war seit 1969 verheiratet und hatte vier Kinder, darunter die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl. Diese wiederum ist verheiratet mit CDU-Politiker Thomas Strobl (Innenminister in Baden-Württemberg). Der Schwiegersohn Schäubles ist also selbst ein führendes Mitglied der Christdemokraten.
Schäuble war über 50 Jahre Mitglied des Bundestags
Der Christdemokrat prägte über Jahrzehnte die deutsche Politik mit. Von 1972 bis zu seinem Tod war er ununterbrochen Mitglied des Bundestags. Für seine 50 Jahre im Hohen Haus gab es für den Rekordhalter 2022 eine Feierstunde im Parlament. Bei der anstehenden Bundestagswahl 2025 wollte er aber nicht mehr antreten.
Unter Kanzler Helmut Kohl war er Kanzleramtschef und Bundesinnenminister. Während der Kanzlerschaft von Angela Merkel war er zuerst nochmal Innenminister, danach von 2009 bis 2017 Finanzminister. Zum Ende seiner Karriere war er von 2017 bis 2021 Bundestagspräsident.
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Einen Schatten warf die CDU-Spendenaffäre auf die große Karriere von Schäuble. Im Zuge der Affäre trat er 2000 vom Amt des CDU-Parteivorsitzenden und Fraktionschefs zurück.
Reaktionen aus Berlin: „Bester Kanzler, den Deutschland nie hatte“
CDU-Parteichef Friedrich Merz reagiert erschüttert auf die Todesmeldung. Sie erfülle ihn „mit großer Trauer“. Und weiter: „Ich verliere mit Wolfgang Schäuble meinen engsten Freund und Ratgeber, den ich in der Politik je hatte.“
Berlin-Insider und Journalist Gordon Repinski denkt schon weiter: „Mit Wolfgang Schäuble ist ein großer Politiker des Landes gegangen, einer der mächtigsten, unabhängigen Köpfe, ein Stück deutsche Geschichte. Er hätte auch bei der Kanzlerkandidatur wieder ein gewichtiges Wort mitgesprochen – seine Stimme wird fehlen“, schreibt er auf X mit Blick auf die Unions-Debatte vor der nächsten Bundestagswahl.
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Besonders im kommenden Jahr, mit den schwierigen Landtagswahlen in Ostdeutschland, hätte Merz Schäuble weiterhin als Unterstützer brauchen können. Schnell könnte die Union wegen der Mehrheitsverhältnisse im Osten und möglichen Bündnissen mit AfD und Linkspartei in innerparteiliche Zerwürfnisse geraten. Die Kanzlerkandidatur von Merz könnte dann wieder in Gefahr geraten.
Nikolaus Blome, Politik-Chef bei n-tv und RTL nennt Schäuble anerkennend den „besten Kanzler, den Deutschland nie hatte“. Sein ARD-Kollege Gabor Halasz würdigt den Politikern für dessen „klare Haltung“ und trotzdem auch für seine Neugier auf andere Meinungen. „Ein Politikertyp, den es selten gab.“
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Kanzler Scholz über Schäuble: Deutschland verliert „scharfen Denker“
Am Mittwochvormittag bekundete auch Bundeskanzler Olaf Scholz seine Anteilnahme: „Wolfgang Schäuble hat unser Land mehr als ein halbes Jahrhundert geprägt: als Abgeordneter, Minister und Bundestagspräsident. Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten. Meine Gedanken sind heute bei seiner Familie.“
Ex-Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) kommentierte auf X: „Sein Tod lässt inne halten und macht traurig: Wolfgang Schäuble war ein Ausnahmemensch, ein beeindruckender Denker und Redner, ein loyal-kritischer Kollege. Er hat unser Land geprägt als Minister, als Bundestagspräsident, als Politiker, der gewissenhaft Pflicht und Dienst erfüllte.“