Mit einem Ausländeranteil von 19,2 Prozent liegt Werdohl im Märkischen Kreis im Sauerland in Nordrhein-Westfalen an der Spitze. Der Leiter des Integrationsprojektes der Stadt, Uwe Wiederspahn, spricht im Interview über Fortschritte und Defizite bei der Integrationsarbeit.
Werdohl.
Mit einem Ausländeranteil von 19,2 Prozent liegt Werdohl im Märkischen Kreis in Nordrhein-Westfalen an der Spitze. Uwe Wiederspahn leitet seit fast zehn Jahren das Integrationsprojekt WIP der Stadt. Der 61-Jährige stellt sich den Fragen unserer Zeitung.
Auf dem 6. Integrationsgipfel in Berlin steht der Zugang vom Migranten zum Arbeitsmarkt im Blickpunkt. Strahlen Gipfel dieser Art bis Werdohl?
Uwe Wiederspahn: Nein. Je höher das Gremium angesiedelt ist, desto allgemeiner bleiben Ziele und Forderungen. Mit der eigentlichen Integrationsarbeit hat das nichts zu tun. Die spielt sich vor Ort ab.
Was macht Werdohl?
Uwe Wiederspahn: Ein Beispiel: Familien mit Migrationshintergrund werden, wenn sie Nachwuchs bekommen haben, von Mitarbeitern des Jugendamtes besucht. Eine Familien-Lotsin, in der Regel türkischstämmig, hilft später bei der Suche nach einem Platz in einer Kita. Hier sind Sprachförderkurse für Mütter und Kinder obligatorisch. Gerade bei der Sprachförderung setzen wir so früh wie möglich an.
Das Angebot wird angenommen?
Uwe Wiederspahn: Ja. Der Anteil derer, die davon nichts wissen wollen, ist zurückgegangen. Die Eltern haben erkannt, dass die Sprache der Schlüssel für die Entwicklung ihrer Kinder ist. Das war vor zehn Jahren noch nicht so. Auch wenn viele Jungen und Mädchen den so genannten Sprachstand-Test nicht bestehen, ist das Problem erkannt und die Kinder werden weiter gefördert.
Erreichen Sie alle Menschen mit Migrationshintergrund?
Uwe Wiederspahn: Nein. Es gibt türkischstämmige Einwohner, die ihre traditionellen Werte pflegen und unter sich bleiben wollen. In diesen Fällen ist es schwierig, die Menschen zu erreichen. Die Strukturen sind so verhärtet, dass es Generationen dauern wird, bis die Menschen zueinander finden werden.
Wo liegen bei der Migrationsarbeit noch große Defizite?
Uwe Wiederspahn: Bei der Berufsorientierung der Jugendlichen. Viele haben keine Ahnung, was sie später machen wollen. Nicht wenige sprechen davon, Arzt, Pilot oder Anwalt zu werden. Wünsche, die ihren Fernsehkonsum spiegeln und wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben.
Was ist also zu tun?
Uwe Wiederspahn: Gerade bei den Jugendlichen, die keinen Hauptschulabschluss schaffen, muss Geld in die Hand genommen werden, um sie weiter zu qualifizieren. Wo sollen sie sonst bleiben? Eine kriminelle Karriere kann nicht die Alternative sein.
Das Werdohler Integrationsprojekt WIP läuft jetzt aus. Ist das richtige Antwort auf den wachsenden Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund?
Uwe Wiederspahn: Das hängt mit dem neuen Teilhabe- und Integrationsgesetz zusammen. Es sollen Integrationszentren in den Kreisen und kreisfreien Städten geschaffen werden. Die Arbeit geht weiter, nur unter einem anderen Dach.