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Was SPD-Chef Gabriel in Kubas Hauptstadt Havanna umtreibt

Was SPD-Chef Gabriel in Kubas Hauptstadt Havanna umtreibt

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149050007BD9BB9D-045.jpg Foto: dpa
Sigmar Gabriel zeigt sich in Kuba als engagierter Wirtschaftsminister. Doch die Demütigung vom Parteitag hat er nicht vergessen.

Havanna. 

Der Wirtschaftsminister ist in seinem Element. Minutenlang hält Sigmar Gabriel vor kubanischen Experten eine Eloge auf den deutschen Mittelstand: Die oft familiengeführten Firmen seien das Rückgrat der Wirtschaft, zuverlässig, langfristig engagiert und innovativ, lobt Gabriel. Seine kubanischen Zuhörer, die in der kommunistischen Planwirtschaft groß geworden sind, blicken den Gast aus Deutschland verwundert an – mittelständische Unternehmer aus Gabriels deutscher Delegation indes sind noch Stunden später begeistert von dem Auftritt in Havanna.

Was für ein Kontrast: Daheim in seiner SPD klagen führende Genossen intern, es sei Gabriels großer strategischer Fehler gewesen, in der Koalition den wenig populären Job des Wirtschaftsministers zu übernehmen; Gerüchte, er wolle alsbald SPD-Fraktionschef im Bundestag werden, machen die Runde, obwohl Gabriel dementiert. Doch hier während seiner dreitägigen Kuba-Reise lässt Gabriel wenig Zweifel, dass er an dem Ministeramt hängt.

Mitgereiste Unternehmer loben Gabriel

Die mitreisenden Unternehmer und Verbandsvertreter loben ihn als höchst engagiert. Das Besuchsprogramm ist voll mit politischen Gesprächen, der Gang durch die Altstadt von Havanna der einzige touristische Besichtigungstermin. Nur spät am Abend ist Zeit für eine kubanische Zigarre und einen Absacker auf der Hotelterrasse. In diesen Momenten sieht Gabriel so entspannt aus, als seien alle Sorgen weit weg.

Von wegen. Die Krisen verfolgen ihn. War es eine gute Idee, den Mini-Handelspartner Kuba zu besuchen, während daheim die Hütte brennt? Von Havanna aus mischt sich der Vizekanzler multimedial mit harschen Tönen in die Debatte um die Übergriffe in Köln ein – die Intervention ist nicht nur unüblich auf Auslandsreisen, in Berlin bringt Gabriels Hardliner-Kurs prompt Parteifreunde auf die Palme. Er nimmt das jetzt in Kauf. Sein bitteres Ergebnis auf dem SPD-Parteitag wirkt spürbar nach. Als ihn etwa Fotoreporter vor der Meereskulisse ablichten wollen, lehnt er schnell ab und denkt sich gleich selbst die Überschrift aus, die über so einem Bild stehen könnte: „Gabriel erholt sich – vom Parteitag.“ Dass ihm die Delegierten bei seiner Wiederwahl als Vorsitzender das demütigende Ergebnis von nur 74 Prozent bescherten, treibt ihn auch vier Wochen danach um. Als der Denkzettel verkündet wurde, hatte Gabriel mit einer Kaltblütigkeit die Fassung bewahrt, dass auch seine Kritiker den Hut zogen: Er deutete die Niederlage zur mehrheitlichen Bestätigung seines Mitte-Kurses um und meinte, deshalb gehe das Ergebnis in Ordnung. Doch nun scheint sich zu bestätigen, was führende Genossen voraussagten: Es wird länger dauern, bis diese Wunde verheilt.

Der Druck auf den SPD-Chef wird steigen

Wenn sie verheilt. Ernster als sonst wirkt der Minister bisweilen auf der Reise. Unmittelbar vor dem Abflug hat der Parteichef seinen Genossen eine überraschend defensive Botschaft hinterlassen: Ein Vorsitzender müsse sich zwar für geeignet halten, Kanzler zu werden – aber wenn es bessere Kandidaten gebe, sollte er auch den Mut haben, eigene Ambitionen zurückzustellen. Das hallt nach in der SPD, weil Spitzengenossen lange den Verdacht hatten, Gabriel wolle dem undankbaren Wettbewerb mit Kanzlerin Merkel lieber erneut aus dem Weg gehen – bis er sich dann doch einen Ruck gab.

In Kuba gelingt es ihm zwar meist, gelassen zu wirken. Aber auch in der Karibik kann er nicht ausblenden, dass der Druck eher steigen wird. Bei den Landtagswahlen im März wird eine Niederlage für Rot-Grün in Rheinland-Pfalz wahrscheinlicher, selbst die Rolle der SPD als Regierungs-Juniorpartner in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ist gefährdet. Gabriel brauchte Erfolge, aber es will einfach nicht wieder nach oben gehen für ihn. Nicht mal der Aufzug im Museum zu Ehren des Nationalhelden Kubas, José Martí, funktioniert. So muss der Minister auf die Aussicht vom 100 Meter hohen Monument über Havanna verzichten. Er macht sich Sorgen: Nach den Ereignissen in Köln werde die AfD noch stärker, die SPD in Umfragen wohl weiter abrutschen. Wie aber wird seine Partei darauf reagieren? Hält Gabriel wirklich durch?

Offener Schlagabtausch mit Gastgebern

Von gemischten Gefühlen spricht Gabriel. Es beschreibt seine eigene Verfassung aus trotziger Entschlossenheit und Verletztheit, auch wenn Gabriel mit dem Satz das Land meint: Er hat als Jungsozialist die kubanische Revolution von 1959 durchaus bewundert – bis sich später zeigte, wie stark die Kommunisten auch auf der Insel in Freiheit und Menschenrechte eingriffen. Nun versucht er, die Regierung in Havanna von den Vorzügen der Marktwirtschaft und den Tugenden des deutschen Mittelstands zu überzeugen. Bei den Gesprächen liefern sich Gabriel und seine Gastgeber teils einen offenen Schlagabtausch. Er spricht auch die Menschenrechtslage in Kuba kritisch an. „Da sind wir nicht übereingekommen“, sagt der Minister hinterher. „Aber wir müssen trotzdem überlegen, wie wir das Leben der Menschen verbessern.“ Er weiß auch wie, es wäre genau sein Job: Der sinnvollste Weg, Kuba auf den richtigen Weg zu helfen, seien wirtschaftliche Kooperationen. Da ist der Wirtschaftsminister ganz mit sich im Reinen.